Serie: Schweizer Buchpreis und BuchBasel 2013, Teil 2/8
Felicitas Schubert
Basel (Weltexpresso) – Die BuchBasel hat vom Standort her eine Odyssee durch Basel hinter sich. Den Abstand zur Frankfurter Buchmesse hat sie in diesem Jahr durch das Vorziehen in den Oktober verringert, wo sie vom 24. bis 27. tagt. Auch inhaltlich verlagert sie sich, diskutiert aktuelle Themen und Nachdenken über Alternativen.
Im Literaturhaus Basel gibt es ein „Nachdenken über Alternativen“, wenn die BuchBasel aktuelle Themen diskutiert, ist dies auch Ausdruck dessen, daß sich die BuchBasel nicht nur mit Literatur befaßt. Unter dem Titel «Schwerpunkt Alternativen» diskutieren und streiten kluge Köpfe über spannende Fragen und Thesen zu unseren Denk-, Lebens- und Wirtschaftsmodellen.
Erster Durchgang
Waren die Praktiken des ehemaligen UBS-Traders Kweku Adaboli, der zwei Milliarden verzockte, ein Einzelfall oder wären sie noch einmal möglich? Kommt mit der Abschaffung des Bankgeheimnisses die nächste Krise oder eröffnet sie einen Weg zu einem stabilen Finanzplatz ohne schmutzige Geschäfte? Unter der Leitung von Peer Teuwsen (DIE ZEIT) diskutieren Sebastian Borger (Autor von «Verzockt», Stämpfli, 2013), Aymo Brunetti (Professor und Expertenkommission Finanzmarktstrategie) und Andreas Missbach (Erklärung von Bern) die Frage «Finanzplatz Schweiz – wohin?».
Braucht die Schweiz fundamental neue Denkansätze oder eher Anpassungen auf dem bekannten Weg? Wieso stösst die Idee des Grundeinkommens auf so viel Resonanz, obwohl sie vor wenigen Jahren noch als utopisch galt? «Alternativen gefragt – oder weiter so?» Unter der Leitung von Daniel Binswanger (Das Magazin) suchen Anita Fetz (Ständerätin BS), Daniel Häni (Mit-Initiator Volksinitiative Grundeinkommen) und Lukas Rühli (Avenir Suisse) nach Antworten.
«Wieviel ist genug?» fragen Robert und Edward Skidelsky (Kunstmann Verlag, 2013). Der Vater ist Wirtschaftswissenschaftler, der Sohn Philosoph. Statt für immer mehr Wachstum plädieren sie dafür, Wirtschaft neu zu denken, nämlich als moralisches Handeln von Menschen, die in Gemeinschaften leben. Das Gespräch wird auf (British)Englisch geführt, die Moderation macht Matthias Daum (DIE ZEIT).
Ein grosses Zukunftsthema, das unseren Alltag bestimmen wird, ist «Mobilität und Stadtentwicklung». Der international gefragte Mobilitätsexperte Stephan Rammler bringt visionäre Ideen in die Diskussion ein. Wie die konkrete Entwicklung in Basel aussehen könnte, diskutiert er mit dem Stadtplaner Axel Schubert. Moderation: Michaela Liechti (Radio X).
Und noch etwas bringt Stephan Rammler mit nach Basel: den «Futurzwei Zukunftsalmanach» den er gemeinsam mit Harald Welzer herausgegeben hat. Darin finden sich «Geschichten des Gelingens», Beispiele von Menschen, die heute schon anders leben, arbeiten, wirtschaften. Vorgetragen werden sie von engagierten Baslerinnen und Baslern. Eine wirklich erfreuliche Lektüre – und hochmotivierend!
Glasklar ist die Aussage eines Kindes, das im Märchen «Des Kaisers neue Kleider» entlarvend enthüllt, was alle sehen und nicht auszusprechen wagen: «Der hat ja gar nichts an!». In «Unsere schönen neuen Kleider» (Hanser Berlin, 2012) klagt der Schriftsteller Ingo Schulze den Demokratieverlust und die soziale Vereinzelung an. Er zeigt in seinem Essay aber auch Lösungen auf, um mit mehr Gemeinschaftlichkeit die Welt zu verändern. Das Gespräch wird von Peer Teuwsen (DIE ZEIT) moderiert.
