KrimiZEIT-Bestenliste in ZEIT und NordwestRadio  für Februar 2012 

Elisabeth Römer 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) –An der Spitze der KrimiZEIT-Bestenliste Februar 2012 steht weiterhin PAYBACK von Mike Nicol aus dem Verlag btb, eines der spannendsten Bücher aus und über das neue Südafrika. PAYBACK ist der erste Band der „Rache-Trilogie“. Auf der Februarliste gibt es zudem gleich vier neue Titel.

Der hierzulande bereits als Romancier und Sachbuchautor bekannte Mike Nicol ist ein weiterer beeindruckender Krimi-Autor aus Südafrika – neben Deon Meyer und Malla Nunn. Im Zentrum des weit zurückgreifenden, mehrere Aktionsebenen umfassenden Romans stehen Mace Bishop und Pylon Buso. Sie werden mit den Schulden aus ihrer Vergangenheit als Befreiungskämpfer und Waffenschmuggler konfrontiert. Daß der ansonsten von uns sehr geschätzte Don Winslow mit ZEIT DES ZORNS aus dem Suhrkamp Verlag sogar wieder auf Platz 2 rutschte, missfällt uns, weil und wir diesen angeblichen humoristischen Stil für absolut daneben halten.

 

Don Winslow ist das dritte Mal dabei, wie auch die Plätze 5 und  8. Dabei ist für uns völlig unverständlich SCHLANGENKOPF von Ulrich Ritzel aus dem Verlag btb vom 2. auf den 5. Platz zurückgefallen. Ja, selbstverständlich, auch dieser Platz ist ein Ehrenplatz. Aber angesichts des fast unheimlichen Vorfühlens der Bedeutung von Rechtsextremismus in Deutschland und der Gewissheit, daß staatliche Stellen der Bundesrepublik, d.h. Geheimdienste u.a.  gemeinsame Sache mit Verbechern machen, bzw. selbst zu Mord greifen, ist dieses Buch schon wegen seiner Hellsichtigkeit auf einer deutschen KrimiBestenListe einfach weiter oben anzusiedeln.

 

Auf Platz 5 stand das letzte Mal noch Matthias Wittekindt mit SCHNEESCHWESTERN bei Nautilus erschienen. Auch dieser Roman ist um drei Plätze zurückgefallen. „Mond ist eine schreckliche Sache. Zerkochte Spaghetti übrigens auch. Zum Glück kennt Kommissar Roland Colbert sich aus. Er nimmt also den Topf rechtzeitig von der Platte und gießt die Spaghetti in ein Plastiksieb. Ja, nein! Er gießt sie nicht in das Sieb, er schlägt sie hinein. Er nimmt den Topf mit beiden Händen, schwenkt ihn hoch, bis über den Kopf, dreht ihn  und haut ihn mitsamt dem Gewurtschtel aufs Sieb…

 

So genau beschreibt dann der Autor, so sinnlich und eindrücklich, das, was  Kommissar Roland sonst noch so macht, beruflich nämlich. Es ist trennscharf, was an Privatleben bei Ermittlern für den Leseprozeß wichtig ist und was als Geschwätz nur Füllsel ist. Uns geht das zunehmend auf die Nerven, wie auch im Tatort und anderen Krimis die Privatprobleme bei überhand nehmen. Matthias Wittekindt läßt das alles gut integriert im Gesamtablauf reifen. Das gefällt.

 

Kommen wir zu den vier Neuen, von denen wir zwei nur angelesen haben und vorher nichts Eigenes sagen wollen. Gleich auf  Platz 3 steht NICEVILLE von Carsten Stroud aus dem Verlag DuMont. . „Ein perfekt gemachter Genremix aus Crime, Horror und Mystery.“ Auf  Platz 6 folgt BLAUER MONTAG von Nicci French, herausgekommen bei C.Bertelsmann. Psychologisch schlüssiger Thriller über Kindesraub. Beginn einer  neuen Serie mit Psychologin Frieda Klein. Auf  Platz 9 dann DIE LETZTE FLUCHT von Wolfgang Schorlau aus dem Verlag Kiepenheuer & Witsch.  Investigativer Privatdetektivroman über die Geschäftspraktiken der Pharma-Industrie. Schließlich auf  Platz 10 kommt UNTER FEINDEN von Georg M. Oswald, erschienen im Piper Verlag. Der Münchner Anwalt und Autor Oswald spielt durch, was ein drogensüchtiger Polizist im Staatsapparat bedeuten kann.

 

 

Lfd.

