VERDACHT nach einem Roman von Francis Iles als Hörspiel bei OSTERWOLD audio

 

Eric Fischling

 

München (Weltexpresso) – Hörspiele auf CD haben den Vorteil, daß man nicht wie bei sonstigen Hörbüchern die nächsten Tage vor der Glotze, das heißt, dem Abspielgerät sitzt, sondern sich alles zeitlich im Rahmen hält. Um so wichtiger, daß sich in Kürze das Wesentliche ereignet und der Hörer es mitbekommt.

 

SUSPICION heißt der Thriller als Film, mit dem Alfred Hitchcock 1941 – also mitten in der Kriegszeit – Furore machte, wobei seine Protagonisten Cary Grant und Joan Fontaine mit zum Erfolg des Filmes beitrugen. Literaturkenner wußten schon damals, daß sich der berühmte Regisseur auf einen Roman VOR DER TAT aus dem Jahr 1932 bezog, den ein gewisser Francis Iles geschrieben hatte, hinter dem sich Anthony Berkeley verbarg. Warum sich dieser, der ja auch Kriminalschriftsteller war hinter Iles verbarg, ist nicht bekannt, aber nicht 'verdächtig'.

 

Nun geht es bei Krimis, bei Kriminalfilmen und Krimihörspielbesprechungen ja auch immer darum, daß man nicht so richtig aus dem Vollen schreiben darf, denn die Täter, die Lösung, die wirklichen Strukturen, darf man gar nicht benennen, damit für Zuschauer, Hörer und Leser die Spannung bestehen bleibt. Gleichzeitig weiß man, daß richtig gute Geschichten im jeweiligen Medium auch dann wirken, wenn man um die Auflösung weiß. Wir versuchen nun so eine gewissen Mischung herzustellen, wobei das Wichtigste ist, daß man den Hitchcockfilm gleich einmal vergißt, denn der hatte aus dem bitterbösen Buchende ein Happy End gemacht. Anderes wollten die Leute damals nicht sehen, meinte die geschäftstüchtige Filmbranche.

 

Hörspiele nun müssen, siehe oben, der Kürze wegen Romanvorlagen noch einmal auf die wichtigsten Handlungsstränge beschränken und dies dann auch noch am besten durch Dialoge zum Ausdruck bringen, denn lange Erzählpassagen sind in Hörspielen nicht angebracht. Das Hörspiel lebt von der Akustik, nämlich dem Raum, in dem sich das, was unser Verstand nur über unsere Ohren wahrnimmt, abspielt. Das ist im vorliegenden Fall, VERDACHT, hervorragend gelungen. Es vermittelt sich die Spannung, daß etwas Furchtbares passieren wird, erst einmal nicht durch Inhalte, sondern durch atemloses Sprechen, durch die Aufgeregtheiten in den Stimmen, durch das Geklapper von Gläsern und Bestecken, Zug- oder Autogeräusche etc.

 

Hier nun tritt gewissermaßen eine Verschärfung ein, denn VERDACHT wurde nicht als klassisches Hörspiel produziert, sondern als 'ein Hörabenteuer in 3 D'. Das will sagen, daß die wichtigste Person Toningenieur Peter Avar mit dem Kunstkopf wurde. Diese Technik kommt aus den Siebziger- und Achtzigerjahren und vermittelt dem Hörer, daß er mitten am Tisch sitzt, an dem die Unterhaltung stattfindet, und sich von allen Seiten dem Hören ausgesetzt fühlt. Also auch genau auf Geräusche und anderes hört, weil sie ihm Informationen zum Sachverhalt geben.

 

Das genauso Wichtige ist die erwähnte Straffung der Handlung, noch dazu in Dialogen, die Regine Ahrem hier als Hörspieldramaturgin leistet. Wir erleben die scheue und rücksichtsvolle, ganz und gar nicht selbstbewußte Lina, geliebt von den mehr als wohlhabenden Eltern, vor allem die Mutter wird ihr viel vermachen, die aber in sich ein nur kurzes Leben trägt, denn sie hat eine Krankheit, über die sie nicht spricht. Auch nicht gegenüber diesem Luftikus Johnny, der sie umgarnt und dem sie ausgesprochen gerne ins Netz geht. Denn er ist lustig, quicklebendig, so reich wie sie, wird nur von der Umwelt völlig unterschiedlich eingeschätzt. Die einen mögen ihn, für die anderen ist er ein Tunichtgut.

 

Vor allem für ihren Vater. Na, das kennt man ja, daß Väter über ihren Töchtern wachen und jeglichen Bewerber für einen Schürzenjäger und Mitgiftjäger halten. Denn die Frauen der Familie und der Freunde, die hat der gute Johnny längst für sich gewonnen, so charmant wie er das macht. Es gelingt Chris Pichler als Lina so naiv und erst einmal bedingungslos verliebt zu wirken, wie Boris Aljinovic als Johnny angeberisch und vordergründig fürsorglich seine Frau einwickelt. Denn im Nu sind die beiden trotz elterlicher Einwände ein Paar und man hört dem Ganzen einfach an, daß es zu Zeiten spielt, als für Reiche und den Adel noch eine heile Welt selbstverständlich war.

 

Nun allerdings passieren Sachen, die – immer im Nachhinein – die gute Lina über den 'großzügigen' Charakter ihres Mannes aufklären, denn großzügig ist er mit ihren Sachen und ihrem Geld im Versetzen des Mobiliars und dem Begleichen seiner Schulden. Die Spielsucht ist nur das eine, da geht es vor allem darum, daß er ein auffälliges Interesse an gewissen Todesarten entwickelt, wobei eine berühmte Krimischriftstellerin und Freundin der Familie Informationen gibt, ach, was, sie stellt verwundert fest, wie er diese ihr entlockt hat. Inzwischen sind auch einige Handlungsträger unerwartet verstorben, wobei sich herausstellt, daß Johnny immer zuvor anwesend war. Das kann seine Frau nicht abhalten, die Zügel des Geschehens nun selbst in die Hand zu nehmen. Ziemlich drastisch, aber erfolgreich. Mehr dürfen wir nicht verraten. Auf jeden Fall werden immer die Schuldigen bestraft, wenngleich manchmal erst im nächsten Leben.

 

 

Info:

 

VERDACHT, Hörspiel in der Bearbeitung von Regine Ahrem mit Gerd Wameling, Boris Ajinovic, Chris Pichler, Hans Peter Hallwachs u.v. a., 1 CD, Laufzeit 57 Minuten, osterworld audio, erschienen am 14.1.2014

 

ISBN 978-86952-217-3