Serie: Gespräch über sein Buch zum 60sten Thronjubiläum „Elizabeth II. Das Leben der Queen“ aus dem Verlag C.H. Beck in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt, Teil 2/2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) –Die Notwendigkeit, nach dem anregenden Gespräch in der Nationalbibliothek das Buch auch zu lesen, gilt am meisten für das Kapitel  „1936: König Edward VIII. dankt ab“, das im Band das längste wurde und auch das spannendste, weil die Hintergründe der geplanten Heirat mit Wallis Simpson und diese zur Königin und Kaiserin von Indien zu machen, doch darauf hindeuten, daß die persönliche und politische Situation viel komplexer war und sich dieser zum König Berufene einfach nicht berufen fühlte und einen Ausstieg brauchte.

 

Kielinger sieht in dieser Schmach – erstmalig in der Geschichte der englischen Krone - für das Königshaus auch die ungeheure Disziplin und das Durchhaltevermögen begründet, daß die zehnjährige Prinzessin Elizabeth durch die Königswürde für den Vater Bertie, der sich nun Georg VI. nannte, für ihren Lebensweg sich auferlegte und bis heute ‚durchzieht‘. Die Wohlmeinenden, die ihr rieten, doch jetzt abzudanken, ihrem Sohn Charles die Königswürde zu übergeben und selbst einen angenehmen Lebensabend zu verbringen, verkennen, daß es diesen Rücktritt oder die Abdankung nicht gibt und man lebenslang König bleibt. Bis zum bitteren Ende.

 

Besonders interessant ist für den deutschen Leser auch die ausführliche Beschäftigung mit der Anwesenheit der Königin in ihren Kronländern. Immerhin ist sie als Staatsoberhaupt von Kanada bis Neuseeland ständig unterwegs und hat im Laufe ihres „Dienstes“, so bezeichnet sie die Ausführung ihrer königlichen Tätigkeit, so viele Besuche ihren Untertanen abgestattet, auf die nicht mal moderne Kreuzfahrer und emsige Touristen kommen: z.B. zweiundzwanzig Mal Kanada, fünfzehn Mal Australien und noch Jamaika, das sich jetzt lösen will, sechs Mal.

 

Aufschlußreich auch ihre Differenzen mit der damaligen Regierungschefin Margaret Thatcher, deren radikal ökonomischen Kurs und deren Negierung der Probleme Afrikas sie nicht mittrug und deshalb direkt als ‚links‘ gegenüber Thatcher erscheint, weil sie gerade in Afrika die Verantwortung Europas, hier vor allem Englands sieht. Natürlich nicht in offener Auflehnung oder durch Zuwiderhandeln, doch im Rahmen ihrer Möglichkeiten, zu denen auch Spott und eine scharfe Zunge gehören.

 

Gerade diese Bonmots transportiert Kielinger gekonnt, wenn er zu jedem Kapitelanfang Zitate bring, die dem Buch, das politisch-historisch genau ist, dann durch ein wenig Klatsch das gewisse Etwas geben. Beispiele hier: Prinz Philip, der bei uns leider zu kurz kommt, über seine Frau: „ Die Psychotherapeutin des Commonwealth.“ Oder Elizabeth II. über Margret Thatcher: „Warum sitzt sie immer auf dem Rand ihres Sessels?“.

 

Sowohl Buch wie auch Gespräch gingen auf das 19. Jahrhundert, Königin Victoria und ihren Albert zurück und beleuchten die kalte und harte Erziehung, die insbesondere Georg V., der Großvater der Queen, ausgeübt hatte und die absolute Sprachlosigkeit, die innerhalb der Windsors bis heute bestehe, wo die wichtigsten seelischen Ereignisse nicht kommuniziert würden und höchstens in Form von Briefen angesprochen würden. Die Beispiele im Buch sind wirklich hanebüchen und machen einen froh, kein Mitglied dieser Familie zu sein.

 

Andererseits aber habe diese Härte und das Persönliche hinter die Erfordernisse Zurückstellende überhaupt erst Elizabeth II. ihr Amt ausfüllen lassen, das sie am 6. Februar mit dem Ableben ihres Vaters automatisch erhielt. Sie weilte mit Ehemann Philipp in Nairobi und fragte als erstes: „Welche Formalitäten muß ich in dieser Stunde erfüllen?“ Es war dann übrigens nur diejenige, ihren Herrschernamen festzulegen, wobei sie ihren behielt und mit Elizabeth der Zweiten an eine große Herrscherin anknüpfte.

 

Unmöglich die vielen Facetten des Abends zu beschreiben, der zwischen Weltgeschichtlichem und köstlichen Anekdoten pendelte, was auch das Buch tut, weshalb es sowohl eine historische Abarbeitung des 20. Jahrhunderts unter dem Thema „England und die Welt“ ist, wie auch eine mentalgeschichtliche Wiedergabe der Beziehung der englischen Bevölkerung zu ihrem Königshaus.  Was bleibt, ist eine echte Bewunderung für die Kraft mit der diese Queen allein schon physisch ihr Amt in der Welt ausübt und mit Distanz und Witz auf Irritationen reagiert und ein leises Schauern, daß man diese Pflichterfüllung  zulasten von menschlichen Gefühlen, dafür mit Sorge um ihre Corgies und Pferde, sich doch lieber aus der Ferne anschaut. 

 

Thomas Kielinger, Elizabeth II. Das Leben der Queen, C.H. Beck, 2. durchgesehene Auflage  2012

 

Vergleiche auch unsere Queenserie vom Februar:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/unterwegs/409-god-save-the-queen

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/unterwegs/410-macht-und-liebe-in-england-und-im-film

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/454-ein-leben-auf-dem-thron-ihr-erinnerungsalbum-aus-dem-elisabeth-sandmann-verlag