Serie: VOM GLÜCK DES HÖRENS, Teil 10/10

 

Helmut Marrat

 

Hamburg (Weltexpresso) - "Menschen im Hotel"hat ein schönes Titelbild. Es zeigt im Profil eine Frau um 1930. Charleston, der Tanz, benannt nach der gleichnamigen Stadt in South Carolina, 1923 aufgekommen und 1925 durch Josephine Baker (1906 - 1975) nach Europa gebracht, liegt noch in der Luft, so scheint es.

 

 

Das Leben zusammengefügt in einem Grand Hotel. Die große neue Welt seit dem Fin de Siècle. Vicki Baum schrieb den Kolportage-Roman 1929. "Menschen im Hotel" sagt schon genau, um was es sich hier handelt: Um verschiedene Personen, die zufällig oder auch nicht zur selben Zeit in diesem noblen Hotel wohnen und deren Einzelschicksale wir kennenlernen. Viele dieser Schicksale kreuzen und überschneiden sich aber auch, so dass es hier nicht nur eine reine Parallelhandlung abgespult wird.

 

Es entstehen während der Handlung Verbindungslinien unter den einzelnen Figuren, die von sich aus gar nicht selbstverständlich scheinen. Fünf Hauptfiguren spielen hier die wesentliche Rolle: Der Unternehmer Preysing, dem es gelingt, seine Fabrik durch falsche Bilanzen und durch einen Bluff zu retten; der heruntergekommene Baron v. Gaigern, der sich jetzt als Hoteldieb durchschlägt; die berühmte russische Tänzerin Grusinskaja, die in Liebe zu dem Baron entbrennt, der sie vor dem Selbstmord rettete, als er gerade noch in ihrem Zimmer war, nachdem er ihren Schmuck stahl, und die erst durch diese Liebe wieder die Energie zu tanzen zurückgewinnt; die Sekretärin Flamm, genannt Flämmchen, die davon träumt, zum Film zu gehen, die vergeblich in den Baron verliebt ist, sich mit dem totkranken älteren Angestellten Otto Kringelein anfreundet und die kurz davor ist, sich an Generaldirektor Preysing zu verkaufen.

 

Der Baron, der das Diadem an die Grusinskaja zurückgegeben hat und daher nach wie vor in Geldnot ist, versucht, Preysing durch sein durch Kringelein erlangtes Wissen über dessen Unregelmäßigkeiten zu erpressen und wird von Preysing erschlagen. Die Grusinskaja wartet vergeblich auf ihn, den sie mit auf ihre Reise nach Rom nehmen wollte; und der kleine Angestellte in Preysings Fabrik, sein Buchhalter, der sich ein super-teures Zimmer genommen hat, weil er den letzten Rest seines Lebens wenigstens genießen möchte, gewinnt am Ende nicht nur im Pokerspiel, bei dem v. Gaigern verlor, ein Vermögen, sondern auch die Hand von Fräulein Flamm.

 

Max Reinhardt (1873 – 1943) brachte den Stoff 1930 im Berliner Theater am Nollendorfplatz zuerst auf die Bühne; anschließend wurde es auch am Broadway inszeniert und für den Film entdeckt, der 1931 mit Greta Garbo (1905 - 1990) als Grusinskaja verfilmt wurde. Greta Garbo war, als ich den Film jetzt beim Cinefest sah, die große Entdeckung und Überraschung für mich: An Kraft, Temperament und Ausdrucksstärke.

 

1959 wurde "Menschen im Hotel" noch einmal verfilmt, diesmal in Deutschland, durch Gottfried Reinhard (1911 -1994); hier fällt besonders Gert Fröbe (1913 - 1988) als Preysing auf.

 

Das Hörspiel gibt, wenn man so will, diese Filme komprimiert als Hör-Eindruck wieder; und hier bleiben Willy Maertens (1893 - 1967) als Kringelein und Paul Dahlke (1904 - 1984) wiederum als Preysing in Erinnerung.