Nr.

Rang

Vor-monat

Titel

1

1

(1)

Mike Nicol:   Payback

Aus dem   Englischen von Mechthild Barth

btb, 574 S.,   9,99 €

Kapstadt/Luanda.   Im Befreiungskampf waren Mace und Pylon Waffenhändler, jetzt, in der   Demokratie, verdienen sie friedliches Geld. Bis ihnen alte Schulden   präsentiert werden. Die Entführung von Maces Tochter ist nur der Anfang.   Erster Band der „Rache-Trilogie“. Unbarmherzig rauer Wind aus Südafrika.   Gnadenlos gut.

2

2

(3)

Don   Winslow: Zeit des Zorns

Aus dem   Englischen von Conny Lösch

Suhrkamp,   338 S., 14,95 €

Laguna Beach/Südkalifornien. Nach „Tage der   Toten“ nun die Komödie. Ben, Chon und Ophelia sind klug, reich und   superentspannt.  Ihr Dopegeschäft   läuft, Orgasmen in Menge, Charity dazu. Bis das Drogenkartell in den Sunshine   State drängt. Die 3 schönen Wilden bekommen keine Chance, aber nutzen sie.

3

3

(-)

Carsten Stroud: Niceville

Aus dem   Englischen von Dirk van Gunsteren

Dumont, 512 S.,   19,99 €

Niceville im Süden   der USA. 179 Menschen sind verschwunden. Drei Männer berauben die Bank.   Chinesen wollen die Beute. Familienzwist schwelt seit Generationen. Ein   Polizist und ein Indianer stemmen sich gegen einen Fluch. Souverän   geschnittener, gelungener Mix aus Crime,   Horror und Mystery.

4

4

(7)

Lee Child: Outlaw

Aus dem Englischen von Wulf Bergner

Blanvalet, 448 S., 19,99 €

Hope/Despair,   Colorado. Wer Jack Reacher nicht durchlässt, bekommt Ärger. So geht es den   Leuten von Despair, gebeugt unter dem Dach eines frömmelnden   Recycling-Barons. Ein starkes Buch: Handlung pur. An der US-Heimatfront des   Irakkriegs. Bilder und Szenen, als wäre Kafka nach Despair gekommen.

5

5

(2)

Ulrich   Ritzel: Schlangenkopf

btb, 448   S., 19,99 €

Berlin/Frankfurt. Ein Türke wird überrollt.   Gemeint war der Bosnier, dessen Jacke er trägt. Im Kunstnebel von   Geheimdiensten, Rüstungsgeschäften und Kungelei stochern Privatermittler   Berndorf und Helfer nach Hintermännern. Cool. Politthriller vom   Feinsten. 

6

6

(-)

Nicci   French: Blauer Montag

Aus dem   Englischen von Birgit Moosmüller

C.Bertelsmann,   480 S., 14,99 €

London. Ein   Patient von Frieda Klein träumt von einem Jungen, der wenig später entführt   wird. Sie

verlässt ihre   Praxis, um aufzuklären, was los ist. Im Methodenwettstreit mit der Polizei   wagt sich die Psychotherapeutin über die Schranken ihrer Disziplin.   Intelligenter Plot, psychologisch plausibel.

7

7

(4)

Rob Alef:   Kleine Biester

Rotbuch,   352 S., 14,95 €

Berlin-Kreuzberg. Anna verschwindet im Sand   einer Buddelkiste. Kein Unfall: Sie wollte aufs schnieke Rosenhof-Gymnasium.   Im Auslese-Krieg um Aufstiegschancen ist Kindermord letztes Mittel der Wahl.   Subtil punzierte Satire auf mittelständischen Karrierewahn; Hommage auf   Kinder, die Kinder bleiben. 

8

8

(5)

Matthias   Wittekindt: Scheeschwestern

Edition   Nautilus, 352 S., 18,00 €

Fleurville/Benningstedt. Der Triebtäter will   es nicht mehr. Aber es geschieht doch. Im Grenzwald zwischen D und F, im   Winter. Eine Sechzehnjährige ist erschlagen, in Pubertätstrubel und   Geltungsdrang. Die Ermittler taumeln auf dem Grat zwischen Ahnungen und   Kriminalistik. Bemerkenswertes Krimidebüt.

