Vorschläge zur Sommerlektüre, am Strand, zu Hause, beim Wein, Teil 2: Weiter Biographisches

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zwei der vier Frauen heißen Furtwängler und die dritte ist auch eine verheiratete Furtwängler. Irène Némirovsky dagegen steht für einen ganzen Frauenkontinent, denn sie, die ukrainische-russische Jüdin, die mit Familie nach Paris floh und eine bekannte Schriftstellerin wurde, brachten die Deutschen im KZ Auschwitz-Birkenau am 17. August 1942 um. Der Mann ist der Liedermacher Klaus Hoffmann.

 

 

Als wenn es gar nichts wäre. Aus meinem Leben.

 

Die Autobiographie von Klaus Hoffmann aus dem Ullstein Verlag wird das Leben sehr vieler Bundesdeutscher, die im Berlin der Nachkriegszeit geboren wurden, spiegeln. Bei Klaus Hoffmann war es der 26. März 1951. Was nicht so typisch ist, wollten wir schreiben, ist der Tod seines Vaters, als er zehn Jahre war. Aber auch das ist eher typisch, denn so viele Kinder wuchsen im Nachkriegsberlin ohne Vater auf. Meist waren die im Krieg gefallen.

 

Absolut solide machte Hoffmann eine Kaufmannslehre und begann rund um die Studentenbewegung, die ihn prägte, mit den ersten Auftritten als Liedermacher. Wer in Westdeutschland aufgewachsen ist, wird im Erzählen seines Lebens so manche Figur wieder entdecken, die einem verloren gegangen war. Für uns war das beispielsweise Boy Gobert, damals Intendant des Hamburger Thalia-Theaters, dessen Tragik als Homosexueller in einer vertiert auf 'Normale“ gestutzten Bundesrepublik lag, die noch dazu oberprüde war. Wie sich die Zeiten geändert haben, sieht man dann daran, daß Klaus Hoffmann mit einem Lied wie „Wenn ein Mann einen Mann liebt“ einen großen Erfolg hat.

 

Alles in allem sind es aber mehr die Erfahrungen als Kind und Jugendlicher, die Hoffmann prägen und die ihm das Gefühl vermitteln, daß er mit seinem Erzählen endlich nach Hause gefunden habe, nämlich zu sich selbst. Darin werden sich viele wiederfinden.

 

 

DIE FURTWÄNGLERS

 

Gunna Wendt ist diejenige, die das Leben von drei Frauen ineinanderwebt, die durch familiäre Bande schon eh zusammengehalten werden: Großmutter, Mutter und Tochter. Der Name kommt vom Großvater, dem großen Dirigenten Wilhelm Furtwängler, aber die Energie, die sich mit diesen Frauen verbindet, die kommt von ihnen selbst. Schon die Großmutter, Elisabeth Ackermann, entspricht so gar nicht dem Vorurteil, daß ein Frauchchen einem bekannten Genie untertan sei. Nun, gut, sie war seine zweite Ehefrau, nachdem er schon vier außereheliche Kinder hatte und war die Witwe des im Krieg gefallenen Hans Ackermann und brachte die gemeinsame Tochter Kathrin Ackermann mit in die Ehe, zu der sich dann Sohn Andreas E. Furtwängler gesellte.

 

Was daran wichtig ist? Eigentlich nur die Großzügigkeit, mit der alle furtwänglerisch werden. Denn Kathrin Ackermann, Stieftochter des Komponisten Furtwängler, heiratet mit Bernhard Furtwängler dessen Neffen, so daß das gemeinsame Kind Maria Furtwängler ganz differenzierte und mehrfache Furtwänglerbeziehungen hat: sie ist Großnichte und Stiefenkelin.. Doch das ist nur der Hauptstrang, an dem entlang ganz eigene Frauencharaktere deutlich werden.

 

Uns hat am meisten diese Elisabeth interessiert. Über das Leben der Maria Furtwängler wird viel geschrieben, seit sie als Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm Kind und Karriere unter einen Hut bekommen will. Daß auch im Leben aller drei Frauen nicht die Karriere, sondern die Kinder das Wichtigste sind, ist neben dem Furtwänglerischen der eigentliche inhaltliche Strang.

 

 

INFO:

 

Klaus Hoffmann, Als wenn es gar nichts wär. Aus meinem Leben, Ullstein Verlag 2012

 

Gunna Wendt, Die Furtwänglers, Elisabeth Furtwängler, Kathrin Ackermann, Maria Furtwängler, Verlag LangenMüller 2010