Serie: Bestien von Florenz und das Monster von Perugia: Amanda Knox, Teil 4

 

Felicitas Schubert und Klaus Hagert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir hatten geendet, daß Oberstaatsanwalt Mignini die Autoren Preston und Spezi des Mordes an der BESTIE VON FLORENZ beschuldigte, den Amerikaner Preston ziehen lassen und den Florentiner Spezi aus der Haft wieder entlassen mußte. Derselbe Giuliano Mignini, der nun die Untersuchung am Mord an der englischen Studentin Meredith Kercher leiten sollte, was aber nur intern in Italien bekannt war.

 

Spezi hatte sich professionell als Kriminalreporter ursprünglich nicht für den Fall AMANDA KNOX in Perugia interessiert, äußerte jedoch, nachdem er erfahren hatte, daß dieser selbe Mignini das Verfahren leiten werde: „Mein Gott, was wird er jetzt wieder anrichten? Welchen armen, unschuldigen Menschen wird er jetzt wieder ins Gefängnis bringen.“ Er ließ sich darum auf die Bitte seinen Freundes Preston auf die erneute gemeinsame Zusammenarbeit am Fall Amanda Knox ein. Dieser Preston nun wieder war von einem Freund der Familie Knox angerufen worden, der ihm mitteilte, daß die öffentlichen Äußerungen über die Ermordung der jungen Engländerin durch die Amerikanerin, die auch in der amerikanischen Presse als glaubwürdig galten, die unisono von einer Schuld der jungen Amerikanerin ausgingen, alle auf eine Quelle zurückgingen: auf den Oberstaatsanwalt von Perugia, Giuliano Mignini.

 

Das langte, um Douglas Preston in Gang zu setzen und es langte, um Mario Spezi als Spezialisten für die italienischen Interna zu gewinnen. Der Leser sieht das ähnlich, wobei beide Autoren ihre Vorbehalte gegen den Ermittler Mignini nicht automatisch zur Entlastung der des Mordes angeklagten Amanda Knox verwenden, sondern in DER ENGEL MIT DEN EISAUGEN sehr sauber den Fall recherchieren und erst selbst nach und nach durch die schlampigen und fahrlässigen Untersuchungsmethoden zu einer Unschuldsvermutung von Amanda Knox gelangen, erst recht, als dann auch noch angebliche Indizienbeweise mit falschem genetischen Material bewiesen werden sollen.

 

Sagen wir es gleich, wir wissen auch nach diesem Buch und auch nach dem Buch von AMANDA KNOX selbst nicht, ob diese am Mord an der Mitbewohnerin beteiligt war. Aber nach allem, was ihr unterschoben wurde, um sie als Angeklagte präsentieren zu können, ist es schon sehr unwahrscheinlich, daß sie als Täterin in Frage kommt, denn genetisches Material von ihr oder ihrem italienischen Freund Raffaele Sollecito ist weder an der Ermordeten noch im Raum, in dem sie ermordet wurde, gefunden worden. Dazu gleich noch mehr.

 

Das Buch DER ENGEL MIT DEN EISAUGEN der bewährten Kriminalautoren Preston/Spezi bringt den Mordfall und alle Vorkommnisse danach in chronologischer Abfolge und mit allen Erläuterungen zu dem Vorgehen von Polizei, Staatsanwaltschaft und vor allem auch den Indizienbeweisen. Wer Sachkundiges über den Fall der ermordeten Engländerin und der drei Angeklagten und ursprünglich drei Verurteilten wissen möchte, sollte unbedingt dies Buch lesen, das sehr viel tiefer in die Materie eindringt, als die Wiedergabe durch Amanda Knox, die auf einem anderen Hintergrund, nämlich dem ihres eigenen Erlebens von vorgefundener Tat, Verdächtigungen, Festnahme, Verurteilung und dem Leben im Gefängnis berichtet.

 

Was also Preston/Spezi so detailliert beschreiben, wollen wir als Chronologie mit den wesentlichen Punkten wiedergeben: Am 2. November 2007 wird in Perugia eine 21jährige britische Studentin tot aufgefunden. Die Spurensicherung und die Autopsie ergeben, daß sie durch Durchschneiden der Kehle erstochen wurde und der Mörder sexuelle Kontakte mit ihr hatte. Zudem fand man in der Toilette und im Raum Spurenmaterial eines Täters, der allerdings auf der Flucht war. Stattdessen wurde am 6. November die 22jährige Mitbewohnerin Amanda Knox, die in der Mordnacht bei ihrem italienischen Freund übernachtet hatte, zusammen mit diesem als Mittäter verhaftet, wozu der kongolesische Musiker Patrick Diya Lumumba hinzukommt, der von Amanda Knox als eigentlicher Urheber des Verbrechens bezeichnet wird.

 

Eine Falschaussage, wie sich durch dessen Alibi erst später herausstellt und vielleicht die Aussage der Amanda Knox, die ihr selber an den Kragen ging, denn sie hatte sich als Lügnerin entlarvt, ein Vorwurf, den sie selbst in ihrem Buch zu erklären versucht, der aber eine falsche Verdächtigung bleibt, was um so schwerer wiegt, als ein Schwarzer von vorneherein eher verdächtigt wird. Auf einem Küchenmesser in der Wohnung des Freundes Sollecito will die Polizei DNA-Spuren von Meredith Kercher und Amanda Knox gefunden haben, die Erstere war nie in der Wohnung des Freundes. Diese überhaupt nicht nachweisbaren DNA-Spuren werden es sein, die später zum Freispruch führen, wie überhaupt selbst die technologische Untersuchung des Mordfalls stümperhaft vonstatten gehen.

 

Stattdessen wird erst am 19. November der 22jährige Ivorer Rudy Hermnn Guedé als Mittäter bezeichnet, denn es sind seine DNA-Spuren überall nachweisbar. Auf der Leiche, im Zimmer, in der Toilette, wo es besonders unappetitlich wird. Der Flüchtende, der sich als unschuldig erklärt, wird in Deutschland am 20. November gestellt und nach Florenz gebracht und in einem eigenen verkürzten Verfahren als Mörder verurteilt, erst wegen Mordes und sexueller Gewalt zu dreißig Jahren Gefängnis.

 

Die angeklagten Knox und Sollecito werden am 5. Dezember 2009 zu 26 und 25 Jahren Haft verurteilt. Am 22. Dezember 2009 reduziert das Berufungsgericht das Strafmaß des durch Indizien verurteilten Mörders Guedé auf sechzehn Jahre. Die Berufungen der beiden zusammen mit einem höheren Strafmaß Verurteilten beruhen vor allem auf dem nicht stichhaltigen genetischen Material, das zur Verurteilung herangezogen wurde, wobei es insbesondere um den Verschluß eines Bhs geht, der erst sechs Wochen nach dem Mord im Zimmer an anderer Stelle gesichert wurde. Die ganze Untersuchung strotzt von unprofessionellem Handeln der Ermittler. Am 3. Oktober 2011 spricht das Berufungsgericht die beiden frei, „da sie die Tat nicht begangen haben.“ Fortsetzung folgt.

 

 

INFO:

 

Douglas Preston, Mario Spezi, Die Bestie von Florenz, Taschenbuchverlag Knaur 2010, 50436

 

Douglas Preston, Mario Spezi, Der Engel mit den Eisaugen, Taschenbuchverlag Knaur 2013, 51346

 

Amanda Knox, Zeit, gehört zu werden, Droemer Verlag 2013

 

ab 3. Juni Douglas Preston & Lincoln Child, FEAR – Grab des Schreckens, Droemer Verlag 2013