Judith Winter mit dem Thriller SIEBENSCHÖN bei dtv, Teil 1

 

Elisabeth Römer

 

Hamburg (Weltexpresso) – Man nehme: einen ungewöhnlich gebildeten Serienmörder, der vergessen hatte, Theaterdramaturg und Bühnenbildner in einem zu werden, zwei völlig neuartige Kommissarinnen, beide neunmalklug, das Wabern von Psychologen und Psychotherapeuten, die doch eigentlich das Salz in der Suppe gefunden hatten und die Stadt Frankfurt am Main. Das Ergebnis ist einen spannender Auftakt einer neuen Krimiserie.

 

Wir sprechen von Judith Winter, die mit ihrem Serienmörder und ihren künftigen Serienkommissarinnen die Serie ankündigt. Mit Aplomb und mit Gewinn für den Leser. Das sei schon gleich mal gesagt. Wir auf jeden Fall haben andere Vergnügen gelassen und das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Natürlich, das dauert, denn hier kommt es auf jede Zeile an, in der die Autorin sozusagen ein Ei legt, das ein andermal ausgebrütet wird. Manchmal wurde uns das fast zu viel, was an Andeutungen und Gelehrtem zu lesen ist, aber nur fast.

 

Es sind die beiden Kommissarinnen, mit deren Auftritt und unterschiedlichem Wesen die Autorin punktet. Das beide sogenannte Immigrantinnen sind, stimmt ja nicht, denn sie sind die in Frankfurt aufgewachsenen Kinder, einmal eines Hongkong-Chinesen, der eine edle Deutsche geheiratet hatte, Mai Zhou also einerseits, und Emilia Capelli, genannt Em, deren italienische Mutter die Tochter alleine groß zog und an ihr viel zu kritisieren hat. Das hat EM von der Mutter gelernt, denn sie ist für die Dienststelle zwar nicht der einzige Mann, aber doch von allen die Durchsetzungsfähigste, meint ihr Chef Makarov (auch nicht gerade ein urdeutscher Name!), der die Abteilung für Kapitaldelikte im Frankfurter Polizeipräsidium leitet.

 

Da er von einem Team die Addition ihrer Fähigkeit erwartet, will er Em nicht den von ihr erhofften Kollegen Tom zur Seite stellen, sondern die durch einen fünfmonatigen FBI-Lehrgang noch schlauer gewordene Mai Zhou: „Mein Name ist Mai...von althochdeutsch meio, zurückgehend auf die römische Göttin Maia, traditionell der fünfte Monat im gregorianischen Kalender...und Robert Schumanns Liederzyklus 'Dichterliebe' beginnt mit den Worten: 'Im wunderschönen Monat Mai', was meine Mutter dazu inspiriert hat,mir diesen Namen zu geben.“ (S. 45) Aber gibt sie den Erwartungen der Kollegen dann doch Zucker: „Mein zweiter Vorname ist Xiao Qiáng-wei und bedeutet so viel wie kleine Rose.“ (45)

 

Da bleibt Em doch der Mund offen stehen und genau das braucht sie, um aus ihrem verbalen Zickenverhalten herauszufinden und in eine gleichberechtigte Partnerschaft der Tat umzusetzen. Wir waren gar nicht einverstanden mit uns, daß wir immer zur äußerlich zarten, innerlich zähen und auf jeden Fall findigen Mai hielten, finden aber immer noch, daß diese die ungewöhnlichere ist, weil sie auf zurückhaltendere Weise auch mit ihrer Biographie umgeht, die Judith Winter der Em doch etwas aufdringlich und darum auch erwartbar auf den Leib schreibt. Schön sind beide. Klug auch. Und zusammen werden sie unschlagbar. Fortsetzung folgt.

 

 

INFO:

 

Judith Winter, Siebenschön, Deutscher Taschenbuch Verlag 21489