Serie: Die Trilogie der TRIBUTE VON PANEM als Buch und Hörbuch sowie Film, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Unwiederholbar verloren, die Möglichkeit, sich die Heldin der Trilogie von Suzanne Collins - im Bild -, Katniss Everdeen, beim Lesen des Buches, beim Hören des Hörbuchs selbst vorzustellen, denn wir sahen zuerst den zweiten Film und arbeiteten uns dann zurück, was aber bedeutet, daß das Gesicht der Jennifer Lawrence auf jeder Seite durchscheint, so bestimmend und eindrucksvoll ist sie einfach in den Verfilmungen Katniss Everdeen geworden!

 

Nein, das ist kein Schaden, denn sie macht das in CATCHING FIRE – warum eigentlich auf Englisch und nicht der deutsche Titel GEFÄHRLICHE LIEBE? - eindrucksvoll und zwar genau ohne jede Mätzchen oder Schnickschnack, einfach durch Dasein. So kann man es positiv sagen. Wobei sie schon sehr gestylt wirkt, also ein etwas synthetisches Bild abgibt, so könnte man es negativ beschreiben. Für uns auf jeden Fallö hätten wir das spannend gefunden, ob wir uns Katniss so vorgestellt hätten beim erstmaligen, also jungfräulichem Lesen, als es noch keinen Film gab. Immerhin hat uns Jennifer Lawrence in ihrem zweiten Film so beeindruckt, daß wir es genau wissen wollten und parallel das 415 Seiten starke TÖDLICHE SPIELE, den ersten Band der TRIBUTE VON PANEM – den Zusammenhang mit den römischen Spielen PANEM ET CIRCENSES, der auf der Hand liegt, lassen wir hier weg - lasen und das entsprechende Hörbuch hörten.

 

Erst dann sahen wir uns den ersten Film an und finden rundherum, daß die Geschichte der Suzanne Collins auch für Erwachsene geeignet ist. Für den umgekehrten Vorgang, daß Erwachsenenliteratur für die Jugend zurechtgestutzt wird, gibt es den Ausdruck 'ad usum Delphini', für den Gebrauch des Dauphins, wo dann Schlüpfriges, politisch Anrüchiges, Grausames, Unverständliches einfach gestrichen wurde und wird. Eine Zensurmaßnahme.

 

Für Erwachsenen gibt es keine eigene Fassung bei der Rezeption der Geschichte, wie Katniss und Peeta in die Situation geraten, die Hungerspiele für ihren Distrikt 12 austragen zu müssen und dann auch noch gewinnen. Aber es bleibt Jugendliteratur, das ist uns wichtig festzustellen, für eine adoleszente Jugend eben. Und für diese Zielgruppe hat Suzanne Collins alles richtig gemacht. Und wenn wir so forsch, aber ernstgemeint als Vergleich für die Erwachsenenwelt den Roman 1984, von Orwell 1949 herausgebracht, in den Mund nehmen, dann kann msaan beide Bücher zwar literarisch auf keinen Fall vergleichen, denn diese Zukunfts-Horror-Vision von George Orwell ist eine bitterböse Satire, während der Schreibstil der Suzanne Collins ein nüchterner Erzählstil bleibt, der unauffällig die Geschichte transportiert.

 

Jedoch ist der gehaltliche Vorgang, daß man sich schon heute eine Welt vorstellt, in der eine technisch hochgerüstete Macht eine ganze Bevölkerung unterdrückt, vergleichbar. Vergleichbar sind auch der Große Bruder bei Orwell mit dem Staatspräsidenten Snow von Panem, und die Funktionen, die in 1984 die Parteielite hat, die 'Proles' genannte Bevölkerung, die Gedankenpolizei u.a. und auch Staatsfernsehen, das in die Wohnungen guckt und diese überwacht, sind identisch. Suzanne Collins konnte nicht wissen – oder doch? - wie sie mit dem von ihr beschriebenen Überwachungsmaßnahmen der Panem-Regierung die gegenwärtige Praxis der amerikanischen NSA in den USA und der ganzen Welt beschreibt. Wobei die Panemsche Überwachung sich nur auf deren Staatsgebiet der einst 13 Distrikte erstreckt. Da sind die USA sozusagen globaler in ihrer Machtausdehnung.

 

Auch ein Staatsfeind ist bei Orwell schon vorhanden, den DIE TRIBUTE ebenfalls aufweisen, denn Snow braucht einen inneren Feind als Propagadainstrument, um der Bevölkerung gegenüber die Überwachung und harten Maßnahmen der Polizei schmackhaft zu machen, sie zu legitimieren. Wer bisher im Einheitsstaat Panem auffiel, wurde schon mundtot gemacht und Snow lauert gewissermaßen darauf, ob sich Katniss zur Staatsfeindin eignet, oder ob er sich im Gegenteil, ihrer Loyalität versichern könnte.

 

Suzanne Collins geht in ihrer Trilogie noch einen Schritt weitergeht, denn aus der unbedarften Katniss aus Distrikt 12 wird zusammen mit Peeta durch die Erlebnisse der TÖDLICHEN SPIELE eine selbstbewußte junge Frau, die in GEFÄHRLICHE LIEBE das fortsetzt, was sie begann und durchaus ungewollt zur eigentlichen Gegnerin des Diktators Snow wird. Während Orwell also mit seinem Buch eine politische Analyse der Gesellschaft, die er beschreibt, leistet, wo insbesondere der Sprache, dem Neusprech eine entscheidende Funktion zukommt, beschränkt sich Suzanne Collins auf die einer Trilogie zugrundeliegenden Vorwärtsbewegungen in der Geschichte.

 

Auch dabei ist der Begriff 'beschränken' eigentlich nicht zulässig, sie will einfach etwas anderes und sie will das für ein Lesepublikum, das sich mit ihrer Heldin Katniss, aber auch Peeta und anderen identifizieren kann. Im wirklichen Leben der meisten Leser und – wie immer – vor allem Leserinnen, geht es nicht um Tod oder Leben. Das sind gleichsam Metaphern für die Extreme, die Jugendliche beim Erwachsenwerden in ihrer Umwelt wahrnehmen, sei es Fremdheit, was da oben gewollt wird, sei es Angst, nicht dazuzugehören, sei es Widerstand gegen die Regeln der Eltern und der gesamten Gesellschaft.

 

Wie sich die Gruppe der nach Panem geschickten Distriktkämpfer fühlt, das ist durchaus vergleichbar mit dem von manchen Schülern empfundenen Konkurrenzkampf in Schule und bei sportlichen Wettspielen. Dabei gibt es normalerweise keine Toten, aber die Sieger, die Verlierer, die Niederlagen und das Weiterkommen auf Kosten anderer, sind geläufige Begriffe mit entsprechenden adäquaten Gefühlen. Fortsetzung folgt.

 

INFO:

 

www.dietributevonpanem.de

www.oetinger.de