Frankfurter Buchmesse 8. bis 12. Oktober 2014, Teil 32

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wir haben die Situation am Stand von Peru in Halle 5.1. genutzt, als wir mit Ernesto Pinto-Bazurco Rittler einen trafen, der gleich Viererlei vereint: er ist Peruaner, er ist im Büchergeschäft erfahren, er ist selbst ein Autor – und er spricht perfekt Deutsch. Warum, das hatte der vorherige Artikel gezeigt.

 

Claudia Schulmerich: Warum kommen Sie selbst und warum kommt das Land Peru nach Frankfurt zur Buchmesse?

Ernesto Pinto-Bazurco Rittler: Ich bin davon überzeugt, dass die peruanische Literatur durch die Frankfurter Buchmesse weltweit Aufmerksamkeit gewinnen kann. Nachdem Mario Vargas Llosa den Nobelpreis in Literatur erhalten hatte, hat dies die peruanischen Autoren stark motiviert und die peruanischen Institutionen und Verlage angeregt, auch internationaler zu agieren. Das peruanische Kulturministerium hat mein Buch ausgewählt, um es auf der bedeutendsten Buchmesse der Welt vorzustellen und deshalb bin ich hierher an den Stand mit den Regalen von peruanischer Literatur – und meinem Buch - von Peru nach Frankfurt gekommen.

 

Außerdem bin ich der Überzeugung, dass man zwischen Peru und Deutschland im Literaturbereich noch viel erreichen kann. Langsam kommen auch die peruanischen Verlage zu dieser Auffassung. Hier müssen aber noch konkrete Maßnahmen im Land selbst folgen. Peru hat einen ersten Schritt gemacht, indem es sich auf der Buchmesse mit einem großen Stand präsentiert hat.

 

 

Wen haben Sie aus Peru mitgebracht? Mitarbeiter. Bücher. Beispiele...

 

Die Organisation des peruanischen Messeauftritts obliegt Promperu (staatliche Organisation zur Förderung des Image von Peru), dem Auswärtigen Amt und dem Kulturministerium in Kooperation mit dem peruanischen Verband der Verleger, in dem auch Autoren Mitglied sind. Wir haben Bücher von verschiedenen Verlagen und Universitäten mitgebracht. Hervorheben möchte ich die Bücher, die eine Verbindung zwischen Deutschland und Peru schaffen. Das ist zum einen das Buch der Münchnerin Juliane Köpke, die ihre Erlebnisse nach einem Flugzeugabsturz in Peru in den 70er Jahren schildert, wo sie die einzige Überlebende bei 91 Todesopfern war. Interessant ist das Buch von Hildegard Rittler, die nach dem zweiten Weltkrieg nach Peru ausgewandert ist und eindrucksvoll beschreibt, wie sie Peru für sich entdeckt hat. Die beiden vorgenannten Bücher sowie auch mein Buch ISABEL DE LOS MARES haben als Hauptfigur eine starke Frau und treffen damit einen Trend, der sicher auch für deutsche Verleger interessant ist.

 

 

Wie viele Verlage gibt es in Peru, wie viele Buchhandlungen? Spielt Amazon, also der Internetversand, eine Rolle?

 

Amazon und der Internethandel haben in Peru kaum eine Bedeutung. In Peru gibt es ca. ein Dutzend Verlage, die meisten gehören zu Universitäten. Daneben dominieren aber auch ausländische Verlage den Markt. Spanien ist in Lateinamerika überall. Dagegen sind die wenigsten peruanischen Verlage im Ausland vertreten. Der einzige Verlag, der in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist der Verlag Titanium. Dies liegt daran, dass der Verlag Autoren und Bücher kritisch auswählt und einen hohen Anspruch hat. Schließlich ist er auch an die größte Kette von Buchläden in Peru, die Kette Crisol angeschlossen, was einen optimalen Vertriebsweg garantiert.

 

 

Welche Rolle spielen Schriftsteller und Bücher in Peru heute und wie war das vor 20 Jahren?

 

In Peru können Autoren auch heute kaum von ihren Büchern leben, das gelingt nur Vargas Llosa und Santiago Ronca, die beide aber hauptsächlich in Spanien leben und vielleicht noch Alonso Cueto, der aber auch noch einen Lehrstuhl für Literatur in Lima inne hat.

