Serie: Schweizer Buchpreis und BuchBasel 2013, Teil 1/8
Felicitas Schubert
Basel (Weltexpresso) – Seit dem 19. September sind namentlich und mit ihren ausgewählten Büchern diejenigen bekannt, aus deren Fünferreihe am 27. Oktober 2013 in Basel der Schweizer Buchpreisträger herausgewählt wird, immer eine schwere und doch notwendige Entscheidung, will man die Öffentlichkeitswirksamkeit solcher Preise halten und sogar steigern.
Damals am 19. September, nachdem zu dieser Zeit auch schon die kurze Auswahlliste für den Deutschen Buchpreis bekannt war , die jeweils im August mit 20 Romanen eingeleitet wird, wurde auch bekanntgegeben, daß 53 Verlage insgesamt 82 Titel eingereicht haben. Von den 53 teilnehmenden Verlagen wiederum kommen 30 aus der Schweiz, 20 aus Deutschland und 3 aus Österreich. Im Unterschied zum Deutschen Buchpreis, der auf Romane beschränkt ist, können zum Schweizer Buchpreis auch Kurzgeschichten oder essayistische Werke eingereicht werden. Grundsätzlich sind teilnahmeberechtigt für den Schweizer Buchpreis die von Verlagen eingereichten deutschsprachigen literarischen und essayistischen Werke von Schweizern oder in der Schweiz lebenden Autorinnen und Autoren, die zwischen dem 1. Oktober 2012 und dem 30. September 2013 erschienen sind oder erscheinen werden.
Zur Auswahl von fünf aus 82 Titeln – Autoren- und Titelanzahl müssen nicht kongruent sein, sind es aber in der Regel - sagte die Jury-Sprecherin Christine Lötscher: „Mit großer Überzeugung hat die Jury nach einer engagierten Diskussion fünf Titel ausgewählt, die alle des Preises würdig sind. Insgesamt spiegeln sie die eindrückliche Spannweite und die Originalität des literarischen Schaffens in der deutschen Schweiz wider. Insbesondere die Vielfalt der Schreibweisen einer jungen Autorinnen- und Autorengeneration hat uns begeistert“. Sie setzte das Lob fort:„Von der visionären Sprachorgie über ein feinfühliges Suchen nach der Sprache im Verstummen und einem vielstimmigen Umkreisen dessen, was Gemeinschaft ausmacht, bis zu einem mit gnadenloser Konsequenz erzählten Roman und einer intelligent gebauten Novelle präsentiert die Shortlist unterschiedlichste Tonarten und Stile. Die Diskussion um den Buchpreis selbst ist völlig offen und verspricht spannende Debatten.“
Die fünf nominierten Autoren und Autorinnen und ihre Werke:
Ralph Dutli: „Soutines letzte Fahrt“ (Wallstein Verlag)
Roman Graf: „Niedergang“ (Knaus Verlag)
Jonas Lüscher: „Frühling der Barbaren“ (C.H. Beck Verlag)
Jens Steiner: „Carambole“ (Dörlemann Verlag)
Henriette Vásárhelyi: „immeer“ (Dörlemann Verlag)
Zuerst fiel damals auf, wer nicht mitdabei war, was sich erst einmal an der Zwanzigerliste zum Deutschen Buchrpeis orientiert. Es fehlt URS WIDMER mit REISE AN DEN RAND DES UNIVERSUMS und man denkt sich, daß mit den großen alten Männern in der Schweiz und in Deutschland ähnlich verfahren wird: zur Kenntnis genommen und abgehakt, denn der große und noch junge Mann Daniel Kehlmann war bei den zwanzig Auserwählten mit F. noch dabei, bei den letzten Sechs im Orkus. Martin Walser allerdings wurde mit DIE INSZENIERUNG noch nicht einmal überhaupt nominiert. Und was ist überhaupt mit Peter Stamm? Der hatte doch auch im Sommer NACHT IST DER TAG herausgebracht. Keiner Nominierung wert?
Schaut man sich nun die fünf Ausgewählten an, sieht man sofort, daß nur eine weibliche Autorin dabei ist. Das fällt deshalb so auf, weil der Schweizer Buchpreis immer mehrere Frauen nominiert hatte und von den fünf Vergaben bisher zwei an Autorinnen ( Ilma Rakusa, 2009; Melinda Nadj Abonji 2010) und drei an Schriststeller ging (Rolf Lappert 2008; Catalin Dorian Florescu 2011; Peter von Matt 2012).
