Serie: NACKT UNTER WÖLFEN. Zum Wiederaufleben des Romans durch die ARD-Ausstrahlung am 1. April 2015, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Finden Sie auch, daß der Buchtitel NACKT UNTER WÖLFEN sofort Assoziationen weckt? An Leseerlebnisse von früher, das gilt zumindest für meine Generation, die sich zwar nicht mehr an das Erscheinen des Romans in der DDR 1958 erinnern kann, aber sehr wohl, wie sehr der im KZ Buchenwald spielende Roman nur in gewissen Kreisen der bundesdeutschen Öffentlichkeit diskutiert wurde und daß es schnell zum Roman schon zwei Filme dazu gab.

 

Wie es sich gehört, einen schon 1960 für den Deutschen Fernsehfunk (Georg Leopold), einen für die DEFA 1963 (Frank Beyer), der für die Zukunft den Maßstab setzte. 52 Jahre (!!) später kommt nun durch den Mitteldeutschen Rundfunk für die ARD unter der Regie von Philipp Kadelbach ein Fernsehfilm dazu, produziert von Nico Hofmann. Dieser Film ist Anlaß unserer Serie. Zumal er inzwischen auch international Preise und den Deutschen Fernsehpreis erhalten hat sowie für den Grimmepreis nominiert ist. Doch davon später mehr.

 

Der Film folgt dem Buch, aber der Roman war sehr lange nicht mehr erhältlich und so gibt es seit 2012 auf der Grundlage der Erstausgabe mit der Dokumentation der mehrfachen Bearbeitung und Überarbeitung des ursprünglichen Textes eine erweiterte Neuausgabe durch den Aufbau Verlag, der einer der reichsten Verlag ist, was den Umfang und die Qualität seine Autoren auf der sogenannten Backlist angeht. Ein Pfund, mit dem gewuchert wird, und wir freuen uns einfach, daß es das Buch wieder aufgefrischt gibt, auch wenn auf dem Titel des Aufbau Taschenbuches nun steht: DAS FILMEREIGNIS. Also gewissermaßen das Buch nach dem Film,obwohl es eher umgekehrt ist.

 

Buchenwald. Uns fallen spontan zwei Namen ein von Buchenwaldhäftlingen die überlebten und darüber schrieben, historisch hintereinander: Eugen Kogon mit dem SS-STAAT, schon 1946 erschienen, der nach sechs Jahren Haft im KZ- Buchenwald eine fulminante Analyse des Terrorsystems vorlegt , und der persönlich sehr verehrte Jorge Semprún, der als in Frankreich im Untergrund lebender kommunistischer Spanier gegen die deutschen Besatzer Frankreichs agierte, 1943 von der Gestapo verhaftet wurde und im Januar 1944 ins KZ Buchenwald deportiert wurde, wo er sich am kommunistischen Widerstand innerhalb des KZs beteiligte und als staatenlos galt, denn das faschistische Spanien hatte ihn ausgebürgert. Er überlebte ebenfalls Buchenwald. Seine Erfahrungen, auch seine Befreiung schlagen sich nieder in DIE GROSSE REISE von 1963 und dem versöhnlich-ironischen Titel von 1980 WAS FÜR EIN SCHÖNER SONNTAG, beide erschienen im Verlag Suhrkamp.

 

Die vom MDR verantwortete Ausstrahlung der Verfilmung des Buches hatte – ganz wichtig und richtig – eine zusätzliche Dokumentation angefügt, wo dann dietatsächlichen Verhältnisse von Buchenwald, das KZ, seine Organisation, die Befreiung aus heutiger Sicht mit den heutigen Erkenntnissen wiedergegeben wurden. Auf das KZ Buchenwald kommen wir noch zu sprechen, doch steht jetzt Bruno Apitz im Mittelpunkt, weithin vergessen, obwohl sein Roman NACKT UNTER WÖLFEN ein sensationeller Erfolg wurde. Fortsetzung folgt

 

P.S. Fritz Bauer (1903-1968), der nachmalige Hessische Generalstaatsanwalt, der den deutschen nationalsozialistischen Terror und die Vernichtung von Menschen in Dänemark und Schweden überlebte, sprach: „Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Ihn, bei dem Reden und Handeln eins wurde, zitieren wir in diesem Zusammenhang besonders gerne, glaubte er doch an die Bildbarkeit des Menschen und damit auch an die jungen Generationen, für die solche Erinnerungsarbeit als Buch oder Film besonders wichtig sind.

http://www.willy-brandt-haus.de/kunst-kultur/fritz-bauer-tod-auf-raten/

 

Foto: KZ Buchenwald

 

 

INFO:

 

 

Das Buch

 

Bruno Apitz, Nackt unter Wölfen, erweiterte Neuausgabe auf der Grundlage der Erstausgabe des Mitteldeutschen Verlags Halle (Saale) von 1958, hrsg. von Susanne Hantke und Angela Drescher, Aufbau Verlag 2012

 

 

 

Der Fernsehfilm

 

Originaltitel Nackt unter Wölfen

Produktionsland Deutschland

Originalsprache Deutsch

Erscheinungsjahr 2015

Länge 105 Minuten

Altersfreigabe FSK 12

 

 

Stab

Regie Philipp Kadelbach

Drehbuch Stefan Kolditz

Produktion Nico Hofmann

Benjamin Benedict

Sebastian Werniger

Musik Michael Kadelbach

Kamera Kolja Brandt

Schnitt Bernd Schlegel

 

 

Besetzung

 

Florian Stetter: Hans Pippig

Peter Schneider: André Höfel

Sylvester Groth: Helmut Krämer

Sabin Tambrea: Hermann Reineboth

Robert Gallinowski: Robert Kluttig

Rainer Bock: Alois Schwahl

Rafael Stachowiak: Marian Kropinski

Thorsten Merten: Bochow

Torsten Michaelis: August Rose

Robert Mika: Zacharias Jankowski

Matthias Bundschuh: Gotthold Zweiling

Ulrich Brandhoff: Heinrich Schüpp

Torsten Ranft: Mandrill

Andreas Lust: Förste

Marko Mandić: Leonid Bogorski

Janusz Cichocki: Zidkowski

Max Hegewald: Roman

Leonard Carow: Johann Müller

Robert Hunger-Bühler: Pippigs Vater

Vojta Vomácka: Kleiner Junge