Deutsche Verse auf Chinesisch - Eine bibliophile Rarität
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) - In der Bremer Villa Ichon, einem architektonischen Juwel im Stil des Historismus der Gründerzeit, wurde dieser Tage eine zweisprachige bibliophile Rarität vorgestellt: 300 Zweizeiler aus der Feder des Bremer Ehrenbürgers Klaus Hübotter, ins Chinesische übertragen von der Chefdolmetscherin für Deutsch im chinesischen Außenministerium Xiao Jun.
Zeitlich gekoppelt war die Buchpräsentation mit der Grundsteinlegung eines Übergangsheimes für 130 Flüchtlinge. Bauherr ist eine chinesisch-deutsche Gesellschaft, von deren Existenz selbst der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Christian Weber, erstmals bei der Vorstellung der chinesisch-deutschen Buchproduktion erfuhr, deren Bedeutung für Beziehungen zwischen beiden Ländern er in seiner Rede hervorhob.
Besonderen Gefallen fand der Parlamentspräsident an dem nur aus sieben Wörtern bestehenden tiefgründigen Vers „Zu lieben ist nur Gunst, Zusammenleben Kunst“. Auch die Besucher der Veranstaltung zeigten sich von dieser Lebensweisheit beeindruckt. Eigens aus Peking angereist war ein Vertreter des Verlages der Kommunistischen Partei Chinas namens „Rote Fahne“, der das sehr geschmackvoll gestaltete Buch herausgebracht hat, und ein Vertreter des deutsch-chinesischen Unternehmens, das für den Bau des Übergangsheimes für Flüchtlinge verantwortlich zeichnet. Zugegen waren ferner einige in Deutschland tätige chinesische Unternehmerinnen, deren Anwesenheit das starke wirtschaftliche Engagement der kommunistischen Weltmacht in Europa symbolisiert.
Der promovierte Jurist Klaus Hübotter lebte in jungen Jahren als Kommunist im Konflikt mit der deutschen Nachkriegsgesellschaft und wurde deswegen sogar ins Gefängnis gesteckt. Von seiner politischen Haltung zeugen Verse wie etwa „Die schlimmste Brut im ganzen Lande, das ist und bleibt die Nazibande“ oder „Wir haben Vieles falsch gemacht, mal sehn, ob’s einer besser macht.“ Heute ist Klaus Hübotter namhafter Bauunternehmer und geachteter Mäzen, Ehrenbürger seiner Heimatstadt, Honorarprofessor im Architekturbereich der Hochschule Bremen und Ehrensenator der Hochschule für Künste in Bremen. Xiao Jun, die Übersetzerin seiner Verse, hat Germanistik an der Fremdsprachenuniversität in Peking studiert und ist die einzige Simultandolmetscherin der chinesischen Seite bei Besuchen von Spitzenpolitikern und Wirtschaftsvertretern in deutschsprachigen Ländern.
Einige der mehr als 4 000 Gedichte, die Klaus Hübotter im Laufe seines langen Lebens verfasst hat, wurden auch ins Lettische übersetzt, viele andere ins Arabische. Sein Credo lautet: „Ob in Versen oder Prosa ist nicht weiter interessant; blitzen muss es, donnern muss es, kurz sein muss es und prägnant.“
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