Gastland Finnland der Frankfurter Buchmesse 2014, Teil 11
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – In der Tat ist das faszinierend, wie Jahr auf Jahr der erste Stock im Forum, der das Zuhause des jeweiligen Gastlandes ist, sich in neuem Gewand präsentiert und von daher auch neue Gefühle in einem auslöst. Diesmal – aber das ist am Tag vor der Buchmesse, ist er so weit und leer, wie man sich Finnland in der Weite seiner Landschaft vorstellt.
So wird es nicht bleiben und sicher werden wir reflektieren, wie das Ganze mit viel Volk wirkt. Jetzt aber wollen wir die Konzeption, so wie wir sie beim Durchwandern erlebten, weitergeben. Man kommt durch eine der vielen Türen hinein, wird aber sofort absorbiert, magisch angezogen von einem großen runden Kreis, an dem im Inneren Bänke im Halbrund angebracht sind, auf denen heute nur ein einziger Journalist sich mit dem W-Lan-Empfang ins Schreiben hineinsteigert. Die Fläche im Kreis erinnert durch den Boden an einen der finnischen Seen, wobei das diejenigen, die schon in Finnland waren, besser verstehen, denn in der Region der Seenplatte, da herrscht genau diese Stille und das Spiegelnde auch.
Die große Gesamtfläche wird einmal durch diesen offenen Kreis unterteilt, dann aber auch durch ebenfalls kreisrunde Pavillons, die aber stärker in der Höhe geschlossen sind mit Eingängen, bei denen einem aber klar ist, daß man hier einen abgeschlossenen Bereich betritt. Wie ein Zelt, aber ganz oben offen. Im ersten ratschlagen gerade drei Personen heftig, die lassen wir in Ruhe und wandern zum nächsten Rund. Das entpuppt sich als die größte Fläche überhaupt. Denn hier ist die Bühne eingerichtet, wie in der Arena im Rund der Zuschauer. Hier finden Lesungen statt, wissen wir sofort, aber auch, daß das Klavier natürlich auch gespielt werden wird. Musik ist immer gut und wichtig auch.
Aber das nächste Rund wird unseres. Es heißt BRAIN POETRY und da steht auch noch Brains on Art. Zwei Helfer erzählen uns erst einmal, um was es geht. Aber viel sinnvoller ist es, gleich in Aktion zu treten. Und das tut Aleksander Alafuzoll. Einen Namen sollen wir uns aussuchen. Na, gerne und dann wird das Maschinchen angeworfen , das – wie phantasieren jetzt, denn technisch sind wir eine Null – einen poetischen Zufallsgenerator in Gang setzt: denn wie beim Goldesel wird auch hier geschissen: nur kommt ein Gedicht heraus. Ein Gedicht, das nur mir gilt und keiner anderen. Hier ist es:
DOCH DEINER SCHWINGE WAR DER NACHT GELEIT
BIS DU MEIN HIMMEL WIRST UND MICH UMFÄNGST
WENN VOR DER ABENDDUNKELEN BESIEGUNG….
Ja, wie, was, das Gedicht war doch viel länger, aber als der ausgedruckte Streifen aus dem Maschinchen kam, da verließ ich mich auf das Papier, das gesamte Gedicht in Schwarz auf Weiß zu haben. Aber auch so ist es wunderschön und, ich bin für jemanden der Himmel und umfange: wen? Die abenddunkele Besiegung allerdings gibt mir zu denken und kann die Poetik des Anfangs nicht ganz neutralisieren….aber das Gefühl von Schönheit der Sprache, der zufälligen, nehme ich mit. Und dann großes Gelächter. Denn Kollege Martin ist auch hier und sein Gedicht, stellt das meine noch in den Schatten, auch seines sehr poetisch, viel viel länger und dann wird er als „fröhlicher Zecher“ angesprochen. Wie kann die Maschine wissen, daß das stimmt? Auch er geht glücklich von dannen mit seinem Gedicht unterm Arm.
Als nächstes nehmen wir uns die Rückseite des Kreises vor. Der hat ein Regalbrett – natürlich ein rundes – rundherum, auf dem Bücher stehen. Magnetisch zieht uns Aki Kaurismäke an, dieser so finnische wie Weltregisseur, der nach Frankfurt kommen wollte, im Filmmuseum groß angekündigt und von dem am gleichen Tag bekannt wurde, daß er in Finnland bleibt. So müssen wir uns hier mit seiner Werkauswahl auf Deutsch zufrieden geben, wobei der Alexander Verlag mit mehreren Büchern vertreten ist, von denen wir „A.K. über A.K.“ länger studieren.
Längst sind wir bei den Theken. Raffiniert gemacht. Die hintere ist die des Finnland Cafés, aber die vordere ist eine beidseitige benutzbare Lesetheke, also nieder, so daß man auf den Hockern sitzend in Sitzhöhe die Bücher gut lesen kann. Wir greifen nach Jorma Luhta, Wanderers in the North und wundern uns über das Englisch. Da hilft uns Maria Antas, die das literarische Programm der Finnen auf dieser Buchmesse verantwortet. Auf Englisch werden die Bücher herausgebracht, von denen man sich – wie bei Natur oder Design – auch einen internationalen Markt verspricht. Selbstverständlich nur zusätzlich zur finnischen Ausgabe. Wie das mit dem Finnlandschweden ist und welche Bücher die lesen, kommt ein anderes Mal.
Wie gut, d aß wir beim Herausgehen noch das Kinderrund besuchten. Sensationell, auch wenn wir kein Kind dabei hatten. In bunten Farben haben neun Künstler, die nun alle zufällig zur schwedische Minderheit gehören (rund 5 Prozent der Finnen, also rund 300 000 Leute), diesen Raum gestaltet, damit Kinder sich wohlfühlen und deren Eltern sich auch, wenn sie nämlich ihre Kinder hier ‚abgeben‘ können. Gute Idee, zudem haben die Künstler noch weitere Kindertreffs in Frankfurt für die Buchmessenwoche geschaffen. Fortsetzung folgt.
www.brainsonart.com