Henriette Vásárhelyi ist mit „immeer“ aus dem Verlag Dörlemann zudem noch eine Debütantin. Das ist eher ungewöhnlich, ergab sich aber auch beim Deutschen Buchpreis in diesem Jahr, als Monika Zeiner für DIE ORDNUNG DER STERNE auf die kurze Liste kam. Was bei den fünf ausgewählten Titeln nun wieder auffällt, ist, daß sie allesamt belletristischer Natur sind und ausgesprochen dünne Bände sind, wenn man sie mit großen epischen Romanen vergleicht. Wenn Ralph Dutli mit SOUNTINES LETZTE FAHRT aus dem Wallstein Verlag mit seinen 270 Seiten schon das stärkste Buch ist und Jonas Lüscher mit FRÜHLING DER BARBAREN im C.H.Beck Verlag und 125 Seiten und der Bezeichnung NOVELLE das dünnste, versteht man, was gemeint ist. Die drei anderen befinden sich rund um 200 Seiten: Graf zählt 208, Steiner 221 und Vásárhelyi 191.
Die Anzahl von Seiten sagt weder etwas Gutes, noch etwas Schlechtes aus, ist also für nichts ein Kriterium. Warum die geringe Seitenzahl hier dennoch einen Aussagewert erhält, hat nur damit zu tun, daß mindestens vier der fünf Nominierten unter die Aussage fallen: geringe Seitenzahl, weshalb man dann doch auch nach inhaltlichen Folgerungen Ausschau hält. Da wir aber nicht wissen, welche Bücher insgesamt eingereicht waren, läuft sich das bald tot.
Interessant ist immer ein weiterer Aspekt. Der Buchpreis wurde ja eingerichtet, um das Bücherlesen und damit auch das Bücherverkaufen zu fördern. Schon dadurch, daß Bücher, ihre Inhalte und Verfasser etwas häufiger in der Zeitung stehen, ist dies der Fall. Um wie viel höher eine Auflage durch den zuerkannten Preis wird, kann nicht schlüssig beantwortet werden, weil andere Imponderabilien dazukommen. Der Ausgewählte ist jedoch nicht als Einzelperson herausgehoben, sondern mit ihm auch sein Verlag. Insofern sind auch die Verlage grundsätzlich an einer Nominierung interessiert. Uns hat schon immer gewundert, daß bei den Nominierten wenig Schweizer Verlage dabei waren. Diesmal hat Dörlemann allerdings gleich zwei Auserwählte. Die drei anderen Verlage residieren in Deutschland. Aus einem österreichischen Verlag, wo schon mindestens zweimal ein Buchpreisträger herkam, ist diesmal keiner nominiert.Fortsetzung folgt.
Die öffentliche Preisverleihung findet am Sonntag, 27. Oktober, 11 Uhr im Theater Basel statt (Eintritt frei).
Foto: Wir sind immer noch begeistert von der Preisträgerin Melinda Nadj Abonji im Jahr 2010
INFO I:
Der Jury für den Schweizer Buchpreis 2013 gehören an:
Christine Lötscher (freie Literaturkritikerin und Jury-Sprecherin 2013)
Franziska Hirsbrunner (Redaktorin Radio SRF, neu)
Alexandra Kedves (Kulturredaktorin und Literaturkritikerin „Tages-Anzeiger“)
Andreas Nentwich (Literaturkritiker und Redaktor Wochenzeitschrift „Sonntag“, neu)
Thomas Strässle (Literatur- und Kulturwissenschaftler, Universität Zürich/HDK Bern)
Anders als beim Deutschen Buchpreis, wo jährlich eine völlig neue Jury durch den Börsenverein zusammengestellt wird, gibt es beim Schweizer Buchpreis einen kontinuierlichen Wechsel von einzelnen.
Zum Preisgeld
Der Preisträger erhält ein Preisgeld von 30 000 Franken; die vier andern Finalisten erhalten jeweils 2500 Franken. Das Preisgeld hat sich verringert, was sehr selten vorkommt. Abgesehen davon, daß es bis 2011 für den Gewinner 40 000 Schweizer Franken gab, nähern sich die jetzigen Beträge denen des Deutschen Buchpreises an. Sponsoringpartner des Schweizer Buchpreises ist erstmals der Schweizer Bücherbon. Die Genossenschaft Schweizer Bücherbon gibt die beliebten Bücherbons heraus, die in mehr als 500 Buchhandlungen in der ganzen Schweiz gekauft und eingelöst werden können.
Lesetour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz
Die nominierten Autorinnen und Autoren werden ihre Bücher auf einer Lesetour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz präsentieren. Den Start machen zwei Auftritte an der Frankfurter Buchmesse (11. und 12. Oktober). Danach führt die Reise über Hamburg, Wien, Berlin und Düsseldorf nach Bern (19. Oktober, Kornhausforum), Zürich (25. Oktober, Literaturhaus im Rahmen von „Zürich liest“) und schließlich nach Basel, wo die fünf Nominierten ihre Bücher am Internationalen Literaturfestival BuchBasel (25. und 26. Oktober) vorstellen werden.
www.schweizerbuchpreis.ch
www.buchbasel.ch
www.sbvv.ch