Serie: Chaplins Tramp – Ikone zwischen Kino, Kunst & Kommerz im Deutschen Filmmuseum Frankfurt am Main , Teil 5b/5
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zwischen Kapitel 1 und 13 werden die Jahre abgehandelt, wie Chaplin ins Visier der Nationalsozialisten gerät, wie er 1931 nach Berlin kommt, von Tucholsky und Kästner gefeiert, es werden die Störaktionen der Nazis dokumentiert, wie auch 1933 die nationalsozialistische Umwälzung in der Kultur mit Roß und Reiter benannt wird und es auf den Seiten 311 bis 358 noch einmal im Detail um seine Hitler/Mussolini-Parodie im THE GREAT DICTATOR geht.
haplin hat nach dem Krieg betont, er habe von der Judenvergasung in den Konzentrationslagern nichts gewußt, sonst hätte er diesen Film nicht machen können, was man versteht. Umso visionärer ist sein Film deshalb auch einzuschätzen, auch als eine hohe künstlerische Leistung. Das Buch ist mit seinen vielfältigen Belegen wirklich als Lesebuch geeignet, das man immer wieder aufschlägt, um sich mit weiteren Kapiteln in Ruhe zu beschäftigen. Wort für Wort haben wir den Anhang studiert.
Denn im Anhang gibt es einmal eine detaillierte Zeittafel und das NSDAP-Programm von 1920, auch die Akte Chaplin des Hauptarchivs der NSDAP und die Auflistung der Autoren, die gegen Chaplin hetzten, was bei Julius Streicher, Alfred Rosenberg, Joseph Goebbels einen nicht wundert. Aber es finden sich auch sechs Namen, die sich im Dritten Reich positiv über Chaplin äußerten. Besonders interessant dann die Wendehälse, nämlich die nationalsozialistischen Autoren, die in der Weimarer Republik Chaplin lobten und im Dritten Reich gegen ihn hetzten: Hans-Walther Betz und Curt Belling.
Den Anhang 6 schlägt man gerne immer wieder auf. Dort hat Aping die nationalsozialistischen Verunglimpfungen chronologisch und alphabetisch geordnet. Sie glauben gar nicht, was Sie da lesen: 1926 war er ‚nur‘ der HANSWURST und MUSTERJUDE. Schon 1927 ein BOLSCHEWIST und DARSTELLER ABGESCHAUTEN PSYCHOPATHISCHEN KRETINISMUS, ein HEBRÄISCHER WÜSTLING, VERHIMMELTER NIGGER-GROTESKHAFTER GALIZIER, ein JÜDISCHER SCHWEINEHUND, 1931 GEHÄSSIGSTER DEUTSCHENFEIND, KLEENER FLIMMERJÜD‘, KLEINER, KRUMMBEINIGER, PLATTFUSSBEHAFTETER FILMFRITZE, ein RASSENSCHÄNDERISCHES JÜDISCHES SCHWEIN…
Und wir sind erst 1931, also lange vor 1940, wo er aufgrund seines natürlich verbotenen Films zum TODFEIN DES DEUTSCHEN VOLKES wird, zum MENSCH GEWORDENEN SYMBOL ALLER JÜDISCHEN KUNSTMACHE 1942 , der WIDERWÄRTIGSTE FILMJUDE 1943 und 1944 dann JÜDISCHER SITTENSTROLCH, wie überhaupt ein SITTLICHKEITSVERBRECHER: Allein diese Schmierereien auf drei Seiten sagen über die Nationalsozialisten mehr als viele gelehrte Bücher. Köstlich dann, denn die Deutschen sind auch als Nationalsozialisten bürokratisch ordentlich, die Katalogkarte Nr. 15.242 des Reichsfilmarchivs zu THE GREAT DICTATOR. Als Art des Films wird angegeben: „Hetzfilm mit Komödiencharakter‘ und dann der Inhalt erzählt.
Da liest man vom „Hynkel, der mit seinen Sturmtruppen ein grausames Regime gegenüber den Juden im Ghetto führt, Hynkel, der Weltmachtgelüste hat…“. Und es wird auch richtig wiedergegeben die „Rede des falschen Diktators, der von der Verständigung der Völker und Menschen und dem von ihnen ersehnten Frieden auf der Erde spricht“, was abschließend beurteilt wird mit: „Hetzkomödie mit übelster Verunglimpfung des nationalsozialistischen Regimes und besonders des Führers in der für Chaplin typischen grotesken, fast immer mehr als plumpen Art.“ (Seite 398).
Die Beschäftigung mit Norbert Apings LIBERTY SHTUNK! DIE FREIHEIT WIRD ABGESCHAFFT, die für uns die nächsten Jahre andauern wird, macht neugierig auf seine vorherige Erarbeitung der Laurel- und Hardy-Standardwerke – auch ohne zugehörige Ausstellung, die natürlich auch für das Goutieren des Chaplinbandes nicht die Voraussetzung ist. Man hat das halt nur gerne, wenn sich Buch und Ausstellung und die im Rahmen der Ausstellung vielfach gezeigten Chaplinfilme so gut ergänzen. Von Chaplin kann man nicht genug kriegen. Sein Widerstand gegen die Nazis und gegen die, die seinen THE GREAT DICTATOR verhindern wollten, ehrt ihn noch mehr.
Norbert Aping, Liberty – Shtunk! Die Freiheit wird abgeschafft
Charlie Chaplin und die Nationalsozialsten, ISBN 978-3-89472-721-5
Mit einem Vorwort von Oscar Preisträger Kevin Brownlow
Ausstellung: CHARLIE, THE BESTSELLER bis 13. Mai 2012