titelFRANKFURTER BUCHMESSE 18. - 22. OKTOBER 2023, Neue Krimibücher aus Slowenien, Teil 19

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Und jetzt ging’s um die Krimis selbst, die Trilogie, die Mojca Širok mit DER PAKT begann. Es sei ja ein absolut typischer Anfang, mit einem absolut typischen Ermittler, den sie mit dem betrunkenen Polizisten gewählt habe, ja ein geradezu konventioneller Beginn, monierte leicht der Moderator, was die Autorin lachend mit: „Meine Absicht war, Sie reinzulegen!“, quittierte. Denn sie sei selbst Krimileserin und habe diesen Trick benutzt, um den Leser, die Leserin wie von alleine in den Krimi hineinzuziehen, der ja dann um politische und verbrecherische Strukturen geht, mit denen man nicht anfangen kann, weil dann nicht weitergelesen wird.

IMG 8380Sie selbst sieht einen Niedergang des Journalismus, das Geld geht woanders hin, Medienhäuser bestimmen den Kurs, was nicht übereinstimmt, fällt einfach raus, fällt weg. Da habe es Deutschland mit drei großen Medienhäuser schon besser, weil durch die Konkurrenz die Gefahr der Verschleierung sich minimiere. Doch entgegen ihrer bisherigen Offenheit, ließ sie nun den Fragenden im Regen stehen, was man aber nachempfinden konnte. Denn, was soll eine Autorin antworten, wenn der Fragende betont, er wolle nicht spoilern, aber der Schluß sei doch sehr deprimierend, das Ende bringe keine Hoffnung, wie sie das sehe. „Das sage ich nicht!“, beschied Mojca Širok, was man verstand. Schließlich hat sie geschrieben und die Meinung dazu sollen sich jetzt die Leser bilden.

Höchste Zeit, Tadej Golob ins Gespräch miteinzubeziehen, der eine völlig andere Schriftstellerbiographie hat und dessen slowenischer Verlag schnell eine ganze Reihe seiner Krimis auf die Bühne stellte. Er kommt nicht vom Journalismus, sondern vom Fabulieren, möchte man sagen. Er ist überall zu Hause, schreibt Kinderbücher, Jugendromane, gerade einen Rad-Reiseführer, ist für seinen Alpinismus und die Schreibfolgen bekannt und durch seine Krimiserie seit 2016 in Slowenien berühmt geworden. Und ein begeisterter Hobbysportler ist er auch noch.

Und schon wieder ein Betrunkener! Sein Kommissar ist im ersten Krimi betrunken aufgewacht, er habe sich da an den skandinavischen Krimis orientiert, aber den Charakter verändert, denn der Kommissar sei jetzt abstinent, was ihm schlechte Laune mache, er sei eine frustrierte Figur, was ihn interessant mache. Er recherchiere sehr genau, denn wie man beim Bergsteigen genau auf den Schritt achten müsse, um nicht abzustürzen, so wolle er auch als Schriftsteller keine Fehler machen, weshalb er das jeweilige Ambiente, in dem sein Fall spielt, von Kundigen überprüfen lasse, er recherchiere, bis er alles genau wissen und selbst dann würde er so etwas wie Pathologieberichte von Berufenen konzipieren, auf jeden Fall von diesen überprüfen lassen.

bucherEr wolle auch zeigen, wie so ein Polizeiapparat arbeite. Sein Ermittler habe nun noch eine Besonderheit, er decke große Teile des Landes ab und wo nicht, ist er gerade zufällig dabei, wenn eine Leiche gefunden wird oder er findet sie selber. Es sei eben wirklich kein typischer Kommissar, sondern einer, der viel weiß und neugierig geblieben ist, gerade weil er frustriert ist, arbeitet er fuchsig weiter.

Tilman Spreckelsen kam auf die Adaption durch’s Fernsehen zu sprechen und was geschehe, wenn der Autor seine Geschichten aus der Hand gibt und auf der Leinwand wiederfindet. „Wie war Ihr Prozeß, erkennen Sie die Geschichten und Personen im Film wieder?“ Auch: was hat sich verändert? Ha, meinte Tadej Golob, deshalb habe er sich beim Vertrag mit dem slowenischen Nationalfernsehen extra die Ko-Autorenschaft beim Drehbuch ausbedungen. Und als er das Drehbuch erhielt, sei er schockiert gewesen, habe seine Arbeit am Buch für 14 Tage unterbrochen und detailliert die Vorlage bearbeitet, sie allergründlichst korrigiert und abgeschickt. Als er dann bei einem Filmfestival die ersten beiden Teile der sechsteiligen Serie gesehen habe, war klar, daß seine Korrekturen überhaupt nicht eingearbeitet gewesen waren, nicht be- und genutzt worden seien, sondern die alte Fassung verfilmt wurde. Aber, die Filme haben ihm gefallen, seit der Zeit hält er sich zurück und weiß, daß die Bildsprache, daß Film etwas anderes ist als Texte.
Wichtig war beiden auch die Funktion der Landschaft in Golobs Kriminalromanen, die insbesondere bei seiner Krimiserie, den ALPENKRIMIS eine Rolle spielt, deren Schauplatz am Bohini-See und in den Alpen sei. Hier sah Spreckelsen das große Gemeinsame mit den Regionalkrimis, die aus dem Boden sprießen, so fruchtbar, daß es keine Region mehr ohne eigene Krimis gäbe. Ja, es sei das Nebeneinander von Schönheit der Landschaft und Schrecken des Verbrechens, wo die Natur sozusagen die Nebenrolle spiele oder auch die Gegenseite zum Falldarstellen. Gerade durch die Schönheit des Sees, wird der Schrecken so erst recht groß.


Die letzte Frage galt der Stellung des Krimis in Slowenien heute. Er habe gehört, so Spreckelsen, daß der Krimi sich erst in den letzten Jahren durch die Erfolge von Golob zu einer eigenen Gattung gemausert habe. Nein, das sei nicht richtig, befand Golob, der Krimi sei nach dem 2. Weltkrieg aufgeblüht, allerdings habe die erfolgreiche Krimiserie dem Krimi ein anderes Standbein gegeben. Das sei ganz einfach, kommentierte Kollegin Širok, für den Erfolg der Krimis in Slowenien hat Tadej Golob gesorgt.
Es waren sich alle einig, daß endlich die beiden nächsten Bände von Mojca Široks -Trilogie übersetzt werden sollten und Tadej Golob endlich ins Deutsche gebracht werden muß.

PS. Tatsächlich gibt es von Tadej Golob auf Deutsch nur einen Jugendroman DER GOLDENEN ZAHN. Tomaž und Pero sind alpine Kletterer, die allzu gerne in den Himalaya aufbrechen wollten, was viel Geld kostet, wo vielleicht der Großvater von Franko helfen kann...Goldfund am Berg, von dem allerdings auch andere wissen. Die Gefahren lauern …

Fotos:
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Info:
Mojca Širok, Der Pakt. Roman aus dem Slowenischen von Martina Erhart, 422 Seiten, Schenk Verlag
ISBN 978-3-949045-17-2

Tadej Golob, Der goldene Zahn, Verlag Schruf & Stipetic (2018), für 12-15jährige gedacht ist.
ISB  ‏ 978-3-944359366