ANTON das ZEBRA-PFERD von Stephanie Lunkewitz aus dem Leipziger Kinderbuchverlag,Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Motivation meinerseits, dieses Kinderbuch genauer anschauen zu wollen, war die Lesung der Autorin und Zeichnerin Stephanie Lunkewitz in der Frankfurter Buchhandlung BUCHPLATZ, vergleiche Teil 3, auf der die Kinder so positiv auf das Vorlesen und Erklären reagierten, daß man gleich Lust auf mehr bekam.

 

Schon das Titelbild zeigt, daß es hier um Wesentliches geht, denn fast die ganze Seite ist mit diesem Tier ausgefüllt, das uns aus traurigen Augen – das ist unsere Menscheninterpretation, wer weiß, was dieses Tier fühlt und denkt – anschaut und dessen Kopf bis den Hals hinunter so zebrahaft in Schwarzweiß daherkommt, daß einen der braune Leib total irritiert. Was denken sich kleine Kinder, die den Titel vom Zebra-Pferd nicht lesen können, wenn sie vielleicht die Zebrastreifen am Ende des Pferderückens sehen, auf jeden Fall aber links auf dem Titelbild das vollständige Hinterteil eines Zebras und rechts zwei Pferdehintern mit schönem Schweif erkennen? Für uns Erwachsene ist das eine logische Leistung, die vom Bild unterstützt wird. Kann für Kinder eine Erkenntnis über die zweifache Abstammung dieses Mischwesens nur über die Bilder kommen?

 

Das hat sich die Künstlerin Stephanie Lunkewitz nicht zugemutet, denn sie hat kein Bilderbuch gezeichnet, sondern ein Kinderbuch, wo zwar die Zeichnungen das Auffällige und Schöne, die Texte aber zum Verständnis abschließend wichtig sind. Obwohl: Einspruch. Wenn man das Buch aufschlägt, dann trottet unser Zebra-Pferd gleich elfmal von vorne, von hinten, und immer derselben Seite von links nach rechts, daß man einfach schmunzeln muß und sich in diese schwarz-weiße-braune Tier auf dem hellpetrolfarbenen Hintergrund der Umschlagseiten gleich verguckt.

 

Aber das muß man nicht entscheiden, denn wenn die erste Doppelseite und damit der Beginn der Geschichte aufgeschlagen ist, dann interessiert eh erst einmal der anheimelnde kleine Ort, von dem die Verfasserin erzählte, daß es Köthen, ihr Geburtsort sei. Sie versucht, die kleine sächsische Stadt unterzubringen, wo es geht, wo sie ihre Kindheit und Jugend verbrachte und ihre Eltern leben. Hier gibt es gleich links einen Zoo, über dem dramatisch ein Rabe kreist. Daß dieser freche naseweise Vogel, klug wie nur was, uns durch die Geschichte und das Buch begleitet, das merken wir erst später. Denn ist er am Anfang noch auffällig und Herr des Geschehens, so gibt es Seiten, da muß man ihn schon mit der Lupe suchen. Auf den meisten Abbildungen allerdings spielt er eine Rolle wie auf der zweiten Doppelseite, wo dieser Köthener Zoo gezeigt wird, wo wie überall das notorische und leider so oft nicht befolgte BITTE NICHT FÜTTERN steht und unser Rabe die erste Rolle spielt, denn er hockt mit hocherhobenem Haupt auf dem Genick eines eindrucksvollen Nashorns.

 