 

Früher war das Lesen von Büchern sehr viel elitärer und einer gehobenen Schicht vorbehalten. Aber es gibt ja auch innerhalb der Bücher eine Bildungsgrenze. Seichte 'novelas' wurden so gelesen, wie es jetzt im Fernsehen die Telenovelas gibt. Insgesamt ist das Buch, sind Bücher auch in Peru wichtiger geworden und auf dem Markt gibt es viele aus dem Amerikanischen übersetzten Werke.

 

 

In welche Sprachen werden peruanische Bücher übersetzt, also in welchen Ländern gelesen?

 

Peruanische Bücher werden in fast alle Sprachen übersetzt, d.h. sie werden weltweit gelesen. Das gilt insbesondere für Vargas Llosa, aber auch Cueto, die beide unter meiner Federführung ihre Bücher z.B. auch in Rumänien präsentiert haben.

 

 

Dieses Jahr ist auf der Frankfurter Buchmesse der Einfluß der amerikanischen Verlage zurückgegangen. Bei den Übersetzungen ins Deutsche kommt jetzt Asien mit Südkorea, Japan, China groß raus. Welche Bücher werden ins peruanische Spanisch übersetzt. Welches Genre ist derzeit beliebt?

 

Asiatische Autoren spielen in Südamerika kaum eine Rolle. Beliebt sind in Peru zur Zeit historische Romane. Und am liebsten lesen die Peruaner peruanische oder südamerikanische Autoren. Sie sind besonders kreativ und treffen damit den Geschmack der Leser.

 

 

Wie ist das mit deutschen Büchern? Welche deutschen Schriftsteller kennt man in Peru? Wer ist in den letzten Jahren übersetzt und auch gelesen worden?

 

In Peru sind natürlich die Klassiker bekannt und gern gelesen. Weniger bekannt sind in Peru die neuen und zeitgenössischen deutschen Autoren, das bietet Raum für eine gute Zusammenarbeit zwischen deutschen und peruanischen Verlagen und Autoren.

Dennoch gibt es ein großes Potenzial für den deutschen Markt, soll heißen, es gibt noch viele hervorragende Bücher, die auf eine Übersetzung ins Deutsche und damit auf einen Zugang zum deutschen Leser warten.

 

Von peruanischen Verlagen sind bisher keine deutschen Autoren übersetzt und herausgegeben worden. Das geschieht über ausländische Verlage, die die spanischen Übersetzungen natürlich weltweit vertreiben. Allerdings spielen Autoren wie Schätzing etc. in Peru eine untergeordnete Rolle. Von peruanischen Verlagen gibt es lediglich die bereits von mir genannten beiden Autoren Juliane Köpke und Hildegard Rittler.

 

 

 

Nachtrag zum Artikel Buchland Peru:


Wir hatten so viel gefragt und die Anwesenheit des Autors, Botschafters und Generalkonsul so (aus)genutzt, daß wir lieber vergaßen, nun auch noch nach Daniel Alarcón zu fragen. Dessen LOST CITY RADIO, für den er 2009 den Internationalen Literaturpreis Berlin erhielt, hatten wir mit großem Vergnügen gelesen und besprochen. Wir wissen auch, daß er dieses Jahr ein neues Buch im Wagenbach Verlag herausgebracht hat: DES NACHTS GEHEN WIR IM KREIS.


Alarcón wurde 1977 in Lima von peruanischen Eltern geboren, kam aber früh in die USA nach Kalifornien und schreibt auf Amerikanisch. Die Besonderheit ist jedoch, daß seine Bücher in Peru spielen. Das hätte uns schon interessiert, welche Rolle er auf dem peruanischen Buchmarkt spielt.

INFO:

 

Ernesto Pinto-Bazurco Rittler, Isabel De Los Mares, Primera Embajadora de América“, Verlag Titanium 2014, Lima Peru - 390 Seiten – Historisches Roman

 

Hildegard Rittler de Pinto-Bazurco, Descubrí Perú en la Segunda Guerra Mundial, Verlag Titanium 2014, Lima Peru

 

 

Foto: Georgina Caballero