Diskussion und Buchvorstellung auf der Frankfurter Buchmesse 8. bis 12. Oktober 2014, Teil 20

 

Heinz Markert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Labore, um die es sich handelt, reichen von Kairo über Russland und Peking bis nach Kiew. Ein Zentrum der Erschließung und Inhabitation für aufkommend neu-progressive Kunsträume liegt unter anderem auch in Kiew.

 

'Innovative Orte...in Zeiten des Umbruchs' - wie könnten sie in die Gesellschaft rückwirken?

 

Es diskutierten: Mikhail Gnedovsky (Rußland), Cultural Policy Institute Moskau

Karima Mansour (Ägypten), Tänzerin und Choreografin

Johannes Ebert (Deutschland), Generalsekretär des Goethe-Instituts

Moderation: Anne-Bitt Gerecke (Deutschland), Goethe-Institut

 

'Progressive Menschen haben nach etwas Neuem gesucht' und 'zeitgenössische Kunst hereingebracht', diese Formulierung, für Kiew vorgetragen, kann als programmatisch gelten. Der Neu- oder auch der Erst-Versuch ist Hauptantrieb.

 

Alte Fabriken wurden erschlossen, werden in Besitz genommen. Die Förderung der Progressiven wird zwar als öffentliche Aufgabe anerkannt, aber die Strukturen, auch Finanzieren und Kommunizieren der Bestrebungen, gehört zu den eigenen Aufgaben der Tätigen. Ein innovatives und dialogisches Prinzip soll zur Anwendung kommen, zu etwa gleichen Teilen. Ältere Formen wollen durch neuere und neueste ersetzt werden, die Umgebung wird einbezogen.

 

Kunst ist bereits lange kein geheiligter, reservierter Bereich mehr. Die dadurch immer wahrscheinlicher gewordene Gefahr der Kommerzialisierung wird thematisiert. Kunst ist kurzfristig von kunstfernen Vermarktungsinteressen vereinnahmbar. Künstlerinnen und Künstler würden sich zu ahnungslosen Wegbereitern degradieren lassen und würden anschließend aus dem anziehenden Stadtteil verdrängt; was in den radikal-ökonomisierten Megacities schon zur Genüge stattgefunden hat.

 

Zunehmend requiriert wird der Begriff „allmend-space“ (nach Allmende) für die heutigen Einquartierungen der künstlerischen Gruppen in die städtischen Rückzugsgebiete - wie aufgegebene Fabriken und leerstehende Bürogebäude (nahes Beispiel. Zollamt in Offenbach). Mit derAllmende gemeint ist auch die Lebens- und Arbeitsform im Zusammenhang mit gemeinschaftlichem Eigentum.

 

Zum weiteren Verständnis: 'Als landwirtschaftlicher Begriff bezeichnet Allmende oder „Gemeine Mark“ Gemeinschafts- oder Genossenschaftsbesitz abseits der parzellierten (in Fluren aufgeteilten) landwirtschaftlichen Nutzfläche'. (wikipedia.de)

 

Klar, dass immer wieder auch neue, neu-alte, veränderte, weniger hierarchische Lebens- und Arbeitsformen gemeint sind, die ein künstlerisches Milieu ohnehin mehr prägen, ja nötig hat, als die gängigen vertikalen und durch Anweisungspraxis geführten Beziehungen in betrieblichen Alltagsprozessen.

 

Die angesagten Laborformen sind – unter dem Begriff des 'Weltempfangs', wie er mit dieser Reihe der Buchmesse als Leitthema gesetzt wurde – durchweg solche, die mit den Zwischenräumen und sozusagen Lücken und sich auftuenden Nischen verbunden sind.

 

Aus diesem bis hierher behandelten transitorischen Themenansatz - wenn man es so nennen darf - ergab sich die erweiterte Größenordnung im folgenden Teil. Fortsetzung folgt.