Serie: Frankfurter Buchmesse vom 4. bis 11. Oktober 2014, Teil 4
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Vergleicht man die Ankündigungen, was dieses Jahr neu sei bei der Frankfurter Buchmesse über die Jahre hin, so bekommt man die Wandlungen erst so richtig mit. Uns ging es diesmal bei der großen Ankündigungskonferenz im September so: es fehlen die Filme und der Verweis auf die Literaturverfilmungen.
Dabei gibt es den Preis der Buchmesse für die beste Literaturverfilmung, der bei der Pressekonferenz zum Hessischen Kino- und Filmpreis verkündet wird, der weiterhin am Buchmessenfreitag in der Alten Oper gefeiert wird, aber es wird auf Seiten der Buchmesse nicht mehr viel darüber geredet. Stillschweigend hatte sich die Buchmesse zudem von ihren Vorvorjahren verabschiedet, wo ein veritables Kino im Forum eingerichtet worden war und die tollsten Filme die Buchmessentage kostenlos zu sehen waren. Damit ist Schluß. Wie meinen zu Recht. Die Leute – Fachleute und Besucher - sollen die Buchmessenstände besuchen. Die Verbindung von Literatur und Film – immer wieder kommt es ja auch umgekehrt, daß ein Buch nach einem Film geschrieben wird – ist einfach gegeben und bleibt auch dann gut, wenn man sie nicht mehr so hoch hängt, denn Buch bleibt Buch und Film Film.
Großes Thema der diesjährigen Buchmesse soll Megacity sein, also so etwa das Gegenteil vom kleinen gemütlichen Frankfurt, was sich dann aber in „Urbanität und Megastädte“ als urban eingruppieren läßt. Dazu gibt es Diskussionen und Ausstellungen. Gleichzeitig preist Direktor Juergen Boos die Buchmesse Frankfurt - die eigentlich die Weltleitmesse ist, ein Sprachgebrauch, der bei den anderen großen Messen verwandt wir, die einzig in der Welt von den Ausstellerzahlen und Besuchern her sind - also: Juergen Boos preist die Buchmesse als Maschinenraum an, der das Buch in der Welt am Laufen hält und er spricht von Frankfurt als der Welthauptstadt der Ideen, leider nur zu Messetagen, muß man kleinlaut hinzufügen, darf sich aber doch über so was freuen. Wenn es stimmt. Aber warum sollten die rund 300 000 Besucher in den Tagen der Messe, was ja einer größeren Stadt entspricht, nicht diese geistige Kraft entwickeln, die – durch die Messe gelenkt – zu etwas Gutem führt.
Es fielen wunderbare Begriffe wie „Ort, bei dem man Menschen beim Denken zusehen kann“ für diesen Ameisenbau, auch ein Synonym für die Messelandschaft dieser Tage, „wo alle wissen, was sie zu tun haben, jeder macht etwas anderes, aber zusammen ist es etwas Gutes.“ (Boos) Über die vielen Neuerungen informiert Sie der folgende Artikel. Wir wollen nur auf einen neuen Preis dezidiert, auf einen zweiten berichtend eingehen. Es gibt den LITERATURPREIS DER EUROPÖÄISCHEN UNION, dessen Gewinner auf einer Veranstaltung am Mittwoch, 8. Oktober von 10 bis 11.30 Uhr im Neuen Lesezelt auf der Agora verkündet wird und der dann gleich mitdiskutieren soll, wenn nach der Bekanntgabe durch die EU-Kommissarin für Kultur, Bildung, Mehrsprachigkeit und Jugend Androulla Vassiliou Schriftsteller über den Mangel eines öffentlichen Kulturraums in Europa diskutieren.
Denkt man einmal an die europäische Identität, den die Champions League im Fußball gestiftet hat, wo Beine nach Geld bezahlt werden und Nationalitäten schon lange keine Rolle mehr spielen, sieht man sofort, daß sich die Schriftsteller allein auf ihre Nationen beziehen, was aber auch naheliegend ist, denn ihr Arbeitsmittel ist die Sprache und die ist national, wenn man von den furchtbaren englisch-amerikanischen Zurichtungen einmal absieht. Lassen wir uns überraschen, denn genauso richtig ist, daß die gesellschaftlichen Fragen der Zeit in Dänemark nicht anders aussehen als in Griechenland oder Deutschland.
Auch ein Publikumspreis wird neu eingerichtet. Der wird am Samstag, 11. Oktober auf der Messe verliehen und heißt THE BEAUTY AND THE BOOK, weil er das schönste Buch prämieren soll. Die Abstimmung läuft über das Internet und sicher werden wir über das Ergebnis berichten.
Wichtig bleiben unterm Strich die Zahlen. Denn der geistige Erfolg ist das eine, der ökonomische sorgt dafür, ob die Buchmesse das bleibt, was sie war und gegenwärtig ist: Mit 7300 Ausstellern aus fast 100 Ländern bleibt die Buchmesse in etwa so groß wie die bisherigen, intern verschieben sich aber die Gewichte, weil der Anteil deutscher Aussteller abnimmt, der internationaler aber zunimmt. Mit einer wichtigen Ausnahme. Auch der Anteil der englischsprachigen Aussteller nimmt ab. Für Juergen Boos ist das ein Fingerzeig – und vielleicht die wichtigste Meldung des Tages – daß der amerikanische Markt, der die Welt bisher beherrschte, seine Dominanz etwas zurückschrauben muß zugunsten des Anwachsens eine asiatischen Marktes, der aber nicht mehr durch Indien repräsentiert wird, sondern durch China, Südkorea und Japan in vorderster Linie. Letzteres erscheint uns besonders interessant. Wir bleiben am Ball. Fortsetzung folgt.
Foto: Direktor der Frankfurter Buchmesse Juergen Boos
INFO:
Über die Frankfurter Buchmesse
Die Frankfurter Buchmesse ist mit 7.300 Ausstellern aus über 100 Ländern, rund 275.000 Besuchern, über 3.700 Veranstaltungen und rund 9.000 anwesenden akkreditierten Journalisten die größte Fachmesse für das internationale Publishing. Darüber hinaus ist sie ein branchenübergreifender Treffpunkt für Player aus der Filmwirtschaft und der Gamesbranche. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildet seit 1976 der jährlich wechselnde Ehrengast, der dem Messepublikum auf vielfältige Weise seinen Buchmarkt, seine Literatur und Kultur präsentiert. Die Frankfurter Buchmesse organisiert die Beteiligung deutscher Verlage an rund 20 internationalen Buchmessen und veranstaltet ganzjährig Fachveranstaltungen in den wichtigen internationalen Märkten. Mit der Gründung des Frankfurt Book Fair Business Clubs bietet die Frankfurter Buchmesse Unternehmern, Verlegern, Gründern, Vordenkern, Experten und Visionären ideale Voraussetzungen für ihr Geschäft. Die Konferenzen CONTEC und STORYDRIVE gehören dabei zu den etablierten Treffpunkten. Die Frankfurter Buchmesse ist ein Tochterunternehmen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.