Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Februar 2016, Robinson Crusoe, Teil 9
Roman Herzig
Stuttgart (Weltexpresso) – Jetzt nimmt es überhand. Denn Robinson Crusoe ist wirklich ein Klassiker. Zum einen ein Buch, das man in die Klassiker der internationalen Literatur einreiht und zum anderen ein Stoff, der für Kinder klassisch geworden ist. Kein Wunder, daß wir überall Bücher und CDs von und über diesen Abenteurer und seine Abenteuer finden.
Wir nehmen erst einmal die Bücher und haben uns drei ausgesucht:
Der Arena Verlag gibt KLASSIKER FÜR ERSTLESER heraus, die sind als „altersgerechte Neuerzählung“ ideal für fortgeschrittene Erstleser, ab 7/8 Jahren, was immer miteinschließt, daß die Buchstaben groß sind und viele Bilder vorkommen. Hier wird ROBINSON CRUSOE neu erzählt von Wolfgang Knape und Ute Thönissen hat die Bilder beigesteuert, was besonders gut aussieht, wenn sie wie auf den Seiten 14/15 über die eine Seite hinausgehen. Doch, uns hat diese Fassung des ad usum Delphini richtig gut gefallen, weil auf den 67 Seiten der Anfang und der Schluß korrekt sind.
Es beginnt nämlich wirklich mit „Ich wurde im Jahr 1632 in York geboren und stamme aus einer angesehenen Familie. Mein Vater war ein erfolgreicher Kaufmann und kam als junger Mann aus Bremen nach England.“ Robinson also ein halber Deutscher und der Vater vielleicht ein Flüchtling nach England? Immerhin wütete in Deutschland, besser in deutschen Landen, der Dreißigjährige Krieg. Und der unverbesserliche Robinson ist zwar nach jeder überstandenen Schiffskatastrophe geknickt und verspricht sich und dem Himmel, nie wieder auszufahren, aber dann erleben wir ihn schon beim nächsten Schiffsuntergang. Schließlich gibt es nicht nur die Natur, die wütet, sondern auch die Piraten!
Flott und doch solide erzählt geht es um die Inselgeschichte und Freitag sowie den Papagei, den Robinson mitnimmt als er am 19. Dezember 1686 an Bord des Schiffes nach England geht: „Achtundzwanzig Jahre, zwei Monate und neunzehn Tage hatte ich auf dieser Insel zugebracht.“
Dies ist in den meisten Fassungen für Kinder und Jugendliche das Ende der Erzählung. Es ist nicht das Ende des Romans, wo Robinson auch von seiner Heimkehr, den gestorbenen Eltern etc. spricht. Aber das obige Datum ist ein sinnvolles Ende für die Abenteuer, die Robinson erlebt und von daher für Kinder- und Jugendlichenfassungen absolut legitim.
Klassiker für Kinder heißt auch die Reihe bei cbj, wo Robinson Crusoe von Frauke Nahrgang nacherzählt wird, mit Bildern von Hauke Kock. Das Konzept dieser Reihe liegt im ERST ICH EIN STÜCK DANN DU, das soll das gemeinsame Lesen fördern, stört aber nicht, wenn ein Kind das Buch alleine liest. Das Buch führt emotional in die Geschichte des Abenteurers ein: „Wenn ich doch auf meinen Vater gehört hätte! All das, von dem ich nun berichten werde, wäre niemals passiert“...und dann kommt in sehr großen Buchstaben „Ich heiße Robinson Crusoe und stamme aus der Stadt York. Dort hatte es mein Vater als Kaufmann zu Wohlstand und Ansehen gebracht.“ Das also ist die Passage, die das Kind lesen soll.
Es fällt auf, daß die Robinsonade schlichter erzählt wird und auf das Zusammenleben mit Freitag und die Kämpfe gegen „die Schurken“ konzentriert ist. Darum heißt es am Schluß auch: „Ich konnte die Insel verlassen. Von dort nahm ich nichts mit als Freitag.“ Na so was! Da wird doch glatt Poll, der Papagei unterschlagen und auch die Mütze aus Ziegenfell, die im ersten Buch oben noch eine Rolle spielte, zumindest das Ziegenfell, das allerdings dort zu einem aufklappbaren Sonnenschirm mutierte….
Das finden wir unnötig, wollen aber nicht so beckmesserisch sein, denn natürlich ist das Entscheidende, ob der Gehalt der Geschichte transportiert wird. Das nun wiederum finden wir so wichtig, daß wir über das Essentielle an Robinson uns noch mal Gedanken machen werden.
Das dritte Buch ROBINSON CRUSOE ist ein Arena Kinderbuch-Klassiker, also eine weitere Klassikreihe, die wir als Jugendbuch lesen. Hier geht es um geübte Leser, denen man 212 Seiten zumuten darf, denn entscheidend ist nicht die Länge, sondern wie der Leser hineingezogen wird in das Buch. Hier ist es die verkürzte Version, wie Daniel Defoe beginnt. Leider wird nirgends erwähnt, wer diese Fassung verantwortet. Es heißt nur, daß es eine Bearbeitung der deutschen Übersetzung aus dem Jahr 1836 von Dorothea Rahm sei. Das ist lange her, rechtefrei und noch dazu eine stark „gekürzte Ausgabe“.
Wir tun uns schwer mit dieser Ausgabe, finden es auch lieblos, daß Kapitel da sind, aber nirgends mit Seitenzahlen aufgelistet sind. Aber da die Kapitel nur in 27 Kapitel nummeriert sind und keine inhaltliche Aussage haben, ist das dann nicht so wichtig. Die Illustrationen von Hans G. Schellenberger sind in Schwarzweiß gehalten und zeigen uns Robinson als homo habilis, also immer mit Werkzeug und sein Leben durch Tun organisierend. Auch dieses Buch endet mit dem berühmten Satz der 28 Jahre, zwei Monate und neunzehn Tagen, die Robinson auf der Insel verbracht hat, der Ziegenfellmütze und dem Papagei. Allerdings wird auch die Ankunft in England am 11. Juni 1687 festgehalten. Das finden wir gut und halten die Entscheidung für richtig, daß das Weiterleben von Robinson in Europa keine Rolle mehr spielt.
Robinson bleibt einfach der, der den Schiffsbruch überlebte, allein auf einer Insel ein Überlebensprogramm aufbaute und sich erst durch Tiere Lebens- und Gesprächspartner schuf, was sich dann auf Freitag ausdehnte, als der zweite Mensch die Insel betritt. Das ist das, was auch Erwachsene später von Robinson behalten. Aber zu wenig für den Roman von Daniel Defoe.
Info:
Daniel Defoe, Robinson Crusoe, neu erzählt von Wolfgang Knape, mit farbigen Bildern von Ute Thönissen, Arena Verlag 2014
Daniel Defoe, Robinson Crusoe, nacherzählt von Frauke Nahrgang, cjb, 2013
Daniel Defoe, Robinson Crusoe, mit einem Vorwort von Willi Fährmann, Arena Verlag 2015