Martin Walsers Roman DAS DREIZEHNTE KAPITEL aus dem Rowohlt Verlag

 

Helmut Marrat

 

Weltexpresso(Hamburg) - Martin Walser tritt im vorliegenden Roman in der fiktiven Rolle als Autor auf, nennt sich Basil Schlupp und umwirbt eine Theologin. Sie heißt Maja Schneilin und hat eine Festigkeit, an der er sich zu messen sucht. Er wirbt sie für einen Briefwechsel. Und sie, verheiratet wie er nd unerfüllt auch, läßt sich darauf ein.

 

Es wird wie eine Liebesbeziehung aus der Ferne.. Man beginnt beim Sie, kommt zum Du, gerät in Streit, sie straft ihn hinunter zum Sie, doch er, da er sich reuig zeigt, wird wieder akzeptiert. Es ist schon gekonnt, wie Walser das macht. Der ganze Briefwechsel hat eine wirkungsvoll aufeinander abgestimmte Tonfolge,auch wenn man sagen muß, daß die Beiträge des Basil glaubwürdiger erscheinen, als die der Briefpartnerin.

 

Sie schließlich widmet sich mehr und mehr ihrem Mann, der inzwischen schwer erkrankt ist und seine Frau auf eine kraftzehrende Fahrradtour durch Kanada mitzwingt. Obzwar sie bis ans Ende ihrer Kräfte gehen muss,hält sie zu ihm und wird in jenem Teil des Briefwechsels zudem als einzige Beiträge liefern. Aber ohne Klage. Der sonst so beredte Autor wird hingegen verstummen. Also endet der Austausch.

 

Ganz zum Schluß des Romans wird es wie bei Kafka: Die Frau des Autors Schlupp verbrennt kurzentschlossen ihre letzten Aufzeichnungen.Sie hießen „Das dreizehnte Kapitel". Ihr Mann läßt sich den Titel schenken und so bekommt das Buch endgültig ein religiöses Muster. Überhaupt das Religiöse. Der Theologe Karl Barth, an den sich Walser mit seinem Roman anlehnt, galt als vorzüglicher Stilist. Martin Walser widmete ihm schon vorher einen Essay, der von seiner Bewunderung handelt. Er stellt ihn dadurch gewissermaßen in eine Reihe mit Kafka: Sprache in ihrer Wirkungsmacht. Walsers Sprache selbst ist von hoher Dringlichkeit.Und Satz für Satz geglückt. Was man kritisch anmerken müsste, ist jedoch folgendes: Die Geschichte hat insgesamt etwas zu Konstruiertes, Gezwungenes..Dennoch: Ein lesenswertes Buch, vielleicht sogar das stärkste, das Martin Walser seit längerem geliefert hat.

 

 

Info:

 

Martin Walser, Das dreizehnte Kapitel, Rowohlt Verlag, Reinbek, 2012