sweet homeDu bist nirgends sicher, von Norbert Horst, Goldmann Verlag

Elisabeth Römer

Hamburg (Weltexpresso) – Also, der Titel ist zwar nicht irreführend, aber doch so was von nichtssagend, dabei ist dies Krimigeschehen sehr konkret und verzichtet, das ist ein Lob, auf Geschmuse und all zuviel Privatheit, die bei der Klärung von Mord und Totschlag so oft fehl am Platz ist. Dem DANK des Autors am Schluß kann man entnehmen, daß dieser Krimi der zehnte im Goldmann Verlag ist und daß er früher tatsächlich Kriminalhauptkommissar war und immer wieder Dienst für die Polizei übernahm- in Nordrheinwestfalen, wo auch die Krimis spielen.

Der Hinweis ist wichtig, weil man sich sonst über so manche Worte wundern würde, die im allgemeinen Sprachgebrauch nicht vorhanden sind, aber spezielle Ermittlersprache sind, die wir jetzt nicht aufführen wollen, die wir aber für den Alltag von Polizeiarbeit wichtig fanden. Denn der überwiegende Teil im Buch ist das, was die Kriminalpolizei jeden Tag tut. Beobachten, recherchieren, mit Kollegen sprechen, Akten wälzen, Telefongespräche abhören, zu Kollegen anderen Ortes Fahren, telefonieren, telefonieren, telefonieren, inzwischen auch SMS und Whatsapp schicken und lesen etc.

Drei Personen treiben die Handlung voran und das im Team, wobei zwei dienstlich verbunden sind:
Camilla Lopez ist Staatsanwältin, ihr Name verweist auf kubanische Wurzeln und ihre Dienststelle ist in Essen, wo sie Dezernentin für Kapitaldelikte ist, also Mord und Totschlag. Sie arbeitet mit zwei Schulfreunden zusammen, von denen einer auch einen dienstlichen Bezug hat.

Deniz Müller ist Kriminalhauptkommissar, sehr erfolgreich in seiner Arbeit und auch gut gelitten von Kollegen. Er ist Leiter der Mordkommission und bei seinem Vornamen hat sich seine türkische Mutter durchgesetzt. Wie seine dienstliche Funktion auf einmal mit der Tagespolitik zusammenhängt, kann man dem Politikteil der Zeitungen dieser Tage entnehmen, wo der Kanzlerkandidat der CDU verlautbart, die Polizei müsse Haftbefehle aussprechen können. Da sollte Merz doch mehr Krimis lesen, denn jeder Krimierfahrene weiß, daß die Haftbefehle immer von den Staatsanwälten ausgesprochen werden müssen. Von daher ist die Schulfreundschaft von Kommissar und Staatsanwältin ein geschickter Schachzug des Autors.

Zum Team gehört aber auch ein weiterer Schulfreund, Alexander Rahn, genannt Alex, der Journalist ist und für das investigative Internetportal „Watching the West“ schreibt und einfach sehr viel mehr mitbekommt, als die Polizei, die, wenn sie auftritt, manche zum Schweigen bringt, was man einem unauffälligen Journalisten dagegen gerne anvertraut.

Das Entscheidende ist, daß diese drei sich aufeinander verlassen können und sich mögen, was auch für diesen Fall wichtig ist, denn ansonsten wäre es sicher für die Staatsanwältin tödlich ausgegangen. Erstaunlich, daß der kriminelle Sachverhalt tatsächlich 367 Seiten füllt. Mit Recht. Kern ist ein Täter, der sich durch einen originellen Einstieg in Wohnungen, in dem er Badezimmerfenster präpariert, nächtlich Frauen nähert, allerdings nur solchen Frauen, die alleine leben, was bei Frauen von in Gefängnissen Inhaftierten sehr wahrscheinlich ist. Diese Frauen zwingt er, entweder ein Fläschchen zu trinken, voll von dem, was wir als K.O.Tropfen kennen, oder, weil man niemanden zum Trinken zwingen kann, er verpaßt ihnen eine entsprechende Spritze. Wie man am Schluß lernt, sind solche lahmgelegten Personen dennoch zu Bewegungen fähig, denn der Täter läßt bei der anschließenden Vergewaltigung eine Handykamera laufen,die suggeriert, daß die doch bewußtlosen Frauen sich mit Sex einverständlich zeigen.

Anschließend läßt er die Aufnahmen den Frauen zukommen mit dem Hinweis, daß er sie veröffentlicht, wenn sie sein kriminelles Verhalten publik machen. Da es sich bis auf den letzten Versuch immer um Frauen mit Migrationshintergrund und einem kriminellen Ehemann handelt, wird noch verständlicher, warum sich die Frauen nicht wehren, sondern die Scham in sich hineinfressen und niemandem etwas sagen, aber krank werden.

Das Ganze wird aufgerollt, weil ein Toter gefunden wird, der geradezu primitiv ‚entsorgt‘ wurde und wo wir – echt spannend – miterleben, was die Polizeibeamten in dieser Situation tun, um sehr schnell über die Reifenspuren auf das Auto, über den Halter an den Täter kommen. Doch der Zusammenhang mit dem oberen Sachverhalt kann nicht erkannt werden, denn der Auftraggeber für diesen Mord sitzt im Gefängnis und hat dem Mörder die falsche Person, den falschen Mann genannt, da er ihn für den Vergewaltiger seiner Frau hielt. Für die Polizei war er aber so unverdächtig, wie er tatsächlich war.

Durch welche Zufälle sich dann Zusammenhänge ergeben, die zum Täter führen, das eben ist gute Polizeiarbeit, die, so ist das heute, ohne Internet und ohne die modernen Methoden des Nachweises von DNA und anderem nicht mehr denkbar sind. Im übrigen wird mit dem Täter auch der gefunden, der immer wieder Interna aus der Polizei veröffentlicht hat. Aha.

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Info:
Norbert Horst, Sweet Home. Du bist nirgends sicher, Goldmann Verlag, Originalausgabe Januar 2025
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