„Die guten Frauen von Christianssund“ von Anna Grue aus dem Atrium Verlag
Martina Ober
Ingelheim (Weltexpresso) - Die Estin Lilliana putzt wie jeden Abend zusammen mit ihrem Kollegen Benjamin die Büroräume der Werbeagentur Kurt&Co in Cristianssund. Sie ahnt nicht, dass dort schon seit Stunden, in einem Wandschrank versteckt, ihr Mörder auf sie wartet.
Brutal wird sie während der kurzen Abwesenheit ihres Kollegen erdrosselt. Ein minutiös genau geplantes Verbrechen, das bei der ortsansässigen Polizei eine Menge Fragen aufwirft.
Wer sollte Interesse haben am Tod der unauffälligen jungen Frau, von der weder Nachname noch Wohnort bekannt sind? In Christianssund, einer beschaulichen, wohlhabenden Kleinstadt nahe Kopenhagen, ist das Opfer eine unscheinbare Randfigur der Gesellschaft. Nachdem Benjamin, der Kollege des Opfers, als Täter ausscheidet, konzentriert sich Kriminalkommissar Flemming Thorp auf die Angestellten der Werbeagentur als Tatverdächtige.
Eine schnelle Lösung des Falls erhofft er sich durch die Hilfe seines langjährigen Freundes Dan Sommerdahl. Sommerdahl, leitender Angestellter der Firma, befindet sich wegen einer Depression seit längerem im Krankenstand. Er kennt das Opfer und die möglichen Tatverdächtigen und kann auch sonst mit wichtigen Insiderinformationen aufwarten. Tatsächlich erfährt er in einem Gespräch mit einem Kollegen von der Nigerianerin Sally, mit der Lilliana sich die Wohnung teilte. Sally ist seit Wochen schon verschwunden. Auch hier geht die Polizei bald von einem Verbrechen aus. Beide Frauen halten sich illegal im Land auf. Die Ermittlungen führen zu der Organisation „Chick Support Global“, die sich um die betroffenen Frauen kümmert. Wie sich herausstellt, nicht nur zum Wohl der betroffenen Frauen, sondern zum großen Teil aus reiner Profitgier. Ist aus diesen Gründen der Mörder in diesem Kreis zu suchen?
In das Zentrum der Ereignisse geraten unversehens auch Lillianas Kollege Benjamin und seine Mutter Alice. Zwei Menschen, die auf der Flucht vor dem gewalttätigen Vater und Ehemann, John Frandsen, unter falschem Namen schon seit Jahren ein zurückgezogenes Leben in Christianssund führen. Jetzt ist Frandsen unerwartet in der Stadt aufgetaucht und aus Furcht vor Entdeckung bittet Alice ihre Hausärztin Marianne Sommerdahl, ihnen vorübergehend Zuflucht zu gewähren.
Der Kreis der Verdächtigen ist groß und es bleibt abzuwarten, wem es gelingt, den Fall zu lösen. Ist es die Polizei mit ihrer gründlichen, aber eingefahrenen Ermittlungsarbeit oder ist es Sommerdahl mit seiner eigenwilligen Art? Sommerdahl, der anfänglich nur seine Insiderkenntnisse der Werbeagentur nutzen wollte, seinem Freund Thorp zu helfen, hat Gefallen gefunden am Detektivspiel. Da er unkonventionell an die Sache rangeht und zudem von seiner Ehefrau Marianne mit Informationen versorgt wird, die sich als relevant für den Fall erweisen, gelingt es ihm, der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein. Er ist es am Ende auch, dem die Lösung des Falles zugeschrieben wird und der in der heimischen Presse den Spitznamen „der kahlköpfige Detektiv“ erhält.
FAZIT:
Anna Grue, eine in Dänemark gefeierte Krimiautorin, hat mit „Die guten Frauen von Christianssund“ den ersten von insgesamt 6 Teilen der Krimiserie mit Dan Sommerdahl als Ermittler vorgelegt. Daß ihr Roman von der ersten bis zur letzten Seite spannend sei, kann man nicht behaupten. Dazu wird das Familienleben des Hauptakteurs Dan Sommerdahl zu sehr in den Mittelpunkt gerückt, ja ausgewalzt: Sommerdahl, gerade halbwegs von einer Depression genesen, versucht, wieder Anschluss zu finden an sein altes Leben als Kreativdirektor bei der Werbeagentur Kurt&Co, seine Frau Marianne, Ärztin im Ärztehaus von Christianssund und seine beiden Kinder Rasmus und Laura. Selbstverständlich darf in diesem harmonischen Bild einer Familie der Familienhund Luffe, ein alter Labrador, nicht fehlen. Ein Lesevergnügen für alle, die Gefallen finden an ruhiger Krimiliteratur.