Internationale Fachtagung zum Leben und Werk des „magischen Dichters“ Franz Spunda in dessen Geburtsstadt Olmütz
Alexander Martin Pfleger
Olmütz (‚Weltexpresso) - Er war niemals ein „kanonischer Autor“, aber auch nie ganz vergessen – Franz Spunda (1890 – 1963), einer der Klassiker der deutschsprachigen Phantastik, erlebt seit einigen Jahren ein publizistisches „Comeback“. Nun trägt auch die literarhistorische Forschung diesem rezeptionsgeschichtlichen Paradigmenwechsel Rechnung.
Lange Zeit war Franz Spunda lediglich mit Werken wie „Devachan“ (1921) oder „Baphomet“ (1928) als einer der Hauptvertreter der phantastischen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts neben Gustav Meyrink, Hanns Heinz Ewers, Karl Hans Strobl, Paul Busson, Leo Perutz, Alfred Kubin, Jakob Elias Poritzky oder Alexander Moritz Frey im literarischen Bewußtsein der Gegenwart präsent. Allenfalls spielte er noch eine mehr oder minder untergeordnete Rolle im Zusammenhang mit dem diffusen Begriff der „NS-Literatur“ – als keineswegs besonders prominenter „Fall“, den er darstellte, war und ist die Rolle, die er während des „Dritten Reiches“ tatsächlich spielte, noch kaum hinreichend erforscht.
War er ein Mitläufer oder, hinsichtlich seiner okkultistischen Ambitionen, gar ein irrationalistischer Vorläufer und Wegbereiter des Nationalsozialismus? Oder brachten ihn gerade seine konsequent betriebenen Studien auf dem Gebiete der Esoterik, die ihn, trotz großdeutscher Ambitionen, die Kabbala und andere jüdische Traditionen nicht vernachlässigen ließen, nicht zwangsläufig in Opposition zur NS-Ideologie und machten aus ihm den Repräsentanten einer „subtilen inneren Emigration“ (Lukáš Motyčka), der sich an den Idealen klassischer Humanität orientierte?
Der Lehrstuhl für Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Palacký-Universität in Olmütz und die Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur laden am 3. und 4. Oktober 2014 zu einer Konferenz ein, die sich diesen und anderen Fragen bezüglich Franz Spundas Leben und seines höchst vielgestaltigen und umfangreichen schriftstellerischen Werks zu widmen sucht. Ob als eigenwilliger, mystisch-ekstatischer Lyriker in der Nachfolge des Expressionismus, als Autor historischer Romane, als Übersetzer Petrarcas, Ossians und Leopardis, als Reiseschriftsteller sowie als Autor essayistischer Studien über Paracelsus und über die Mönchsrepublik auf dem Athosberg – bei Franz Spunda gibt es noch viel zu entdecken!
Die Tagung:
FRANZ SPUNDA IM KONTEXT
3. Oktober 2014, FREITAG (Konvikt)
Anreisetag
Programm:
18:00 – 19:00
Grußwort: Dr. Christoph Spunda (Wien)
Grußwort: Prof. Ludvík Václavek (Olmütz)
19:30
Gemeinsames Abendessen
4. Oktober 2014, SAMSTAG (Konvikt)
9:00 – 10:15
Dr. Christoph Fackelmann (Wien): „Konservativrevolutionäre“ Kunstdiskurse in Franz Spundas Griechenlandliteratur
Dr. Christopher Meid (Oxford): Franz Spundas Reiseberichte über Griechenland zwischen Okkultismus und Nationalsozialismus
10:15 – 10:30 Pause
10:30 – 11:45
Doz. Jörg Krappmann (Olmütz): Meta- und paratextuelle Überlegungen zu Franz Spundas Verortung in der Literaturgeschichte
Mgr. Aneta Horáková (Olmütz): Magie und Okkultismus in Aufsätzen von Franz Spunda
12:00 – 14:00 Mittagspause
14:00 – 15:15
Prof. Ingeborg Fiala-Fürst (Olmütz): Spundas Roman „Der Herr vom Hradschin“
Mag. Claudia Strohdorfer (Tulln): Die Zentralkommission zur Bekämpfung von NS-Literatur und der Fall „Franz Spunda“
15:15 – 15:30 Pause
15:30 – 16:45
Dr. Milan Horňáček (Olmütz): Der Gotenmytos in Franz Spundas historischen Romanen „Wulfila“, „Alarich“ und „Das Reich ohne Volk“
Mag. Alexander Martin Pfleger (Glattbach): „Gottesfeuer“ oder „Wellenglitzern... über dunklen Strömen“ – das Bildnis Giordano Brunos in den Werken Franz Spundas und Erwin Guido Kolbenheyers. Ein Vergleich
18:00 – 19:15
Lesung aus dem Werk Franz Spundas
(Dr. Birgit Feierl-Giedenbacher, Doz. Karsten Rinas – Musik Dr. Marek Keprt)
19:30
Gemeinsames Abendessen
5. Oktober 2014, SONNTAG
10:00 – 11:00
Stadtführung mit Dr. Oldřich Břenek
Abreise
Die Veranstalter bedanken sich für die finanzielle Unterstützung bei der Palacký-Universität in Olmütz und dem Österreich-Zentrum in Olmütz.
Diese Tagung wird im Rahmen des Projektes „Podpora vytváření excelentních výzkumných týmů a intersektorální mobility na Univerzitě Palackého v Olomouci“ (reg. č. CZ.1.07/2.3.00/ 30.0004) veranstaltet.
INFO:
Und wer mehr über die deutschsprachige Literatur und Kultur in, um und aus Olmütz in den vergangenen 200 Jahren erfahren möchte, dem sei diese zweisprachige Buchveröffentlichung empfohlen, die im Rahmen eines Projektes der »Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur am Lehrstuhl für Germanistik« an der Palacký-Universität in Olmütz entstanden ist:
Lukáš Motyčka, Veronika Opletalová: Literarische Wanderungen durch das deutsche Olmütz | Literární procházky německou Olomoucí
Univerzita palackého, Olomouc 2012, Geb., 176 Seiten
ISBN 9788024430256.
Preis: Ca. 22 Euro
Neben Franz Spunda trifft man hierin auch auf Ferdinand von Saar, Edmund Husserl, Peter Härtling, den Opernsänger Leo Slezak oder den Operettenkomponisten Leo Fall, aber auch auf eine Reihe heute weitgehend vergessener Autorinnen und Autoren, deren Wiederentdeckung nach der Lektüre dieser literarischen Streifzüge besonders wünschenswert erscheint.