Serie Buchpreis: Die Autoren der kurzen Liste im Frankfurter Literaturhaus am 21. September, Teil 10

 

Felicitas Schubert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Diese Autorin folgt als nächste und interessiert die Zuhörer schon deshalb besonders, weil sie keiner kennt. Manche haben das Buch gelesen, auf jeden Fall ist das Interesse an diesem Debüt sehr groß, was sich wiederfindet in den Verkaufszahlen vor der Tür.

 

Denn natürlich ist dieser Abend der Literatur verbunden mit einem Büchertisch, auf dem die sechs Bücher liegen und gekauft werden können, womit Monika Zeiners absolute Spitze wird. Wir behaupten mal, daß dies auch mit der gleichermaßen sachlich wie charmanten Art der Monika Zeiner zu tun hat, wie sie auf die mitunter sehr unbedarften Fragen IHRES Moderators Gerwig Epkes, SWR 2, antwortet und auch, mit welcher Anteilnahme sie ihr literarisches Personal vorführt.

 

Die erste Frage gilt der Motivation überhaupt Bücher schreiben zu wollen. Die habe eindeutig mit ihrem Deutschlehrer zu tun, der sei nach Tauber-Bischofsheim strafversetzt worden und ein grandioser Lehrer gewesen. Vorher hatte Monika Zeiner in Deutsch nur schlechte Noten. Dieser tolle Deutschlehrer ließ die Schüler ein Buch aussuchen; sie hatte DOKTOR FAUSTUS gewählt von Thomas Mann, konnte die Aura wiedergeben und bekam bessere Noten. Sie hat dann immer weiter geschrieben, wobei die kürzere Form des Hörspiels ihr entgegenkommt,da sie selbst sehr dem Theater verbunden ist. Daß sie auch Sängerin ist und mit ihrer Band auftritt und auch CDs macht, war als Fragestellung wesentlich für die Zuhörer.

 

Wie vereinbare ich meine Lust am Schreiben mit meiner Lust am Singen?“ Beides gehört für sie zusammen. Sie glaubt, daß man beim Lesen die Musik heraushört. Das bejaht ihr Moderator :“Dann, wenn man im Rhythmus ist, ist es sehr schön zu lesen.“ Dann aber leistet er sich schon einen Fauxpas. Er fragt nach dem Nachnamen des Helden Tom, der im Buch nicht vorkomme. HOLLER raunt es ihm aus dem Saal entgegen und so nennt auch Monika Zeiner ihren Helden immer wieder im Roman. Schon im ersten Kapitel denke man aber, daß dieser Tom Holler schnell aus dem Roman verschwinde, den er lebt nicht gerne und tut einiges, um dem Leben zu entgehen.

 

Monika Zeiner liest aus dem Kapitel „Die Erdzeitalter.“ Es herrscht eine ziemlich Unordnung, zumindest bei Tom Holler. Pianist. Will sich umbringen. Gerettet wird er von Betty Morgenthal. Das war mal eine Liebe von ihm und eigentlich die Freundin seines besten Freundes, der tot ist. Wie hängen die drei zusammen? Sie antwortet: Tom Holler kann sich zu nichts entscheiden. Auch nicht zum Selbstmord. Erst als die Liebe von damals, die in seinem Kopf überwinterte, also als Idee von Gefühl und Lebendigsein im wirklichen Leben wiederauftaucht, kann er seinen eigenen Lebensrhythmus und seinen Lebenssinn für sich begreifen und auch wollen.

 

Der Moderator: „Bildungsroman. Nun such mal Ordnung in der Liebe. Im Roman stellt Breitenbach die her. Er sagt, die Liebe im Winter ist anders als im Sommer.“ Monika Zeiner hat diesem Breitenbach wesentliche Dinge über die Liebe anvertraut: er vergleicht Liebe mit Melancholie, Liebe entsteht aus dem Denken wie Liebe im Mittelalter. Breitenbach vermittelt nämlich den Gehalt ihrer Dissertation, die Monika Zeiner über die Melancholie der Liebe in damaligen Zeiten verfaßte. Liebe müsse per se immer unerfüllt und erfüllbar sein. Sobald eine Ehe geschlossen war, war dies ein Vertrag, aber keine Liebe mehr.

 

Ihr Roman ist keine wissenschaftliche Abhandlung, basiert aber auf diesen mittelalterlichen Theorien. Liebe ist Krankheit, als Liebesmelancholie morbus amatoris, sie nennt die lange Liste von Symptomen, Auszehrung und Tod, Genuß von Wein, Spazierengehen, heiße Bäder, Sex mit anderen. Es ist eine Erfindung der Moderne, Liebe und Ehe zusammenzudenken und zusammenzukriegen. Eine solche klassische Liebessituation versucht sie hier. Die Stoffülle ist enorm, Tom Holler übernimmt die Klavierschülerin seines erfolgreichen Freundes und unterhält bald ein Verhältnis mit ihr, der Freund wird Unternehmer, der aber mal 68er war, was sich verloren hat. Vielleicht können wir mit dem Wissen, daß immer irgendwelche Verhältnisse die Situationen ändern... dann kam ein Meteorit und dadurch wurde das Ganze wieder gesprengt. Der Roman nimmt alles zusammen die Musik, das Leben, die Wagnisse. Fortsetzung folgt.