Serie: Die Trilogie der TRIBUTE VON PANEM als Buch und Hörbuch sowie Film, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Höchste Zeit, die Geschichte zu erzählen, bei der sich unser Vorhaben erübrigte, die feinen Unterschiede zwischen den Fassungen von Buch, Hörbuch und Film genauestens herauszuarbeiten, nämlich zu verfolgen, was anders ist, fehlt oder hinzukommt.
Alle drei Vorgänge passieren auf dem Weg von der literarischen Fassung in Wort und Ton und dem Film. Sie sind aber nicht wesentlich für den Gehalt der Romane, sondern dem geschuldet, daß ein Film eine andere Erzählstruktur als ein epischer Roman braucht, weshalb auch neue Figuren eingeführt werden, anderes gestrichen wird, aber auch Erlebnisse verdichtet werden.
Buch und Hörbuch sind sprachlich identisch, weil ungekürzt, und dennoch konnte man auch hier eine eigenartige Erfahrung machen. Die auktoriale Erzählerin Katniss verführt einfach dazu, daß man ihrer Geschichte - die ja auch, wenn sie exakt so abgelaufen wäre, dennoch ihre Version mit ihren Gefühlen und Interpretationen bleibt - einfach glaubt. Das wäre ganz anders gewesen, hätte Suzanne Collins nicht das Mädchen erzählen lassen, sondern die TRIBUTE VON PANEM einem Erzähler überlassen, der dann von den überstandenen, aber immer todgefährlichen Abenteuer der jungen Katniss aus einer allgemein gültigen Position berichtet hätte, was durchaus eine noch größere Glaubwürdigkeit erzielt hätte, aber die Frische des unmittelbaren Erlebens dieses jungen Mädchens mit ihren existentiellen Ängsten, Sehnsüchten und immer reifer werdenden Einschätzungen vermissen ließe.
Zurück zu Katniss, die nun - für uns und sicher für die meisten anderen auch - für ewig , Gesicht und Gestalt der Jennifer Lawrence trägt. Es fiel schon im Film auf, aber prägt sich bei den Fotos, die insbesondere in den extra herausgegebenen Filmbüchern so hochglanz und perfekt daherkommen, noch stärker ein. Ihr Gesicht trägt eigentlich wenig Ausdruck. Auch in den gefährlichsten Situationen bewahrt sie eine beherrschte Mimik und wirkt gerade dadurch um so stärker. Sie zeigt eine innere Kraft, die in ihrer Beherrschung um so vitaler und durchsetzungsfähiger scheint, wobei ihr Antlitz fast immer wie von schimmerndem Marmor ist, tatsächlich wie eine schöne Skulptur.
Das führt nicht zur Maske, überhaupt nicht, sondern wird erreicht durch die sparsamsten schauspielerischen Mittel, was deshalb nicht zu wenig ist,.weil sie Mittelpunkt eines dramatischen Geschehens ist und sich alles um sie dreht. Gerade eine gewissen Leere in ihrem Gesicht überläßt dem Zuschauer die Interpretation, weshalb er sich in sie hineinfühlen muß, während er bei dramatischerer Gestaltung dieser Rolle der Filmkatniss eher zugeguckt hätte.
Wäre Jennifer Lawrence in ihrem Spiel der äußeren Situation unserem Erfahrungsspektrum nach angemessen aufgetreten, will sagen: ängstlich mit lautem Heulen, dramatisch mit gewaltigen Auftritten, lieblich in den leisen Liebesszenen, nein, das Wort ist schon zu viel, aber lassen wir es dabei, würde sie die Situationen derart ausagieren, wäre das alles viel zu viel geworden, zu aufdringlich nämlich. Je mehr Tamtam der Film veranstaltet, wie man die überaus bildhafte Szenerie im Film schon empfinden muß, die einfach überwältigend für den Zuschauer sind, je mehr muß diese Katniss eine spröde Seite haben. Nur ihre Rolle als Katniss hält das Geschehen zusammen und macht es uns möglich, uns noch tiefer hineinzudenken oder zu fühlen, weil selbst diese Filmkatniss dies noch zuläßt.
Die Stimme als Letztes. Wir haben nicht herausgefunden, ob Hörbuchstimme und Filmstimme identisch sind. Auf jeden Fall vermittelt die Hörstimme der Maria Koschny in den Hörbüchern genau das, was wir beim Lesen erleben und im Film wiederfinden: eine durchaus kühle, ruhige, die ungeheuerlichen Vorgänge fast neutral berichtende Person, die sich nicht einschleicht in unsere Herzen, noch den Kopf, die aber deshalb um so stärker unsere Anteilnahme gewinnt, gerade weil sie nichts dazu tut, diese auf sich zu ziehen, sondern einfach erzählt. Das ist schon eine gewaltige Leistung über drei Hörbücher hinweg, erzeugt beim Hören durchaus eine gewissen Monotonie, die aber immer im Einklang bleibt mit dem Ablauf der Geschichte.
Daß das so ist, hat Suzanne Collins durch die Art ihrer neutralen Sprache vorgegeben, so daß man sagen kann, daß sowohl Hörbuch wie auch Film das Adäquate zur Wiedergabe der TRIBUTE VON PANEM leisten. Dabei, das kann man nur wiederholen, könnte man die Filme auch ohne solchen Aufwand drehen. Es sind der Kostüme und immer wieder neuen Schauerlebnisse gar sehr viele. Aber das glauben die Produzenten in dieser Spirale von immer mehr, immer doller, immer technisch hochgerüsteter den Zuschauern schuldig zu sein. Und nun endlich die Geschichte. Fortsetzung folgt.
P.S. Weil wir hier vor allem Katniss herausstellten, doch noch unser Schrecken, als im Filmbuch zum zweiten Film uns auf Seite 7 Jennifer Lawrence anstrahlt, zusammen mit einem zufriedenen Peeta als Josh Hutcherson. Das war anläßlich der Weltpremiere des ersten Films in Los Angeles 2012. Aus der Filmkatniss ist eine hochblonde schicke Dame geworden, mit einem Puppengesicht a la Barbiepuppe und einem goldglänzenden Fummel, vorne geschlossen, hinten frei. So hätte sie nie die Rolle spielen können, was wieder einmal zeigt, wie Menschen zu dem gemacht werden können, was sie verkörpern sollen.
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