Samuel Bjørk , ENGELSKALT im Goldmann Verlag

 

Martina Ober

 

Ingelheim (Weltexpresso) - Engelsgleich hängen sie im Baum, die kleinen Mädchen in Puppenkleidern. Sie versetzen die Menschen in Angst und Schrecken, die sie finden. Es ist die Neuartigkeit dieser Verbrechen, die die Leitung der Kriminalpolizei in Oslo bewegt, den strafversetzten Ermittler Holger Munch aus der Provinz zurückzuholen.



Auch seine Kollegin Mia Krüger, die sich nach dem Tod der Zwillingsschwester vom Leben zurückgezogen hat, wird herausgerissen aus ihren lebensmüden Gedanken und kehrt zurück nach Oslo, um mit Munch zusammen diesmal den Täter zur Strecke zu bringen. Sie erinnern sich beide, dass ihnen das vor sechs Jahren im Falle der Entführung des kleinen Mädchens aus der Entbindungsklinik trotz aller Bemühungen nicht gelungen ist. Könnte da vielleicht sogar eine Verbindung bestehen? Immerhin wäre das Baby von damals heute im selben Alter wie die Mädchen, die auf so heimtückische Art und Weise sterben mussten.



Als kurz hintereinander zwei weitere Mädchen offensichtlich dem gleichen Täter zum Opfer fallen, muss sich das Ermittlerteam mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass erstmals in der Geschichte Norwegens ein Serientäter am Werk ist. Angesichts des Tempos, das er vorlegt, der Art und Weise falsche Fährten zu legen und seine Spuren zu verwischen, geraten Munch und Krüger zunehmend unter Erfolgsdruck. Neben der möglichen Verbindung zu dem entführten Mädchen von damals verdichten sich auch Hinweise, dass die Lösung im Umfeld des Altersheims zu suchen ist, in dem Munchs Mutter lebt.

Aber, was hat es mit der geheimnisvollen Sekte auf sich, deren Mitglieder zwar kaum in Erscheinung treten, die aber offensichtlich auch Mädchen gefangen halten. So zumindest hat es Tobias beobachtet, der Junge, der zusammen mit seinem Bruder die zweite Mädchenleiche im Baum gefunden hat. Dieses Erlebnis lässt ihn nicht los und treibt ihn an, eigenmächtig nachzuforschen, was es mit den Gerüchten über die „Christenmädchen“ auf sich hat. Ein lebensgefährliches Unterfangen, wie sich zeigen soll, über dessen Ausgang wir bis zum Schluss im Unklaren gelassen werden.

Als dann Munchs sechsjährige Enkeltochter, trotz aller Sicherheitsvorkehrungen, verschwindet, eskalieren die Ereignisse. Munch und Krüger geraten in lebensgefährliche Situationen und es darf gefiebert werden bis zum Schluss, ob es ihnen gelingen wird, der richtigen Spur zu folgen, den Täter zu fassen und Munchs Enkeltochter lebend zu bergen.



Fazit:

Geschickt aufgebaute Spannung schon zu Beginn durch die Beschreibung eines vollkommen normalen Morgens im Leben von Walter Henriksen bis hin zu seinem grausigen Leichenfund. Natürlich bleiben wir dran, auch wenn es im Folgenden nur darum geht, uns die Protagonisten Munch und Krüger vorzustellen. Beide haben eine düstere Geschichte im Gepäck, die sie prägt im Denken und Handeln. Damit es nicht zu langatmig wird, erfahren wir in diesem Einführungsteil auch von der geheimnisvollen Sekte im Wald, deren Rolle bis zum Schluss im Dunkeln bleibt, und von Tobias und seinem kleinen Bruder, die auf Kinderart um diese Sekte ein Geheimnis ranken. Nach dieser 80seitigen Einführung sind wir gerüstet und das Buch nimmt an Fahrt auf. Es ist nicht nötig, die Verbrechen blutrünstig und detailgenau zu beschreiben, um Spannung zu erzeugen. Das gefällt und regt die Phantasie an.



Es ist der erste Krimi von Samuel Bjørk, geschrieben im Stil vieler nordischen Schriftsteller, die ihre Fangemeinde unter den Krimiliebhabern längst gefunden haben. Wir haben ein Ermittlerduo, also gehen wir davon aus, dass es weiter geht in der Reihe Munch und Krüger.



Info:



Hinter dem Pseudonym Samuel Bjørk steht der norwegische Autor, Dramatiker und Singer-Songwriter Frode Sander Øien. Er wurde 1969 geboren, schrieb im Alter von 21 Jahren sein erstes Bühnenstück und veröffentlichte seitdem zwei hochgelobte Romane sowie sechs Musikalben. „Engelskalt“ ist sein erster Thriller. Derzeit lebt und arbeitet er in Oslo.



Samuel Bjørk , Engelskalt, Goldmann Verlag, Mai 2015