Judith Winter mit dem Thriller SIEBENSCHÖN bei dtv, Teil 2

 

Elisabeth Römer

 

Hamburg (Weltexpresso) – Um was es geht? Die Geschichte selbst könnte vom verstorbenen Frankfurter Urgestein-Krimiverfasser Andreas Franz sein, so gut, so verschachtelt, auch so brutal und beziehungsreich ist sie, nur viel besser geschrieben, …

 

wenn man allein dessen Kommissarin Julia Durant, die ewig abends ein Bier trinkt und dazu ein Wurstbrot ißt, mit diesen beiden jungen Frauen vergleicht, die so weltläufig wie frankfurtkundig sind.

 

Und die Stadt mögen, das merkt man gleich. Die Geschichte, klar den Mörder darf man nicht verraten, handelt von einem, der in der Kindheit und vor allem der Jugend so verletzt wurde, daß er sich rächt, allerdings nicht an seinen Peinigern, sondern an dem, der ihm früh auf die Schliche kam und um diesen Mann herum eine Inszenierung bastelt, die es in sich hat, bei der der Leser aber den Überblick behalten kann, denn die Autorin führt auf einen Schlag zwar sehr viele Menschen mit vielen Handlungen ein, die aber bei aufmerksamen Lesen schnell in die Opfer und diejenigen zu differenzieren sind, die der Täter für seine sehr aufwendigen Inszenierungen nutzt, benutzt.

 

Es gibt also einmal den Grunderzähler, der die Geschichte erzählt und dann sehr viele Einschübe, die aus der Perspektive einzelner erzählt werden, was das Buch vielschichtig und damit auch vielstimmig macht. Wobei dann auch noch ein Benutzter zum Opfer werden kann. Verstanden?

 

Ja, liebe Autorin, das mit den „Zehn kleinen Negerlein“ haben wir schon beim zweiten Mord vermutet, waren also noch schneller als die Kommissarinnen, wollen aber partout auch beim nächsten Krimi viel lieber lesen, als ermitteln. Und weil wir gefesselt waren und den Schritten der Autorin folgten, hat uns dann nur eine Frage verfolgt: die der Schuld des Täters, bevor er in diesem Krimi zum Täter wurde. Denn seine vielen Morde arbeitet er ja an denen ab, die Schuld auf sich geladen hatten, menschliche und das Leben auslöschende Schuld, die der Welt verborgen blieb und die nur er jetzt sühnt. Durch Mord. Kann ein solcher Mann selbst vorher gemordet haben? Aus welchen Gründen auch immer. Hier aus denen des naturwissenschaftlichen Interesses. Aber nun mordet er doch gewissermaßen aus moralischen Gründen. Da stimmt etwas nicht mit der Moral des Täters und der Moral der Geschichte, die bei den zehn kleinen Negerlein doch so offensichtlich ist.

 

Wir haben viel dazu gelernt. Alles, was mit der chinesischen Herkunft und dem kulturellen Hintergrund der Mai zusammenhängt, hat uns besonders interessiert, weil es in die Aura dieser Person gehört. Mehr davon. Anderes fanden wir zu sehr Ausbreitung von angelesenem Wissen. Aber da wir gerne lernen oder auch gerne etwas, was wir wissen, wiederfinden, ist das nur ein Tip, die nächste Geschichte noch stringenter auf die Fallösung und die beiden Ermittlerinnen zu richten. Wir sind gerne dabei.

 

 

P.S.: Frankfurt. Ja, Frankfurt. Frankfurt spielt eine Rolle, weil dieser Thriller in Frankfurt spielt, aber dies ist ganz und gar kein Regionalkrimi. Das ist wichtig festzuhalten und es wäre interessant, an diesem Beispiel die allgemeinen Krimis von den regionalen zu scheiden. Was die Autorin angeht, die von dort ist, so hat sie, heißt es, in Berlin und Wien studiert. Nicht in Frankfurt, denn sonst hätte sie nie und nimmer die Universität nach „von Goethe“ genannt, wo doch die alte Bürgerstadt Frankfurt stolz darauf ist, eine Johann Wolfgang Goethe-Universität zu haben, weil ein Frankfurter bürgerlicher Name mehr wert ist, als eine Adelserhebung des Hofes zu Weimar. Grundsätzlich und tief verwurzelt. Auch der „Botanische Garten“ schien uns eher für den Palmengarten zu stehen, auch wenn es ihn zusätzlich gibt und noch andere Kleinigkeiten.

 

Und wohin Kommissarin Capelli zum Dienst mit der U 5 fährt, wenn sie nach einer Station vom Merianplatz mit der U-4 umsteigt? Drei Stationen. Eigentlich wäre es zum Polizeipräsidium die Richtung Willy-Brandt-Platz mit zwei Stationen, aber dann muß sie dort in die A 1,2,3 oder 8 in Richtung Norden umsteigen, bis Miquel-Adickes-Allee. Also fährt sie mit der oberirdischen U-5 gleich in Richtung Norden bis zur Deutschen Nationalbibliothek. Das sind drei Stationen. Aber dann ist sie noch nicht am Polizeipräsidium? Zu Fuß 10-15 Minuten oder zwei Stationen mit dem 32er Bus. Woher wir das wissen? Wir haben einmal an der Johann Wolfgang Goethe-Universität studiert, dahin fährt nämlich auch der 32er!

 

 

INFO:

 

Judith Winter, Siebenschön, Deutscher Taschenbuch Verlag 21489