Serie: 6. literaTurm wird zum Literaturfestival Frankfurt RheinMain vom 2. bis 13. Mai 2012, Teil 7/ 10

 

Siegrid Püschel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Tut uns leid, liebe Leser, daß uns das Frankfurter Buchkaufhaus Hugendubel enttäuschen mußte und wir auf den Lesungen falsch informierten. Wir waren ganz sicher, daß dieses Haus der Bücher im Steinweg einen eigenen Tisch für LAKONIE UND LEIDENSCHAFT eingerichtet hat, wo man vor den Lesungen oder danach sich in Ruhe die Bücher anschauen kann, auf den schönen roten Polstern sich einlesen darf und auf dieser Basis besser entscheiden kann, in welche Veranstaltung man geht und welches Buch man selbst besitzen möchte. Ist aber nicht.



Shahram Rahimian wird DR.N. LIEBT SEINE FRAU MEHR ALS MOSSADEGH aus dem Verlag P.Kirchheim, am Mittwoch, 9. Mai um 18.30 Uhr im OpernTurm, Ashurst LLP vorstellen. Wir wissen nur wenig über den Autor, der 1959 in Teheran geboren, 1976 zum Studieren nach Deutschland kam. Und blieb, nehmen wir an. Heute lebt er in Hamburg. Er schreibt auch auf Persisch und im Iran ist er ein bekannter und anerkannter Schriftsteller. Er hat außerdem – so lesen wir – einen Kriminalroman „Schiller Connection“ im Sujet Verlag veröffentlicht. Mohammad Mossadegh war – wie es heißt - ein liberaler Ministerpräsident im Iran und wurde 1953 von der CIA gestürzt.

Der Roman ist übrigens kein neues Buch, sondern im Iran sehr bekannt und beliebt und heute wird dort der Nachdruck verboten!Das schmale Bändchen von 94 Seiten hat es in sich. Denn tatsächlich geht es um die allerwichtigsten Dinge im Leben. Auch darum, wie man leben möchte und was passiert, wenn man aus dem eigenen Leben herausgeworfen wird. So passiert es Dr. N.. Der nämlich bewundert seinen Premierminister Mossadegh von ganzem Herzen, was der damit erwidert, daß er ihn zu seinem Selbstvertreter macht. Von Anfang an muß man mitdenken beim Lesen, denn das Erzähler-Ich wechselt. Mal ist es Dr. N., mal seine Frau, mal Mossadegh.

 

Dem tut er nämlich Leid an und das alles nur aus Liebe zu seiner Frau. Aber eigentlich ist die CIA schuld. Denn als Mossadegh fällt, fällt auch sein Stellvertreter. Direkt ins Gefängnis. Dort nun wird ihm gemeinerweise von der angeblichen Vergewaltigung seiner Frau gesprochen. Retten kann er sie nur, wenn er gegen sein Vorbild aussagt. Und wie der Titel schon sagt, liebt er seine Frau noch mehr. Mit Schuld dann umzugehen, sich als Verräter zu fühlen und es ja auch zu sein, sind Gefühle, die direkt in den Irrsinn treiben, auf jeden Fall den Menschen spalten. Gefühlskondensierung also.



Anna Katharina Hahn ist mit AM SCHWARZEN BERG, erschienen im Suhrkamp Verlag, am Mittwoch, 9. Mai um 18.30 Uhr im Haus am OpernTurm vertreten. Die 1970 Geborene lebt in Stuttgart und hatte als Debüt 2010 „Kürzere Tage“ veröffentlicht. AM SCHWARZEN BERG ist ganz aktuell, spielt im Sommer 2010 mit dem Kampf um Stuttgart 21. Und ist gleichzeitig ein poetisches Werk, wo politische Gegenwart und Mörike-Verbundenheit in eins gehen. Peter, der Sohn der Nachbarn, aber wie ein eigenes Kind für die kinderlosen Bubs, Emil und Veronika, ist Protestler, Vater von zwei Kindern und Mörike-Verehrer. Doch dann passiert etwas. Die Freundin verschwindet zusammen mit den Kindern.



Atiq Rahimis VERFLUCHT SEI DOSTOJEWSKI aus dem Ullstein Verlag, wird am Mittwoch, 9. Mai 20 Uhr im OpernTurm auf Deutsch von Jochen Nix gelesen. Das auf Französisch geführte Gespräch faßt der Moderator auf Deutsch zusammen. Atiq Rahimi, 1962 in Afghanistan geboren, floh 1984 aus Kabul, landete in Frankreich und wurde ein bekannter Dokumentarfilmer. Im Jahr 2002 erschien „Erde und Asche“, voll tiefer Trauer über die Folgen des Krieges für die Bevölkerung, für diese eine Familie. Wie „Der Krieg und die Liebe“ und „Stein der Geduld“, das er auf Französisch schrieb und im Jahr 2008 den Prix Goncourt erhielt, sind die Taschenbücher im List Verlag erschienen.



Der Titel hat gute Gründe. Denn wenn Raskolnikow nicht wäre, in „Schuld und Sühne, was heute „Verbrechen und Strafe“ heißt, dann müßte sich der Jurastudent seinen kleinen Mord nicht so zu Herzen nehmen. Denn sie war alt, die reiche Wucherin. Aber mittendrinnen muß er an Raskolnikow denken und sofort ist alles aus: er haut ab, läßt die Beute zurück und nimmt die Schuld mit. Aber niemand vermißt die Alte, also muß er erzwingen, daß seine Tat wahrgenommen wird und gesühnt werden kann. Aber wie macht man das. Da kommt eine burkaverhüllte Gestalt...



Auch Anne Enrights ANATOMIE EINER AFFÄRE, verlegt von DVA - auf Deutsch von Birgitta Assheuer gelesen – steht am Mittwoch, 9. Mai um 20 Uhr im Haus am OpernTurm im Mittelpunkt. Ein eigenartiges Buch, weil man beim Lesen dauernd auf etwas ganz Dramatisches wartet, weil die Autorin eine Spannung aufbaut, von der man erwartet, daß sich etwas entlädt. Das Beste am Buch finden wir den Titel, der etwas verspricht, was er nicht hält. Dazu müßte man aber genau wissen, welche Protagonisten die Affäre haben, deren Anatomie erfolgt. Ist es für die verheiratete Gina der ebenfalls verheiratete Liebhaber oder dessen Tochter? Oder gehört beides unaufhaltsam zusammen.



Anne Enright ist eine in England sehr prominente Autorin. Hier wurde sie durch „Das Familientreffen“ bekannt, für das sie im Jahr 2007 den Booker Prize erhielt. Auf Deutsch ist der Roman wie „Alles, was Du wünschst“ (Erzählungen) ebenfalls bei DVA erschienen. Wir haben im Zusammenhang mit der ANATOMIE auch diese beiden Bücher gelesen und zum „FAMILIENTREFFEN“ uns zusätzlich die 5 CDs des Hörbuchs, erschienen bei HörbuchHamburg, angehört, das in lakonischem Ton von Ungeheuerlichkeiten erzählen, die anläßlich des Todes des Bruders Liam die Schwester, die Vergangenheit ausgrabend, der Familie präsentiert. Wir finden die Bücher in der Verwendung von Sprache und Stil sehr ähnlich, weil es ein Erzählfluß ist, in dem ein Icherzähler uns mit seiner jeweiligen Realität konfrontiert. Aber ist die Perspektive des einen auch die Wahrheit? Was ist überhaupt Wahrheit?



Der Weltexpresso wird kontinuierlich über alle Veranstaltungen berichten.

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