Stephan Harbort, Deutschlands bekanntester Serienmordexperte klärt auf, Knaur Verlag, Teil 1/3

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir haben dieses Buch mit dem reißerischen Titel, das von Serienmörderinnen in Deutschland von 1945 bis 2015 handelt, mit großem Gewinn gelesen. Das liegt zum einen an den uns zuvor unbekannten Statistiken, die beispielsweise ausweisen, daß 97,4 Prozent dieser Täterinnen Deutsche sind.

 

Das hat uns völlig überrascht. Schließlich sind die Zeitungen voll davon von all den Untaten von Migranten oder aus dem Ausland Gekommenen. Noch deutlicher wird dies bei den Opfern. Auch diese sind überwiegend Deutsche, sogar zu 97,8 Prozent. Wer entscheidet nun, ob Frauen, die gemordet haben, Serienmörderinnen sind, die also allein in diesen Statistiken eine Rolle spielen?

 

Kriminalhauptkommissar Stephan Harbot greift dabei auf Definitionen zurück, die wir uns sparen und es dabei belassen können, daß mindestens zwei Tötungsdelikte und die generelle Schuldfähigkeit vorliegen müssen, wird von Serienmord gesprochen. Frauen begehen grundsätzlich sehr viel weniger Morde als Männer, auch weniger Serienmorde, von den 212 aufgeklärten Mordserien im angesprochenen Zeitraum 1945-2015 beträgt der Frauenanteil von Verurteilten 18 Prozent.

 

Davon abgesehen, bekräftigen die vorgelegten Statistiken, die auf der Basis von 174 Serienmörderinnen beruhen, auch das, was man nur den Mordberichten in der Presse und den Krimis entnommen und als Vorurteil gepflegt hat, daß nämlich nicht nur die Häufigkeit von Frauenmorden sich von denen von Männern unterscheiden, sondern auch die Tötungsarten/Tatmittel. Demnach sind durch Frauen über ein Drittel durch „Verabreichung von Fremdsubstanzen“, das sind Medikamente, und 10 Prozent durch Vergiftung ums Leben gekommen und ein weiteres Drittel durch Ersticken (Handtuch/Tuch/Kissen/Kopfkissen/Plastiktüte). Obwohl eine von den dann vorgestellten Fällen eine Pistole verwendet hat, kommt Erschießen oder Erschlagen in der Frauenstatistik im Gegensatz zu den Tötungsarten von Männern überhaupt nicht vor, so geringfügig ist der Anteil.

 

Tatsächlich sind die dem Buch angefügten Statistiken so interessant, daß man noch Stunden damit zubringen könnte – und vielleicht werden sie noch einmal erwähnt. Zuvörderst allerdings geht es um den Text auf den 213 Seiten des Taschenbuches, in dem sieben Fälle, sieben Frauen, sieben Serienmörderinnen vorgestellt werden. Stephan Harbort entgeht bei den Falldarstellungen Wiederholungen, die eher langweilig würden, indem er die jeweiligen Frauen einer psychologischen Wertung unterordnet - „Schmetterlingsfrau“, „Gefangene Prinzessin, „Die Venusfalle...“ und auch die Form der Darstellung verändert „Interview mit einer Patientenmörderin“ etc.

 

Die ausgesuchten Fälle, zur Erinnerung der Serienmörderinnen, sind: Kindsmörderin, Partnermörderin, Witwenmörderin, Brandteufelin und spontane Mörderin an unbekannten Frauen, Patientenmörderin, erneut Kindermörderin und Kollegenmörderin. Bei der Darstellung der Mehrfachmörderinnen wird es nun für den Leser spannend, wie unterschiedlich, also mit welchen Hintergrundgefühlen der Autor schreibt, bzw. welche man als Leserin aus dem Text schließt. Eigentlich wird nur im ersten Fall, die auch von der Leserin nachvollzogene Abscheu vor Tat und Täterin deutlich. Die eiskalte und nur auf den eigenen Vorteil bedachte Mutter, die demnach diese Bezeichnung nicht verdient, weil nichts Mütterliches vorhanden ist, mordet die von ihr geborenen Babys aus einem einzigen Motiv: sie sind ihr lästig. Insofern geht die Leserin mit dem deutlichen Abscheu des Autors mit dieser Täterin konform.

 

Der Ton ändert sich sofort, als Harbort über Maria Morata schreibt. Diese sieht sich von Männern getäuscht und findet kein anderes Mittel, als sie – ja, heimtückisch – zu erschießen. Aber es werden durch die Lebensbeschreibung psychologische Motive deutlich, die nicht als Entschuldigung, aber doch als Erklärung herangezogen werden. Das ist auch noch nachvollziehbar, setzt sich aber bei den anderen Fällen doch etwas legitimatorisch fort, wo wir manchen Motiverklärungen weniger willig folgen. So beispielsweise bei der Frau, die aus Gewinnstreben sich einem Pensionierten nach dem anderen als Geliebte oder Ehefrau anbietet, was deshalb in den Plural geht, weil sie diese Männer sehr schnell umbringt. An ihrem Beispiel kann man eine furchtbare Wahrheit nachempfinden: obwohl die Kriminalpolizei einen Verdacht hatte und die Beweise erdrückend scheinen, ging sie aus etlichen Untersuchungen als unschuldig hervor.

Fortsetzung folgt

 

Foto: Cover

Info: Stephan Harbort, Killerfrauen. Deutschlands bekanntester Serienmordexperte klärt auf, Knaur Verlag