Auf die Schnelle: Gute Informationsliteratur, gebraucht, Teil 67
Lona Berlin
Berlin (Weltexpresso) – Als wir dies Buch in der Berliner Redaktion bei den noch zu besprechenden Büchern entdeckten, überkam uns sofort ein tiefes Verlustgefühl: REISEN, wie schön wäre! Denn die meisten von uns waren in den Jahrzehnten zuvor viel unterwegs. Früher gab‘s in der Rubrik UNTERWEGS noch viele Beiträge.Nun muß man froh sein, daß unter BÜCHER etwas kommt.
1000 Einmalige Erlebnisse EUROPA von lonely planet
Gleich vorneweg, daß das Buch von 2019 ist, macht nichts zur Sache. Denn die feststehenden Monumente, die bleiben, die derzeit meist geschlossenen Museen auch und der wirklich informative Hinweis auf die verschiedenen Festivals in Europa läßt sich auch in den nächsten Jahren noch gut verfolgen.
Wichtig ist erst einmal, sich einen Überblick über den Buchinhalt zu verschaffen. EINMALIGES EUROPA heißt es mit einem Riesenbild eines über einem See inmitten einer grünen bergigen Landschaft hängenden Baumes, auf dem ganz oben eine Gestalt zu sehen ist, die gleich das machen wird, was im Vordergrund unsere Augen anzieht: einer, der im Kopfsprung mit der Badehose noch hoch über dem Wasser in den nächsten Sekunden in es hineintauchen wird. Ein starkes Bild. Was es mit Europa zu tun hat, erschließt sich uns nicht. Darunter dann in Großbuchstaben ...von Grönland bis Gibraltar von Portugal bis in den Kaukasus...
Unter INHALT auf den nächsten Seiten in knalligem Rot 24 und auf den nächsten Seiten noch einmal 26 Kapiteln, zusammen also 50 Kapitel – nur wir können bei künstlichem Licht die graue Schrift der Überschriften nicht lesen! Also schauen wir gleich weiter und blättern erst einmal. Auf Englisch geht‘s los: Coole Neighbour-Hoods, aber die grüne Unterschrift können wir bei künstlichem Licht wieder nicht lesen, aber es geht um Spanien. Das zeigt eine große Überschrift, auf den nächsten Seiten Polen danach Barcelona, das ist doch auch Spanien, aha Separatismus, dann sind wir in Dublin in Irland und ich verstehe das Prinzip, daß jetzt die europäischen Nachbarn vorgestellt werden.
Aber das stimmt nicht, im nächsten Kapitel, das FASZINATION AM FIRMAMENT heißt, geht es mit Astronomie weiter und den verschiedenen Observatorien. Und diese Idee gefällt uns sehr, denn immer mehr Menschen interessieren sich für das, was sich hinter dem Himmel verbirgt, wozu Dunkelheit gehört, da überhaupt durchdringen zu können angesichts unserer erleuchteten Städte, die weithin strahlen. Und da gefällt uns auch, wieviele Angebote an Orten und Ländern gemacht werden.
Bei Kunst sind wir zu Hause und daß es mit Paris losgeht, ist halt so. Daß aber gleich der Hochaltar von Veit Sto0 in Krakau, Polen kommt überrascht. Positiv. Dann kommen van Goghs Sonnenblumen, also Amsterdam und Klimts der Kuß aus Wien und das Nebelmeer von Caspar David Friedrich in Hamburg und in Groß tMichelangelos Sixtinische Kapelle in Rom. Ein bißchen sehr konventionell, ja bildungsbürgerlich. Aber ich freue mich über jeden Museumsbesuch.
