deutschlandfunkFRANKFURTER BUCHMESSE 18. - 22. OKTOBER 2023, Teil 7

Felicitas Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Daß der Eröffnungsredner Slavoj Žižek – aus Slowenien und auf dem Bücherstand des Ehrengastes mit seinen auch auf Deutsch erschienen Büchern umfänglich vertreten - nicht eine harmlose Sonntagsrede halten würde, war jedem, dem Einladenden und den Zuhörern und Zuhörerinnen klar. Und das ist auch richtig so, denn wo, wenn nicht auf der Buchmesse sollte man drängende Fragen anstellen, denn nur, wenn wir offen diskutieren, können Menschen lernen und weiterkommen.

So war die Eröffnung angekündigt: "Bundeskanzler Olaf Scholz und die slowenische Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar werden am Dienstag, 17. Oktober 2023 die 75. Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) eröffnen. Slowenien ist Ehrengast der Buchmesse 2023. Unter dem Motto „Waben der Worte“ werden 75 slowenische Autor*innen, Lyriker*innen und Übersetzer*innen in Frankfurt erwartet. Im Anschluss an den Festakt im Congress Center der Messe Frankfurt werden der Bundeskanzler und die slowenische Präsidentin den Ehrengast-Pavillon eröffnen."

Daß der Kanzler aber als erstes ausländisches Staatsoberhaupt nach Israel flog, hat jeder verstanden und Claudia Roth, Kulturstaatsministerin des Landes, statt seiner begrüßt. Wäre interessant gewesen, Scholz’ Reaktion auf Žižek zu hören. Denn der streitlustige Philosoph, der Festredner der Eröffnung,  setzte einen Punkt, er sprach aus, was ja eigentlich alle denken, daß auf beiden Seiten, Israelis und Palästinenser keine Menschen sterben sollen, die unschuldige Zivilbevölkerung schon mal gar nicht, aber doch auch nicht die kämpfenden Soldaten, die, wenn sie fallen, Leid und Elend über ihre Familien bringen. Und eigentlich kann man die Aufregung, die eintrat, gar nicht verstehen oder nur, wenn man der Meinung ist, daß die palästinensische Bevölkerung ruhig bestraft werden soll für die Hamas, daß sie sich ihrer nicht erledigt. Aber wie kann eine Bevölkerung eine Terrorgruppe ausschalten. Zumindest die Westdeutschen wissen, was los war, als die RAF wütete.

Auf jeden Fall sagte Žižek: „Ich verurteile den Angriff der Hamas auf Israelis ohne Wenn und Aber. Ich gebe Israel auch das Recht, sich zu verteidigen und die Bedrohung zu zerstören.“ Und dann fuhr er fort, was passiert, wenn man nach den Ursachen fragt, warum die Hamas unmenschlich zugeschlagen hat, wie das Leben der Palästinenser ist, dann erhalte man ein Redeverbot, bzw. werde sofort verdächtigt, den Terrorismus der Hamas und anderer gegen Israel zu unterstützen.

Und dann trat er ins hausgemachte Fettnäpfchen als er fragte: „Was ist das für ein Analyseverbot?“ und wurde deutlich, daß ihn dies alles an einen Bienenstaat denken lasse, der von oben totalitär vorschreibe, weshalb das slowenische selbstgewählte Motto vom WABEN DER WORTE idiotisch sei. Und dann dachte und sprach er weiter, was er unter Redeverbot verstand: man müsse auch die Situation der Palästinenser sehen, die von allen verlassen, seit der Staatsgründung Israels in einem „Schwebezustand lebten“. Sie sind ein Problem und werden als Problem behandelt, es gibt staatlicherseits keine positive Rolle für sie. Und daß es in Israel wie im ganzen Nahen Osten keine Frieden gäbe, ohne die Palästinserfrage zu lösen.

Und dann ging es los, Unmut war schon vorher zu hören, er verharmlose den Angriff der Hamas, er relativiere, was er im Rückruf bestritt, erneut betonte, daß er deren Verbrechen nicht rechtfertige und Israel das Recht habe, zurückzuschlagen, sich zu verteidigen. Es gilt beides: die Rechte der Palästinenser stärken und den Antisemitismus bekämpfen!

Schon zuvor sind Claudia Roth, die slowenische Staatspräsidentin, der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef und die hessischen Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, (wo war der hessische Ministerpräsident Rhein?), allesamt den Angriff der Hamas verurteilt. Sie sind aber auch allesamt nicht auf die Ursache des schrecklichen Geschehens der Verschleppung und der hundertfachen Todesopfer eingegangen.

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