Zweiter Durchgang
Das Festival BuchBasel bietet Informationen aus erster Hand zu aktuellen Themen
Sie sind einem Albtraum entronnen: Daniela Widmer und David Och berichten in «Und morgen seid ihr tot» über ihre Entführung durch die Taliban in Pakistan, über die Angst und die Entbehrungen in ihrer 259-tägiger Gefangenschaft.http://www.buchbasel.ch/?navi_id=54&c_d=55
Nicht den rückwärtsgerichteten sondern den progressiven Kräften in der arabischen Revolution widmen sich Karim El-Gawhary und Susanne Schanda. Er porträtiert in «Frauenpower auf Arabisch» starke Frauen im Kampf gegen sexuelle Gewalt und Diskriminierung. Sie beschreibt in «Literatur der Rebellion», wie ägyptische Intellektuelle den Kampf für Demokratie und Freiheit entzündet und vorangetrieben haben. Um Bürgerrechtliches geht es auch im Umgang mit den Roma: ein politischer Dauerbrenner. Oft genug ist die Debatte geprägt von Klischees. Rolf Bauerdick ist auf über 100 Reisen durch 11 Länder in den Alltag des fahrenden Volkes eingetaucht und stellt nun in «Zigeuner» wichtige politische Fragen.
Ebenfalls brisant ist der Umbruch in der Buch- und Medienbranche: Amazon beherrscht den Markt, die kleinen Buchhandlungen http://www.buchbasel.ch/?navi_id=54&c_d=87schliessen. Wie reagieren Publikumsverlage auf das veränderte Lese- und Konsumverhalten? Und gibt es in zehn Jahren noch Literaturverlage? Eine Diskussion mit Jo Lendle (Hanser Verlag), Margit Ketterle (Verlagsleiterin Sachbuch Verlag Droemer Knaur) und Sabine Dörlemann (Dörlemann Verlag). - Und wie verändern sich unsere Hörgewohnheiten? Vor 30 Jahre entstanden die ersten Lokalradios – was wurde erreicht und wie ist die Situation heute? Christian Heeb (Mitbegründer Radio Basilisk), Thomas Jenny (Radio X) und Matthias Bärenfaller (Radio Rottu) schauen zurück und wagen einen Blick in die Zukunft.
Grosse Lebensthemen: Schmerz, Angst, Liebe und Tod
Obschon die Medizin Schmerzfreiheit verspricht, sind Millionen Menschen von Schmerzen betroffen. Der niederländische Publizist Sytze van der Zee beleuchtet in der exklusiven Vorpremiere seines Buches «Schmerz. Eine Biografie» die vielen Facetten des Phänomens. Die Einführung macht Dr. Wilhelm Ruppen, Leitender Artz Schmerztherapie am Universitätsspital Basel. Auch die Angst hat viele Facetten; so viele, dass die Schriftstellerin Annette Pehnt ihnen ein «Lexikon der Angst» gewidmet hat.
Der zweifache Kisch-Preisträger Erwin Koch hingegen hat der Liebe von Verwegenen und ausweglos Hoffenden mit «Von dieser Liebe darf keiner wissen» ein Denkmal geschaffen. Seine Geschichten über Menschen in aussergewöhnlichen Situationen, über unmögliche Helden und todgeweihte Liebende gehen unter die Haut. Auch das, was die Ärztin Petra Anwar zu sagen hat, ist tief bewegend. Sie hat unzählige Menschen durch die letzten Monate vor ihrem Tod begleitet und ihnen geholfen, dort zu sterben, wo sie zuhause sind. Zusammen mit dem Schriftsteller John von Düffel erzählt sie «Geschichten vom Sterben». Mit einer Einführung von Dr. med. Hanspeter Flury (Klinik Schützen Rheinfelden).
Und zum schönen Ausklang
Auf unvergleichlich poetische, witzige und pointierte Art und Weise hat Mani Matter die grossen Lebensfragen in seinen Liedern gestellt. Winfried Meichtry und der Musiker Lukas Gerber widmen ihm einen ebenso erhellenden wie stimmungsvollen Abend. Einem anderen grossen Meister nähert sich das spartenübergreifende Projekt Pure Joyce an. Eine irische Sängerin, ein holländischer Perkussionist und ein Schweizer Schauspieler machen sich auf, die verschlungenen Welten von «Ulysses» und «Finnegans Wake» assoziativ zu durchringen. Mit Shirley Grimes, Rob Kloet und Stefan Kollmuss. In Kooperation mit cultact und Parterre Basel.
INFO:
Die ganze Vielfalt der Basler Literatur- und Verlagsszene können Sie am Freitag an der dritten Basler Buchnacht erleben. Bis 22 Uhr sind die Läden geöffnet, und an 15 Orten erwartet Sie ein abwechslungsreiches Programm:
BuchBasel – vom 24. Oktober bis 27. Oktober 2013!
LiteraturBasel betreibt das Literaturhaus Basel, das internationale Buch- und Literaturfestival BuchBasel und richtet in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV den Schweizer Buchpreis aus. Informationen über die einzelnen Aktivitäten finden Sie unter
www.literaturhaus-basel.ch
www.schweizerbuchpreis.ch
www.buchbasel.ch
www.sbvv.ch