Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nach Monika Helfer kam Thomas Kunst zu Wort, der wirklich wortmächtig ist und den Eva-Maria Magel, FAZ, nicht lange bitten mußte. Er las gerne und sprach gerne über sein Schreiben. Wir haben ja seinen durchaus witzigen Roman schon besprochen und der Ausgangspunkt führte auch hier zu Gelächter, daß nämlich Bengt Claasen - auch er aus dem bisherigen literarischen Personal des Autors ans Licht geholt und zum Mittelpunkt gemacht – nach dem Tod seine Hündin und dem Ende einer Beziehung (unsere Vermutung) seine Sachen in einen Koffer packt, das Hundehalsband auf das Armaturenbrett des Autos legt, losfährt und dort anhalten und bleiben will, wo das Halsband herunterfällt.
Mit Thomas Kunst kommt nicht nur eine ganz andere Art Schriftsteller zu Wort, sondern auch einer, der von der DDR erzählen kann. Die Zandschower Klinken zeigen eine gewisse Freizügigkeit, die später auch die Menschen an der Stelle, wo das Halsband herunterfällt und er bleiben wird, auszeichnet, hat einfach mit dem anderen Umgang der Geschlechter miteinander und auch mit Kumpels zu tun. Seinen Roman hatten wir besprochen, wollen uns deshalb hier stärker auf seine Aussagen zu seinem Schreibprozeß beschränken. Er schreibt nicht kontinuierlich, nicht nur zeitlich, auch inhaltlich. Seinen Schreibprozeß vergleicht er mit freiem Komponieren. Es mache ihm Lust, am Vortag nicht zu wissen, was er am nächsten Tag schreiben wird. Mit Komponieren– übrigens hört er beim Schreiben immer Musik, die jeweiligen Stücke sind am Schluß des Romans aufgeführt – vergleicht er auch seinen Schreibprozeß, der zum großen Teil aus wiederkehrenden Motiven, vielen Wiederholungen und einem rhythmischen Sog besteht, in den er gelangen will und es auch kann.
Seine Handlung muß eine sein, die man nicht nacherzählen kann, sagt er. Das ist ihm gelungen! Aber neben den formalen Fragen zum Schreiben selbst, die im Mittelpunkt stehen, bleibt die inhaltliche Frage, was denn sein Aussteigermilieu mit dem Oberaussteiger Bengt Claasen bedeute. Zwischen Utopie und Dystopie ist dieses Zandschow angesiedelt, mit seinem Teich und seinen Festivals, eine Solidar- und Zwangsgemeinschaft und in vielem mit den positiven Zügen der DDR ausgestattet. Er wollte auch ein Hohelied auf die Provinz schreiben, der gegenüber sich die Städter oft so überlegen vorkommen. Aber das Gegenteil sei der Fall. An seinem Roman hat er fünf Jahre gearbeitet – auf seine Weise eben!
Foto:
Thomas Kunst und Eva-Maria Magel
©Petra Kammann
Thomas Kunst und Eva-Maria Magel
©Petra Kammann