Andreas Franz. Daniel Holbe: Julia Durants neuer Fall, erschienen bei Knaur, Teil 1

 

Elisabeth Römer

 

Hamburg (Weltexpresso) – Die letzten Worte auf Seite 412 lauten: „Wie immer gilt auch bei diesem Buch: Die geschilderte Handlung ist frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind zufälliger Natur.“

 

Das schreibt Daniel Holbe, der die Frankfurter Kommissarin Julia Durant literarisch weiterleben läßt, nachdem ihr Erfinder, der so fleißige und engagierte Andreas Franz 2011 völlig plötzlich verstarb. Wie Holbe das macht, ist durchaus raffiniert und schlüssig, darauf kommen wir gleich, aber seine obige Aussage steht konträr zur Ausgangslage von Andreas Franz, also im Widerspruch zu dessen Ausgangspunkt vom Schreiben. Andreas Franz hatte nämlich, als wir mit ihm ausführlich über seine Krimis sprachen – seine unglaublich eindrucksvollen Fälle gerade mit der Wirklichkeit begründet, denn keine Phantasie komme an das heran, was Menschen anderen Menschen antun können. Wir sprachen nämlich mit ihm über die Faszination seiner vielfachen Julia-Durant-Reihe, auch auf uns, wo sich für uns folgender Widerspruch ergab: tief ergreifende, wenngleich extrem harte, ja furchtbare Geschichten, die er oft mehr als schlicht erzählt, mit einer Kommissarin, die als erstes zu Hause irgendwie sehr männliche Gewohnheiten zeigt, immer ein Salamibrot ißt und Bier trinkt und dauernd Vollbäder nimmt und als einzige Ansprechperson ihren Vater in München hat, mit dem sie tatsächlich am Telefon ihre Fälle bespricht.

 

Genauso erforschte auch Andreas Franz am Telefon in seinem Haus in Hattersheim die komplexesten Kriminallfälle, und noch öfter fuhr er in Deutschland umher, um vor Ort zu sein, wo die Verbrechen geschehen sind. Genauso hat er uns uns erzählt, daß er alle seine Fälle aus der Wirklichkeit hat. Nach vielen Gesprächen mit Polizeidienststellen in ganz Deutschland hat sich Andreas Franz dann die für ihn spannendsten Fälle ausgesucht, diese gründlich recherchiert und dann zu großen Teilen für Julia Durant, von München nach Frankfurt gekommen, reserviert – er hatte ja auch noch andere Krimi-Reihen. Natürlich hat er die für Julia ausgesuchten Fälle auf Frankfurter Verhältnisse zurechtgeschrieben, ganz abgesehen davon, daß er auch verschiedene Fälle ineinanderschachtelte, verfremdete, veränderte, ergänzte, auch neue Personen erfand,. Mit einem Wort, die Wirklichkeit in Fiktion verwandelte. Aber – und darum schreiben wir das – die Handlung selbst war immer Ausfluß des täglichen Lebens in Deutschland mit der Vielfalt der Kriminalität von Mord aus Eifersucht über Wirtschaftskriminalität bis zu pathologischen Mördern.

 

Also just das Gegenteil von dem, was nun für Daniel Holbe Ausgangspunkt ist, weshalb er das freie Erfinden der geschilderten Handlung ausdrücklich betont. Der Zusatz der eventuellen Ähnlichkeiten....ist eine Selbstverständlichkeit, die auch Andreas Franz durch die Neukonstellation der Personen und Orte einhielt. Warum aber Daniel Holbe dies so ausdrücklich schreibt, wüßten wir gerne – und auch seit wann er das schreibt. Denn in seinem ersten Buch als Fortschreiber von Andreas Franz TODESMELODIE aus dem Jahr 2012 fehlt ein solcher Zusatz der erfundenen Geschichte. Damals trat er als derjenige auf, der die schon skizierten Ideen des Andreas Franz ausführt. So lange auf dem Titel immer noch Andreas Franz steht, in großen Lettern in der typischen schwarzgrünen Titelgestaltung (bei der HYÄNE wird der schwarze Buchrücken grün, der bei TODESMELODIE noch schwarz war), und darunter sehr viel kleiner Daniel Holbe, muß man davon ausgehen, daß Holbe noch immer die Ideen und Skripte von Franz ausführt – und daß diese Namenskombination nicht aus reiner Geschäftemacherei geschieht.

 

Wenn dann noch auf der Buchrückseite von HYÄNE steht „Julia Durants schwerster Fall“, dann müssen wir Einspruch einlegen, denn in der Tat gab es schon viel schwierigere Fälle, obwohl auch an diesem Julia Durant zu knabbern hat. Mehr soll nun im zweiten Teil zum eigentlichen Fall, dieser HYÄNE folgen. Fortsetzung folgt also.

 

 

INFO:

 

Andreas Franz, Daniel Holbe, DIE HYÄNE, Knaur, 2014

 

Andreas Franz, Daniel Holbe, TODESMELODIE, Knaur, 2012

 

Andreas Franz, Daniel Holbe, TÖDLICHER ABSTURZ, Knaur, 2013

 

Andreas Franz, Daniel Holbe, TEUFELSBANDE, Knaur, 2013