Gut geht es den Tieren hier, denn auf satter grüner Wiese stiert uns ein Hippopotamos an, das ist ein  Flußpferd, auch Nilpferd genannt, das wirklich ein Veganer ist und unter dem voll erblühten Magnolienbaum schlägt ein männlicher Pfau ein Rad, um der Pfauendame im Baum zu imponieren. Typisch, denken wir, haben aber nicht recht. Denn der im Baum muß auch männlich sein, bei dem Kopfputz und dem Federrock. Die heißen Pfauenhähne. Pfaue gibt es ja nicht wenige, aber die schönsten sind einfach die sogenannten Blauen, die mit ihrem blaugrünen Gefieder – wie hier. Auch die Vogelvoliere im Hintergrund gefällt einem auf Anhieb – sehr zierlich und im schönsten Sinne altmodisch – und rechts klettert der Schimpanse allerliebst den Baumstamm hoch – und erst die Flamingos, die Giraffe im Hintergrund und links die Zebras und rechts die Pferde...aber unser Blick wird magisch angezogen von den dreien in der Mitte. Da steht links das Zebra, eng an es geschmiegt ein Fohlen mit Zebrakopf und braunen Vorderbeinen, Brust und Rücken, und daneben steht stolz der Papa, ein brauner Hengst, der aufmerksam in unsere Richtung schaut, denn er hat bemerkt, daß wir ihn beobachten.

 

Ehrlich gesagt, könnten wir die nächsten Seiten mit unseren Beobachtungen füllen, die ja nur das Ergebnis davon sind, daß Stephanie Lunkewitz derart detailliert zeichnet, daß erst unser Augen und dann unser Phantasie überquillt. Aber man kann auch lesen, was die kongenialen Worte uns erzählen, die die Autorin zudem in Reime brachte:

 

Eine Zebrastute gibt es da,

die kommt direkt aus Afrika.

Sie ist allein, ihr ist so kalt,

sie hat sich in ein Pferd verknallt,

sodass man bald ein Fohlen kennt,

das seine Mama 'Anton' nennt.

Er hat Streifen vorn und hinten,

sogar die Mähne ist zu finden.

Doch in der Mitte ist er braun,

ganz wie bei Papa anzuschauen.“

 

Die nächsten Seiten zeigen die erstaunten, ja total verblüfften, ratlosen Zootiere, wobei die Schimpansen rechts nur verwundert stieren, aber der dicke Orang Utan geradezu aufgebracht dieses fremde Ding da anstarrt, was als Zebrapferd vor ihm steht. Und wir sehen zum ersten Mal das heranwachsende Zebra-Pferd in voller Schönheit mit seinem Zebrahintern und dem Zebrakopf und dem braunen Leib dazwischen. Und wenn wir dann lesen:

 

Die anderen Tiere stehen stumm

um das Zebra-Pferd herum.

Sie finden so ein Tier unmöglich

und den Anblick unerträglich....“

 

so lachen wir, weil wir uns bestätigt fühlen in der Interpretation dieser tollen Zeichnung. Und so blättern wir weiter und wollen immer erst die Bilder sprechen lassen und dann den Text als Bestätigung oder Widerlegung lesen. Und längst ist aus dem Lesen ein laut gesprochenes Nachreimen geworden, denn das Lautmalerische macht Spaß und auch der Rhythmus unseres Sprechens, der uns an Kindheit oder Spaßmacher wie Heinz Erhardt erinnern. Reime haben einfach etwas!

 

Die Geschichte ist erst am Anfang und wir schon am Ende, denn, wenn man mit dem schönen Kinderbuch beginnt, verführt einen die liebevolle Ausschmückung des Geschehens einfach dazu, tief in die Blätter hineinzuschauen, die einfach zurückschauen, direkt in unser Gemüt. Ein schönes Buch, das Stephanie Lunkewitz geglückt ist, daß man richtig gut verschenken kann, übrigens nicht nur an Kinder! Und das neugierig macht, was von der Künstlerin als nächstes kommt.

Fortsetzung folgt.

 

Foto:

Unsere Aufnahme stammt von der Lesung am 25. Juni in der Buchhandlung Buchplatz in Frankfurt-Sachsenhausen, auf der rechts die Autorin mit ihrem Buch in der Hand steht und links Moderatorin Petra Kammann mit Hand anlegt.

 

Info:

Die Ankündigung der Lesung am 25. Juni unter

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5026:anton-das-zebrapferd-morgen&catid=78&Itemid=470

 

 

INFO:

ANTON DAS ZEBRA-PFERD
Text und farbige Illustrationen
von Stephanie Lunkewitz
32 Seiten, Hardcover
ISBN 978-3-89603-458-8
12,90 EUR

Verlag leiv, 2015

 www.buchplatz.com