Aber jetzt habe ich die Konzeption des Buches verstanden und mache gerne bei Kunst weiter, weil jetzt so viele Städte mit ihren Museen genannt werden, auch Calais, wo es um deren Bürger geht, eine sechsköpfige Ganzkörperskulptur von Auguste Rodin, die vor dem Rathaus stehen als ewige Erinnerung an den hundertjährigen furchtbaren Krieg. Das ist richtig, aber zu wenig. Ob die Leser wissen, was damit gemeint ist. Der hundertjährige Krieg zwischen Frankreich und England , der auf 1337 bis 1453,angesetzt wird und so viele Tote kostete, daß man es nötig fand, über die damaligen Schrecken und das Elend 500 Jahre später den berühmtesten Künstler Frankreichs zu beauftragen, dies als ewiges Angedenken zu gestalten, was 1895 geschah. Aber, es ist auch immer dasselbe. Das Dilemma. Zwar glaube ich, daß die Infos nicht ausreichen, daß kaum jemand den Hundertjährigen Krieg zuordnet, aber der Platz! Und dann ist es mir schon lieber, es steht wenigstens als Ziel da.
So geht es mir ununterbrochen, wenn ich weiterblättere. Das ist ein Angebotsbuch für Reisen! Und wenn man nicht reisen kann, dann schaut man erst recht ein. Ich beispielsweise, welche Museen ich kenne, nein, welche ich nicht kenne. Keines kenne ich nicht. Also sind es zu wenig, konstatiere ich. Aber eine interessante Auswahl.
Nächstes Kapitel sind HÖHEPUNKTE MIT PRIMA AUSSICHT. Na, das ist schon originell und SFINGERS/Österreich werde ich mir sicher angucken. Das ist am Dachstein, nur welche Seite, die Hallstätter oder die Schladminger. Gut, das hier wie bei allen die Internetwebseite angegeben ist. Versuchen wir‘s mal: dachstein-salzkammergut.com . Na, jetzt weiß ich wenigstens, daß es die Hallstätterseite sein muß, obwohl die Schladminger in der Steiermark das größere Skibiet hat. Und ich finde es auch sofort auf der angegebenen Seite und muß lachen: es heißt 5 Fingers, weil die 5 und das S so ähnlich aussehen. Und dann lese ich vom Schneeschuhwandern auf dem Krippenstein, der liegt am Ende des Hallstättersees und hat eine Seilbahn, eine der ersten, was wegen der Dachsteinhöhlen sinnvoll ist. Die nächste Station ist dann oben der Krippenstein und während ich das alles lese, wird mir klar, ich war schon da, bei dieser Naturschönheit, nur wußte ich den Namen nicht.
Das gefällt mir, daß auch solche, eher stillen Orte hier vorkommen, die auf jeden Fall jede Reise wert sind. Aber es bleiben nur 2-3 andere der vielen Vorschläge, die ich kenne, damit kein falscher Eindruck entsteht. Im nächsten Kapitel geht es um BRÄUCHE ZUM SCHAUEN & STAUNEN und jetzt kommt auch Osteuropa in den Blick. Bisher nämlich und das muß man lonely planet nicht vorwerfen, war es vorwiegend Vorschläge aus West-, Nord- und Mitteleuropa. Das entspricht sicher auch dem Reisegeschmack des deutschen Publikums. Das fällt einem bei so einem Buch doch sehr auf. In Bulgarien ist es übrigens die Eierschlacht zu Ostern, die avisiert wird. Und bei diesem Kapitel bekommt man so richtig Reiselust. Was die Leute alles anstellen! Eine WM im Brennessel-Essen in England. Gibt‘s denn so was. Aber auch Kamelringen in der Türkei oder Frauentragen in Finnland?Wie so etwas. Das ist echt und auch echt schwer, denn die Frauen müssen mindestens 49 kg wiegen.
Nein, wir können nicht von allen Kapiteln schreiben, derer insgesamt ja 50 sind. Aber durchblättern werden wir das gleich weiter auf jeden Fall. Denn es ist Reisen im Kopf angesagt und bei diesem Buch kann man sich gleich für die nächsten Jahre eindecken!
Foto:
Cover
Info:
Lonely Planets 1000 einmalige Erlebnisse Europa", Verlag Lonely Planet, 368 Seiten, Softcover, Preis: 24,95 EUR, 2019
ISBN: 978-3-8297-2689-4
www.lonelyplanet.de