9

9

(-)

Wolfgang   Schorlau: Die letzte Flucht

Kiepenheuer   & Witsch, 358 S., 8,99 €

Stuttgart/Berlin.   Professor Voss wird verdächtigt, ein Mädchen vergewaltigt und getötet zu   haben. Ein Pharma-Manager wird entführt. Privatdetektiv Dengler ermittelt in   der Hauptstadt und sticht ins raffgierige Herz der Pharma-Industrie, während   sein Sohn Stuttgart 21 bekämpft. Spannende Kolportage, solide Aufklärung.

10

10

(-)

Georg M. Oswald:   Unter Feinden

Piper, 256 S.,   19,99 €

München. Zwei   Komissare in der Klemme. Diller ist solide, Kessel Junkie. Kessel überfährt   einen Dealer, Erpressung folgt. Diller will ihn und sich schützen  im Trubel der Schutzmaßnahmen für die   internationale Sicherheitskonferenz. Weit planende arabische Rächer gegen   kleine deutsche Polizisten.

Info:

Rund 1200 neue Kriminalromane erscheinen pro Jahr in Deutschland. Selbst ausgefuchste Leser verlieren angesichts dieser Masse den Überblick. Orientierung bietet aktuell die Januar Ausgabe der KrimiZeit-Bestenliste von ZEIT und NordwestRadio.

 

Die monatlich erscheinende Krimi-Bestenliste existiert seit März 2005, als sie erstmals auf der Leipziger Buchmesse, damals noch als KrimiWelt-Bestenliste vorgestellt wurde. Von März 2011 an wird sie regelmäßig in der Wochenzeitung DIE ZEIT als KrimiZEIT-Bestenliste veröffentlicht, immer am ersten Donnerstag des Monats.

 

Vorgestellt wird sie

-          In den Literatursendungen des NordwestRadio ab 2.2.( mit Tobias Gohlis)

-          http://www.radiobremen.de/nordwestradio/serien/krimizeit/index.html

-          unter www.zeit.de mit Kurzrezensionen der Juroren, Kommentaren des Jurysprechers („What’s New?“) und weiteren Informationen zu Büchern und Autoren („Krimiautoren A-Z“)

-          in der Wochenzeitung DIE ZEIT am 2.2..2012

 

Monatlich wählen sechzehn auf Kriminalliteratur spezialisierte Literaturkritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus der Masse der Neuerscheinungen die zehn Titel aus, denen sie viele Leser wünschen. Das Beste vom Besten: Immerhin erscheinen übers Jahr verteilt über 1200 Kriminalromane auf Deutsch. An jedem ersten Donnerstag im Monat geben Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Sie halten nach dem literarisch interessanten, thematisch ausgefallenen, besonderen Kriminalroman Ausschau. Die besten Zehn werden mit Bibliographie und Kurzbeschreibung hier veröffentlicht.

 

Die Jury setzt sich zusammen aus:

 

Tobias Gohlis, Hamburg, Kolumnist DIE ZEIT, Moderator und Jury-Sprecher der KrimiWelt Volker Albers, Hamburg, Hamburger Abendblatt, Herausgeber „Schwarze Hefte“
Andreas Ammer, Berg, „Druckfrisch“, Dlf, BR
Fritz Göttler, München, Süddeutsche Zeitung
Michaela Grom, Heidelberg, SWR
Lore Kleinert, Bremen, Radio Bremen
Thomas Klingenmaier, Stuttgart, Stuttgarter Zeitung
Kolja Mensing, Berlin, Tagesspiegel
Ulrich Noller, Köln, Deutsche Welle, WDR
Jan Christian Schmidt, Berlin, Kaliber 38
Margarete v. Schwarzkopf, Köln, NDR
Ingeborg Sperl, Wien, Der Standard
Sylvia Staude, Frankfurt/M., Frankfurter Rundschau

Jochen Vogt, Elder Critic, NRZ, WAZ
Hendrik Werner, Bremen, Weser-Kurier
Thomas Wörtche, Berlin, Kolumnist, Plärrer , culturmag, DRadioKultur

 

In der Regel kommentieren wir die von der Jury neu plazierten Krimis. Alle weiteren plazierten Krimis der Vormonate entnehmen Sie bitte unseren Krimi-Besprechungen in den vormonatlichen Artikeln, die Sie unter Kultur. Bücher oder unter dem Autorennamen im Archiv finden. Viermal inzwischen darf ein Buch einen Platz bekommen, dann scheidet es aus und hat nur noch die Chance, in der Jahresbestenliste wieder aufzutauchen, die Ende Dezember herauskommt und die wir für 2011 ebenfalls kommentierten. 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/312-bester-kriminalroman-des-jahres-wird-qroter-glamourq-von-ariadne-im-argument-verlag