Serie: Neue und ältere Kunstbücher aus dem Verlag Michael Imhof: hier WELTGESCHICHTE DER KUNST, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – IMHOF-Weltgeschichte der Kunst heißt die Reihe, die aber auch noch den Untertitel KUNST UND ARCHITEKTUR hat, nur bei den beiden Bänden über Griechenland und Rom heißt es: Antike Kunst und Architektur. Es ist eine gewaltige, die Kulturen der Welt umfassende Reihe, von der wir nur Beispiele bringen können.

 

Nein, diese Reihe ist keine eigene Erarbeitung des Verlages, sondern es sind Übersetzungen der italienischen Originalausgaben, von denen wir einige Verfasser kennen, die also zumindest bekannte Kunsthistoriker sind. Tatsächlich gelingt es den Bänden gleich dick zu sein, was eher gleich schmal heißt, denn bei Seite 70 ist Schluß. Das bedeutet aber, daß man sehr viele Bände von dieser IMHOF-Weltgeschichte der Kunst in den Regalen unterbringen kann. Unsere zwei Antikenbände sind beide von Cornelia Isler-Kerényi verfaßt. Natürlich zuckt man bei der Kombination von Antike und dem Namen Kerényi zusammen, denn der ungarische Karl Kerényi ist so etwas wie Gottvater der Klassischen Philologie.

 

Wir wissen aber nicht, ob die in Budapest geborene Cornelia dessen Tochter ist, hätten es aber gerne. Auf dem Umschlagrücken steht nur ihre persönliche Biographie verbunden mit Ausgrabungen. Beim Durchblättern gefällt das ausgewogene Verhältnis von Text und Bildern, zumal diese graphisch ästhetisch ansprechend eingefügt sind, in der Regel bunt, aber eben auch in Schwarzweiß, was dem bronzenen Eingangshelden – Krieger A von Riace, Mitte 5. Jh. v. Chr. - genauso gut tut wie den darauffolgenden Abbildungen der Akropolis und gesondert der Vergrößerung vom Parthenon, Sinnbild des antiken Griechenlands.

 

Doch wann fängt dieses Griechenland an? Völlig richtig wird darauf verwiesen, daß die Mykenäer, die ersten Griechischsprechenden, in ihrer Auffassung und Gestaltung von Kunst dem minoischen Kreta im 2. und 3. Jahrtausend sehr viel näher stehen als dem, was wir heute Klassische Kunst der Antike nennen. Wobei es sich mit der Klassischen Kunst auch schon wieder um einen Begriff handelt, der das Unklassische miteinbezieht. Denn die Archaische Kunst, mit der wie mit einem Paukenschlag für viele Jahrhunderte das Kunstschaffen einsetzt, ist noch nicht klassisch, aber eine Klasse für sich. Sie hat sich, so die Erklärung im Buch, aus der Polis entwickelt, besser: aus den Poleis, denn an vielen Orten entstehen eigene Stadtstaaten, die um die Vorherrschaft kämpfen und sich gleichzeitig alle vier Jahre seit 776 v. Chr. in den Wettkämpfen von Olympia friedlich miteinander messen. Eine Ambivalenz also, die Einheit und Feindschaft verbindet. Starr und doch von einer Feinheit und auch Erotik sind ihre fein ziselierten Steinskulpturen.

 

Angemessen wird im Griechenlandband auch die Grabkeramik behandelt und vor allem die Vasen, die ja für die Damaligen das waren, was heute Comics leisten: wiedererkennbar und mit einem Wertekanon versehen.Im Klassischen Griechenland finden Sie dann auch eine Auflistung der Unterschiede zum Kunst davor, wie etwa die eingetretende Ponderation und das Auskragen der Figur in den Raum. Genau in der Mitte können Sie dann durch Aufklappen der Seiten alles genau studieren: den Bau der Tempelanlagen, zusätzlich viel Geschichte zu den Stadtstaaten des 5. Jahrhunderts.

 

Der Hellenismus schließlich wird kurz und entschieden auf vier Seiten abgehandelt. Der Pergamonaltar ist Zeuge der skulpturalen Veränderungen in Stein sowie die Statuen des sterbenden Galliers und eben auch der weltberühmte Laokoon, dem lange von 300 vor bis 200 nach Chr. angesehene Archäologen so alles mögliche zutrauten. Auf 40-20 v. Chr. lautet heute die Zuschreibung eines rhodischen Bildhauers.

 

Und schon sind wir in ROM, wo dieser Laokoon ja auch gefunden wurde. Wie im Märchen von Michelangelo 1509 persönlich, weshalb man lange an einen Fake, eine Täuschung glaubte. Dabei liegt die Täuschung eher darin, daß Michelangelo als ihr Entdecker galt, was heute im Fach Kunstgeschichte noch erzählt wird, was aber nicht stimmt. ROM ist in seiner Früh- und Königszeit und auch noch den Jahrhunderten der Republik ab 509 v. Chr. nicht so gut erforscht, wie in der Kaiserzeit und seinem Verfall. Erforscht schon, aber es gibt einfach nicht so viele Artefakte wie später, und doch genug, um die Übernahmen aus dem Griechischen in reinen Kopien, denen wir auch grundsätzlich das Überleben der griechischen Originale verdanken, abzugrenzen von dem, was sich als Stil in Rom entwickelt, in der Kaiserzeit dann so detailliert, daß man wie sonst nur bei griechischen Vasen auf 5-10 Jahre genau die Zeit der Verfertigung festlegen kann: hier orientiert an den ständig wechselenden Haarfrisuren der Damen!

 

Zugegeben, das ist zu kurz, wie Rom hier abgespeist wird. Aber Byzanz und das frühe Christentum warten schon. Es muß unbedingt noch darauf verwiesen werden, daß beide Bände die Verwobenheit von Geschichte und Kunst auszeichnet. Die geschichtlichen Zahlen braucht man nicht der Daten wegen für die Kunst, sondern als Hintergrund der Werte des Staatswesens, das Voraussetzung für das Kunstschaffen ist. Auftragsarbeit war damals gang und gäbe und Kunst der Ausdruck imperialen Verhaltens. Was es mit den vier Tetrachen auf sich hat,die als letzte Skulpturen – und aus Porphyr – erscheinen, die heute in Venedig am Markusdom stehen, weil das christliche Venedig sie bei der Zerstörung und Plünderung des christlichen Byzanz sie 1204 einfach mitgenommen haben, wollen wir im Folgeband näher untersuchen, auf den hiermit verwiesen wird. Fortsetzung folgt also.

 

Info:

Cornelia Isler-Kerényi, Griechenland. Kunst und Architektur, IMHOF-Weltgeschichte der Kunst, Michael Imhof Verlag, 2008

Cornelia Isler-Kerényi, Rom. Kunst und Architektur, IMHOF-Weltgeschichte der Kunst, Michael Imhof Verlag, 2009