Bildschirmfoto 2022 05 21 um 02.11.43Eröffnung der Ausstellung über NS-Raubgut in der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es gibt hingehauene Eröffnungen von Ausstellungen und es gibt die, die liebevoll nicht nur die Sachverhalte, sondern auch einen musikalischen Hintergrund bieten. Und letzteres gelang der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, deren Direktorin Daniela Poth kurz in die Thematik von nationalsozialistischem Raubgut und Restitution dieser Gegenstände, hier Bücher einführte. Doch begonnen hatte es mit Katharina Deserno, die mit einer Komposition von Violeta Dinescu für Cello aufspielte, was Eindruck machte

Sie ist Professorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt und unterrichtete schon 2008 dort eine Violoncelloklasse. Daß sie später auch den 2. Satz einer Sonate für Cello von Theodor W. Adorno brachte, ist Teil des Zusammenklangs, den dieser Abend bot. Denn mit Adorno ist direkt das Thema von Raub und Restitution angesprochen, das an diesem Abend wenigstens zur Rückführung dem Institut für Sozialforschung gehörenden Bänden führte. Es gehört ja zu den völlig unverständlichen Tatsachen, daß die Nachkriegszeit sich nicht direkt um die Folgen der Naziherrschaft kümmerte, sondern mit Wiederaufbau und westdeutschem Wirtschaftswunder lange die NS-Schreckensherrschaft verdrängte, zu der ja nicht nur als schlimmstes Verbrechen der industrielle Massenmord an deutschen und osteuropäischen Juden und vielen anderen Menschen gehörte, sondern auch die Beschlagnahmung, Enteignung, Diebstahl und Raub von Gegenständen, je wertvoller, desto lieber.

Sehr langsam ist die Aufklärung darüber in Gang gekommen, zuerst in den Museen bildender Kunst, wo die Provenienzforschung sowieso Teil der Ausbildung inaist, nämlich die Verfolgung der Eigentümerverhältnisse von einem Bild oder einer Skulptur. In Frankfurt fing es mit einer Stelle im Städel an, längst sind andere Museen gefolgt und es gab schon als Zwischenstand eine Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt GEKAUFT. GESAMMELT. GERAUBT? , wo als Ergebnis auch ‚normal‘ inventarisierte Gegenstände sich als NS-Raubgut herausstellten. Die zu restituieren, also den eigentlichen Besitzern zurückzugeben, ist Aufgabe vieler Institutionen, wenn es um öffentlichen Besitz geht.

Davon sprachen mit jeweiligen Schwerpunkt Michael Huth als Vizepräsident der Goethe-Universität, der den schönen anschaulichen Begriff vom Blick in den Rückspiegel brachte, wenn es um Provenienzforschung geht, wo nämlich bei NS-Raubgut gleichzeitig der Blick zurück und schnell der nach vorne nötig ist, um das geraubte Gut zurückzugeben, wenn die eigentlichen Besitzer gefunden werden. Und wie dramatisch es ausgeht, wenn blinde Flecken oder tote Winkel die Sicht behindern, bzw,. verhindern. Auch die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig (im Foto links)konnte aus ihrem Bereich von NS-Raubgut berichten und benannte vor allem deutlich die fatale Situation, daß die Stadt Frankfurt trotz jahrhundertelanger liberaler Tradition und auch gedeihlichem Zusammenleben mit dem jüdischen Teil der Stadtbevölkerung, der in Frankfurt besonders hoch war, den Nationalsozialisten ab 1933 nicht nur keinen Widerstand, grundsätzlich und auch bei der Verfolgung der jüdischen Mitbürger, entgegenbrachten, sondern sogar schon im Vorfeld sich den Nazis angedient hatten und ab 1933 massiv eine Hochburg der Nationalsozialisten wurde.

Das betrifft auch die erst 1914 gegründete Universität, an der viele jüdische Wissenschaftler sofort entlassen wurden und auch das Institut für Sozialforschung, das 1923 als marxistisches Institut gegründet wurde und unter der Leitung von Max Horkheimer unter Mitarbeit von Theodor W. Adorno und Erich Fromm zur Forschungsstätte der Kritischen Theorie wurde und sofort am 13. März 1933 verboten wurde. Horkheimer und Adorno emigrierten mit dem Institut nach Genf, später nach New York und kamen beide 1951 zurück, wo das Institut an der Frankfurter Universität unter der Leitung von Horkheimer wiedereröffnet wurde, nach dessen Tod von Adorno geleitet.

Fortsetzung folgt.

Fotos:
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Info:
Ausstellung im Schopenhauer-Studio der
Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
, Bockenheimer Landstraße 134-138