Serie: 20. Premio Enit für die 'besten' Reiseführer Italiens, Teil 1
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Seit Jahren prämiert der italienische Tourismusverband ENIT die besten deutschsprachigen Reiseführer über Italien im Vor- und Umfeld der Frankfurter Buchmesse. Warum dies so ist, erläuterte der auch für Deutschland zuständige Direktor Marco Montini in seinem zauberhaften Deutsch: mit rund zehn Millionen Touristen sind die Deutschen die wichtigsten Gäste im Lande.
Und Reiseführer lenken unter Umständen noch mehr Touristen ins Lieblingsland der Deutschen, wobei man nicht einmal Goethe zitieren muß, der Mignon äußern läßt: „Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühn...“ Italien hat Konjunktur, hatte sie und wird sie haben. Trotzdem nicht schlecht, mit einer Prämierung von Reiseführern diesen Standortvorteil für Deutsche abzusichern. Von der Preisverleihung, die in fünf Kategorien und drei 'Sonderprämierungen' unterteilt war, werden wir noch berichten. Vorab aber müssen wir einfach über die Sonderprämierung AUF DEN SPUREN VON DAN BROWNS INFERNO. Thrillerschauplätze in Florenz, Venedig & Istanbul von Helena Julian, erschienen bei books & friends, zu sprechen kommen.
Dies handliche und einfach schön aufgemachte Buch hat uns nämlich den Abend über, wo es unendlich viele Reden und eben die vielen Preisübergaben gibt, Augen und Geist geöffnet, während die Ohren ordentlich den Ansprachen, Reden, Begründungen und Dankesworten lauschten, die im nächsten Artikel zu Wort kommen. Grundsätzlich gefällt am Buch einfach die Aufmachung von Text und Bildern, wo auf den Seiten der Informationsextrakt noch einmal gelb hervorgehoben ist, die stärker schauplatzorientieren Teile auf weißem Hintergrund von den thematischen Hintergründen auf Gelb geschieden sind, die dann heißen: Lesen und Schreiben im Mittelalter oder Die Pest von 1348, aber auch: Die heilige Lucia von Syrakus oder Enrico Dandolo.
Aber da sind wir schon weit vorgeprescht, denn erst einmal führt uns die Autorin mit einem kleinen Sprachwitz in ihren Reiseführer auf den Spuren von INFERNO des Bestsellerautors Dan Brown ein: DANTE UND DAN: Zwei Schreiber erfinden das Inferno. Darauf muß man erst mal kommen und was folgt, ist ein Hintergrundwissen, an dem zu partizipieren Spaß macht. Wer war Dante und was ist die GÖTTLICHE KOMÖDIE und warum wollte Dan Brown die Hölle zum Thema machen und nicht das Paradies? Und weshalb wollte er ausgerechnet am 14. Mai 2013 INFERNO veröffentlichte – und noch dazu weltweit (Seite 7)? Weil dies der erste Tag des Jahres 1265 ist, an dem man den Geburtstag von Dante Alighieri in Florenz annimmt – der erste Tag, weil es auch der 13. Juni und alle Tage dazwischen gewesen sein können. Nur spätestens am 13. war er dann geboren und einer wie Brown nimmt dann lieber den frühesten Termin, denn er nutzt jeden Tag aus für seine Thriller.
Gute Idee und alles was folgt, worüber wir im letzten Jahr im Vorfeld der Buchpremiere INFERNO lasen, das gibt es hier noch einmal im Detail, nämlich, wie das war, daß am 14. Mai weltweit die Übersetzungen mit dem amerikanischen Original veröffentlicht wurden. Nein, alles wollen wir hier nicht verraten. Selber lesen, es lohnt. Aber daß die Keller des Mondadori Verlages eine Rolle spielten und dessen ehrwürdige Geschichte auch noch erzählt wird, freut jemanden, der weiß, daß Verlagsarbeit die Kärrnerarbeit ist, der wir die Bücher in unseren Händen verdanken, was auch für den deutschen Verlag von Dan Brown gilt: den Lübbe Verlag.
