Serie: NACKT UNTER WÖLFEN. Zum Wiederaufleben des Romans durch die ARD-Ausstrahlung am 1. April 2015, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Bruno Apitz überlebt durch seinen Klassiker NACKT UNTER WÖLFEN, obwohl er Zeit seines Lebens schrieb. Er ist der klassische Proletarier, um den sich die klassische KPD in erster Linie kümmerte. Der im Jahrhundertjahr 1900 in Leipzig am 28. April geboren (gestorben in Berlin 1979) war das zwölfte Kind eines Wachstuchdruckers und einer Waschfrau.

 

Das kann man sich heute kaum mehr vorstellen, unter welchen Bedingungen Kinder groß wurden und zu welchen Lebensleistungen sie fähig waren. In der Volksschule blieb Bruno bis zum 14. Jahr und wurde Stempeldrucker. Früh hatte er mit der SPD zu tun, sein Held war Karl Liebknecht. Für eine aufmunternde Rede vor streikenden Arbeitern bekam der Siebzehnjährige 19 Monate Gefängnis verpaßt, wurde aber vorzeitig entlassen. Danach war er zum Kampf für die Arbeiterklasse und die Befreiung des deutschen Volks aus der kaiserlichen Vormundschaft bereit und wurde 1919 SPD-Mitglied.

 

Inzwischen hatte er eine Lehrstelle, die er wegen seiner Teilnahme am Buchhändlerstreik aber verlor. Er kämpfte auf der Seiten der Kommunisten gegen den Kapp-Putsch und fing längst an zu schreiben, auch Gedichte zu verfassen, was in KPD-Zeitungen veröffentlicht wurde. Schauspieler war er dann auch noch und schrieb 1924 sein erstes Theaterstück sowie nie veröffentlichte Geschichten. Im Jahr 1927 wurde er Mitglied der KPD und arbeitete für die Rote Hilfe, die sich grob gesagt als eine Solidaritätsorganisation im linken Spektrum versteht, also auch parteiübergreifend agiert. Er schrieb weiter und organisierte sich naturgemäß beim Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller.

 

Das Gefängnis – übrigens fällt dabei auf, daß heute der Begriff des Zuchthauses, das als Institution erst 1969 in Westdeutschland abgeschafft wurde, deshalb auch sprachlich verloren geht. Junge Leute können damit überhaupt nichts mehr anfangen, weshalb kurz erklärt werden muß, daß eine Zuchthausstrafe wesentlich härter war als eine Gefängnisstrafe, weil mit harter körperlicher Arbeit verbunden, die krank machte oder sogar einen frühen Tod verursachte. Außerdem war die durch die Gerichte festgestellte Strafe hie Gefängnis, dort Zuchthaus verbunden mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, und gemäß dem sprachlichen Ausdruck mit „Züchtigen“, also Prügelstrafe.

 

Das nur nebenbei. Also auch bei Apitz wechselten in den Bestrafungen Gefängnis und Zuchthaus ab, denn klein beigegeben hat er nicht. Aber dann hatten die Nazis zusätzlich die Konzentrationslager geschaffen, die Bruno Apitz nun öfter von innen sah, dazwischenimmer wieder Zuchthaus, von wo aus er direkt ins KZ Buchenwald deportiert wurde und acht Jahre bis zur Befreiung blieb. Er besetzte herausgehobene 'Posten' innerhalb der Gefangenen, war für die kommunistischen Genossen ein Garant, war auch musisch tätig, von der Begleitung von Musikveranstaltungen über Schnitzkunst bis zu Gedichten.

 

Und er überlebte bis zur Befreiung des Lagers am 11. April 1945, über das es unterschiedliche Versionen und eben auch Geschichtsmythen gibt. Nach der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945, sprach sich das nach und nach auch in den anderen Konzentrationslagern herum. Schon zuvor hatte die SS Hunderttausende von Häftlingen aus Lagern im Osten gen Westen geschickt, wo sie die überfüllten Lager noch weiter überfüllten. Auch das KZ Buchenwald. Apitz hatte in seinem Roman die Befreiung in der Zusammenarbeit von Lagerältesten Hans Eiden und Franz Eichhorn mit den ankommenden US-Siegertruppen und zuvor mit dem fliehenden Lagerkommandanten Hermann Pister korrekt gezeichnet. Seine Fassung wurde aber zugunsten einer die Kommunisten positiver darstellenden Version als die Befreiung von innen sozusagen ersetzt. Doch das war erst in den Fünfziger Jahren,als das Buch in der DDR 1958 herauskam.

 

1946 wurde Apitz eines der Gründungsmitglieder der SED. Muß man das für Heutige ungeläufige Akronym ausschreiben? Zur Vorsicht ja. Es handelt sich also um die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland, was die Zwangseingliederung der SPD in der damaligen SBZ - das war die Sowjetische Besatzungszone, ab 1949 die DDR - in die gemeinsame Partei mit den ehemaligen Kommunisten bedeutete.

 

Da sieht man mal, wie viel zu erklären man für nötig hält, um über den antifaschistischen Schriftsteller, Dramatiker und Dichter Bruno Apitz auch nur das Allernötigste mitzuteilen. Ab 1949 war er dann Redakteur, arbeitete als Dramaturg, Hörspielautor und konnte also 1958 NACKT UNTER WÖLFEN veröffentlichen. An der schnellen Verfilmung durch die DEFA unter der Regie von Frank Beyer war der Schriftsteller als Drehbuchautor, aber auch als Schauspieler beteiligt. Hier wollen wir abbrechen, denn um seinen Roman und die Fernsehverfilmung geht es jetzt. Fortsetzung folgt.

 

Foto: Bruno Apitz (c) TH Chemnitz

 

INFO:

 

Das Buch

 

Bruno Apitz, Nackt unter Wölfen, erweiterte Neuausgabe auf der Grundlage der Erstausgabe des Mitteldeutschen Verlags Halle (Saale) von 1958, hrsg. von Susanne Hantke und Angela Drescher, Aufbau Verlag 2012

 

 

 

Der Fernsehfilm

 

Originaltitel Nackt unter Wölfen

Produktionsland Deutschland

Originalsprache Deutsch

Erscheinungsjahr 2015

Länge 105 Minuten

Altersfreigabe FSK 12

 

 

Stab

Regie Philipp Kadelbach

Drehbuch Stefan Kolditz

Produktion Nico Hofmann

Benjamin Benedict

Sebastian Werniger

Musik Michael Kadelbach

Kamera Kolja Brandt

Schnitt Bernd Schlegel

 

 

Besetzung

 

Florian Stetter: Hans Pippig

Peter Schneider: André Höfel

Sylvester Groth: Helmut Krämer

Sabin Tambrea: Hermann Reineboth

Robert Gallinowski: Robert Kluttig

Rainer Bock: Alois Schwahl

Rafael Stachowiak: Marian Kropinski

Thorsten Merten: Bochow

Torsten Michaelis: August Rose

Robert Mika: Zacharias Jankowski

Matthias Bundschuh: Gotthold Zweiling

Ulrich Brandhoff: Heinrich Schüpp

Torsten Ranft: Mandrill

Andreas Lust: Förste

Marko Mandić: Leonid Bogorski

Janusz Cichocki: Zidkowski

Max Hegewald: Roman

Leonard Carow: Johann Müller

Robert Hunger-Bühler: Pippigs Vater

Vojta Vomácka: Kleiner Junge