fmatthes affenNeuerscheinungen im politischen Sachbuch. Matthes & Seitz haben einiges zu bieten

Daniel Herzog

Berlin (Weltexpresso) - Wir versuchen angesichts des völligen Zusammenbruch des lebendigen Kulturlebens in der Folge der Coronapandemie, die für uns auch die Berichterstattung über Filme, Theater, Oper, Museen auf null reduziert, auszuweichen und wenigstens dem geschriebenen Wort noch mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, als sonst schon. Denn immerhin wäre die zwangsweise zu Hause verbringende Zeit, ideal zum Lesen.

Heike Behrend
Menschwerdung eines Affen.
Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung

Was lernen wir über uns, wenn die Konfrontation mit dem Fremden
unser eigenes koloniales Selbstverständnis erschüttert?

»Affe« nannten die Bewohner der Tugenberge in Kenia die Ethonologin Heike Behrend, als sie 1978 zu ihnen kam. Behrend wird mit fremder Fremderfahrung konfrontiert und muss sich fragen, welche Wahrheit diese Namen zum Ausdruck bringen, welche koloniale Geschichte sie erzählen und welche Kritik sie an ihrer Person und Arbeit üben.
Diese Autobiografie der ethnografischen Forschung erzählt keine heroische Erfolgsgeschichte, sondern berichtet von dem, was in den herkömmlichen Ethnografien meist ausgeschlossen wird: unheroischen Verstrickungen, kulturelle Missverständnisse, Konflikte, Fehlleistungen und Situationen des Scheiterns in der Fremde. Heike Behrend gelingt so ein freimütiger Blick auf die Ethnologie als Poetik sozialer Beziehungen.

Heike Behrend, 1947 in Stralsund geboren, studierte Ethnologie und Religionswissenschaft in München, Wien und Berlin. Sie arbeitete ethnografisch vor allem in Ostafrika, unterrichtete an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland und lebt in Berlin.

Heike Behrend: Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung
Gebunden ohne Schutzumschlag
278 Seiten 
Auch als E-Book erhältlich




matthesfeb

Carolin Wiedemann
Zart und frei.
Vom Sturz des Patriarchats

»Eine beeindruckende und dringliche Analyse des Zusammenhangs von Antifeminismus und Gewalt heute - und eine Handreichung, was gegen beides zu tun ist.«
Klaus Theweleit

Es gibt derzeit kaum ein Thema, mit dem sich so viel Hass mobilisieren lässt wie mit Genderpolitik. Das Ressentiment reicht vom Spott über das Gendersternchen bis zu den Manifesten rechtsradikaler Terroristen. Carolin Wiedemann zeigt in ihrer eindringlichen Analyse, dass der antifeministische Diskurs ein zentrales Element des rechten Ressentiments ist – und bis in die politische Linke Sympathisanten hat. Dagegen hilft keine individualisierte Verweigerung und auch kein neoliberales Durchschlagen, sondern nur kollektive queerfeministische Praxis. Die Autorin stellt neue (antipatriarchale) Beziehungs- und Verhaltensweisen wie Co-Parenting und Post-Romantik vor, mit denen schon vielerorts ein zarter Umgang miteinander erprobt wird, der auch jene befreien wird, die noch immer unter Druck stehen, ihre Männlichkeit zu beweisen.

Digitale Lesung mit Carolin Wiedemann bei Dussmann - Das KulturKaufhaus

Carolin Wiedemann, 1983 in München geboren, schreibt u. a. für FAS, analyse & kritik, Missy Magazine über Fragen von Kritik und Emanzipation.

Carolin Wiedemann: Zart und frei. Vom Sturz des PatriarchatsGebunden
218 Seiten 
Als E-Book erhältlich



Wolfgang Engler
Die offene Gesellschaft und ihre Grenzen
Eine schonungslose Analyse des derzeitigen
Ansehensverlustes unserer offenen Gesellschaft.

Im Jahr 1990 trug die »offene Gesellschaft« in Europa mit dem Fall des Ost­blocks einen grandiosen Sieg davon. Die von dem Philosophen Karl R. Popper ersonnene Gesellschaftsvision schien nun überall Wirklichkeit zu werden. Ihre Vorzüge waren angesichts der Erfahrungen mit Diktatur und wirtschaft­lichem Niedergang offenkundig und wegweisend. Heute, nur 30 Jahre später, hat die liberale, demokratische, marktbasierte Gesellschaft viel von ihrem Glanz und ihrer Anziehungskraft verloren, ihre Institutionen wirken ausge­höhlt, überall bekommen autoritäre Strömungen Zulauf. Wolfgang Engler rekonstruiert mit dem Werkzeug Poppers, durch welche gesellschaftlichen Gegebenheiten und welche historischen Entwicklungen Poppers Modell in die Krise geriet.

Wolfgang Engler, 1952 in Dresden geboren, studierte Philosophie an der HU Berlin und arbeitet als freier Publizist.

Wolfgang Engler: Die offene Gellschaft und ihre Grenzen
Klappenbroschur
207 Seiten 



Joachim Bessing
Christian Werner
Hamburg. Sex City
Hamburg unter der Lupe: Rückblick auf die spektakulären Neunziger,
Einblick in Schmuddelecken und Szeneviertel, Scharfblick in Wort und Bild.

Hamburg, das scheint aus Berliner Perspektive heute nur noch schwer vorstellbar, war zur Erzählzeit, den frühen Neunzigerjahren, das popkulturelle Zentrum Deutschlands. Hier saßen die wichtigen Verlage und Werbeagenturen. Vor allem aber die Musikindustrie – und unterhalb dieser Corporate Culture war in St. Pauli aus dem Erbe von Hafenstraße, Punk und Roter Flora eine die deutsche Musiklandschaft prägende Subkultur entstanden: die Hamburger Schule. Radikal feministische Diskurse, Gender Trouble, Riot Girls und die ständige Sorge, wie man von Hamburg aus mit kulturellen Mitteln dem wütenden Mob in der ehemaligen DDR, begegnen könnte. Die Bilder, die Christian Werner in einem Visual Essay beiträgt, zeigen beide Seiten dieser Stadt: das bürgerlich-saturierte der libertären Hanse und das harte Pflaster des Milieus.

Joachim Bessing, 1971 in Bietigheim am Neckar geboren, lebt als Autor und Übersetzer in Berlin.
Bei Matthes & Seitz Berlin erschien bereits »Bonn. Atlantis der BRD« mit Christian Werner.

Joachim Bessing: Hamburg. Sex City
Mit Fotografien von Christian Werner
Erschienen in der Reihe »punctum«Klappenbroschur
188 Seite 
Als E-Book erhältlich



Jane Bennett:
Lebhafte Materie. Eine politische Ökologie der Dinge
Aus dem Englischen
von Max Henninger
271 Seiten  

Marcia Bjornerud: Zeitbewusstheit. Geologisches Denken und wie es helfen könnte, die Welt zu retten
Aus dem Englischen
von Dirk Höfer
256 Seiten 

Klaus Theweleit:
Männerphantasien
1278 Seiten |48 Euro |
Buch bestellen  


René Guénon:
Die Krise der modernen Welt
Aus dem Französischen von Ulrich Kunzmann
190 Seiten  

Donatella Di Cesare:
Von der politischen Berufung der Philosophie
Aus dem Italienischen von Daniel Creutz
175 Seiten  
Als E-Book erhältlich

Murray Shanahan:
Die technologische Singularität
Aus dem Englischen von Nadine Miller
253 Seiten  
Als E-Book erhältlich

Fotos: 
Cover