Books & friends, der eher kleine Verlag aus Essen hat übrigens schon andere Dan Browns auf die Schauplätze hin abklopfen lassen – SAKRILEG in Paris und ILLUMINATI in Rom, was wir nach diesem Buch sicher auch studieren wollen, denn Helena Julians Spurensuche nachzuempfinden macht einfach Spaß. Und so überlegen wir beim Lesen und Blättern: Wir sind zwar gerade richtig, weil wir INFERNO von Dan Brown nun wirklich gründlich gelesen haben, was die unten als Link verzeichneten Artikel verdeutlichen, aber, so empfinden wir beim Eintauchen in diesen Reiseführer der Orte des Buches: es könnte auch anders herum sein.
Denn, wenn ich erst nach Italien komme und auf dieses Buch stoße oder es zu Hause beim Florenz- (Venedig-, Istanbul-)besuch einpacke, kann mich dies Buch und das Auffinden der Schauplätze genauso erst recht motivieren, das Original, den echten Dan Brown zu lesen. Im besten Sinne ist dies also eine Vorbereitung für den Roman, wie ein gleichzeitiges Verfolgen, wenn ich nämlich alle drei Orte aufsuche, wie auch ein Nachbereiten.
Wir aber sind immer noch am Anfang, wo längst Dan Brown selbst zu Wort kommt und uns über das Leben und dessen Wiedergabe in der Literatur aufklärt. Denn, als er an INFERNO schrieb, erzählt Brown, hatte er derartige Höllen-Alpträume, daß er diese flugs seiner Hauptfigur, Robert Langdon, verpaßte und zwar gleich am Anfang, als dieser mit einem Alptraum aufwacht. Es wäre nicht so wichtig, ist aber trotzdem interessant, zu hören, daß der Autor dreimal nach Florenz reist, weil sich die Geschichte eben auch mit den Aufenthalten in ihm weiterentwickelt hat.
In Helena Julians Buch lernt man dann auch noch einen anderen Dante kennen, als den aus der Literatur- und Kunstgeschichte (wegen der Illustrationen von Botticelli) bekannten Dichter. Wie eminent politisch auch Dante war, ist weniger bekannt und gehört zu den wichtigen Informationen im Buch über Dan Browns Roman hinaus. Als politisch den Weißen zugehörig und in Florenz in Amt und Würden, mußte Dante die Stadt sofort verlassen, als die Schwarzen ans Ruder kamen: „ein einsames Leben in Verstecken, aber auch die intellektuelle Auseinandersetzung mit der Welt.“
Auch über Dantes GÖTTLICHE KOMÖDIE erfährt man mehr, als Dan Brown ahnen läßt, wobei die Autorin eindeutig wird: „Man muß die Commedia nicht gelesen haben, um Dan Browns Inferno zu verstehen.“(29) Das ist völlig richtig, verhält sich aber in etwas so, wie mit diesem Buch. Man muß Dan Browns INFERNO nicht gelesen haben, um auch an Helena Julians AUF DEN SPUREN VON DAN BROWNS INFERNO seine Freude zu haben und seine Wißbegierde zu stillen. Doch für den wahren Genuß gilt dann schon: lesen sie alle drei, das Original Dante, den Thriller von Dan Brown und das, was Helena Julian über die Schauplätze in den drei Orten: Florenz, Venedig & Istanbul herausgefunden hat. Fortsetzung folgt.
INFO:
Helena Julian, Auf den Spuren von Dan Browns INFERNO. Thriller-Schauplätze in Florenz, Venedig & Istanbul, books&friends, Essen 2013
Unsere Besprechungen von Dan Browns INFERNO im Weltexpresso
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/1772-zwischen-transhumanismus-und-dante