In Frankfurt soll eine Straßenbahnlinie teilweise eingestellt werden
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Aus aktuellem Anlass stellt sich für Frankfurter Bürger erneut die Frage, welchen Prioritäten diese Stadt eigentlich folgt.
Ist es das allgemeine Wohl, welches sich in einer funktionierenden öffentlichen Daseinsvorsorge zeigt, oder dient sie lediglich als Selbstbedienungsladen für Privilegierte? Die geplante Streckenreduzierung der bewährten Straßenbahnlinie 14 lässt Schlimmstes befürchten.
Denn Verkehrsdezernent und Stadtplaner habe sich vorgenommen, die Bewohner Sachsenhausens abzuhängen und den Verkehrsknotenpunkt Südbahnhof ein Stück zu deklassieren. Zwei Krankenhäuser nördlich des Mains (Das „Hospital zum Heiligen Geist“ und das „Rotes Kreuz Krankenhaus“), zwei Senioreneinrichtungen, mehrere Schulen und Kindertagesstätten sowie das Literaturhaus (die Kultur besitzt in dieser rot-schwarz-grünen Regierung keinen Stellenwert) werden ab Dezember aus dem Süden mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr direkt erreichbar sein. Außerdem soll die Buslinie am südlichen Mainufer, dem Museumsufer, vollständig eingestellt werden. Die Begründung ist so schlicht wie fürchterlich. Sie lautet: mangelnde Rentabilität und Auslastung.
Eine Kommune ist jedoch kein Krämerladen. Deswegen dürfen weder Stadtverordnete noch der Magistrat und schon gar nicht die nachgeordnete Verwaltung von einer Krämerseelenmentalität geprägt sein. Und ebenso nicht von einem vorauseilenden Befehlsempfängerbewusstsein gegenüber finanzstarken und profitinteressierten Interessensgruppen mit besten Beziehungen in die Stadtregierung. Die einzig gültigen Rentabilitätskriterien sind der Mensch und seine genuinen Bedürfnisse. Wer an diesen vorbeiregiert, wird Folgelasten hervorrufen, die erfahrungsgemäß ausschließlich den normalen Bürgern aufgebürdet werden. Die Anbindung des „Europaviertels“ mit seinen Luxuswohnungen, einer Planungssünde par excellence, durch die neue geführte Linie 14 wird eindeutig durch die Vernachlässigung gewachsener Stadtviertel mit gemischter Bevölkerung erkauft. Der zuständige Dezernent, der der SPD angehört, betreibt Klassenkampf von oben. Sein grüner Vorgänger hat es vorgemacht. Und so wird der Staffelstab des politischen Versagens von Koalition zu Koalition weitergereicht.
Deswegen ist es an der Zeit, gegen die Selbstherrlichkeit der Verantwortlichen der Verkehrsgesellschaft Frankfurt zu protestieren. Beim Bau eines notwendigen Bahnsteiges für die U 5 auf der Eckenheimer Landstraße hat man sich vor zwei Jahren entweder vermessen oder man hat die Bauausführung nicht kontrolliert; der Steig ist zu kurz für einen Zug mit mehreren Wagen. Seit dem Frühsommer dieses Jahres sind Fahrgäste von den neuen Fahrscheinautomaten genervt. Bei einstrahlendem Sonnenlicht kann man den Touchscreen nicht erkennen oder es gibt kein Wechselgeld oder der Fahrpreis wird falsch berechnet oder es wird kein Geld angenommen und folglich auch kein Fahrschein ausgedruckt. Die angekündigte Teileinstellung der bewährten Linie 14 passt in dieses Bild.
Aber es hakt auch anderswo. Schier endlose Straßenbauarbeiten auf der Offenbacher Landstraße und der Eschersheimer Landstraße führten zu monatelangen Blockaden, die den Verdacht massiver Planungsfehler nahelegen. Bei einem Neubau im Hasenpfadviertel in Sachsenhausen, der im November 2016 begonnen wurde, hat das zuständige Straßenverkehrsamt wochenlang nicht so genau hingesehen. LKWs blockierten regelmäßig die Straße und verursachten gefährliche, weil für alle Verkehrsteilnehmer unübersichtliche Situationen. Entwässerungsschläuche wurden willkürlich (ohne behördliche Genehmigung) über Gehwege und Straße gezogen ohne Rücksicht auf Behinderte mit Rollstühlen und Rollatoren oder auf Personen mit Kinderwagen sowie auf den allgemeinen Verkehr. Es bedurfte erst der Beschwerden von Anwohnern, bevor halbherzig eingeschritten wurde. Auf einer Länge von ca. 50 Metern wurde der Gehsteig auf der Tucholskystraße durch Bau-LKWS so ramponiert, dass seither für Fußgänger ständig Unfallgefahr besteht. Mutmaßlich hat die Behörde bis heute den Bauunternehmer nicht zur Schadensbeseitigung aufgefordert.
Da künftig das nördliche Mainufer für den PKW-Verkehr gesperrt werden soll (vermutlich eine Rücksichtnahme gegenüber den Reichen, die bald in die neu gebaute Altstadt einziehen), wird für das südliche Mainufer eine drastische Zunahme des Individualverkehrs prognostiziert.
Das Maß ist voll. Frankfurt kann sich politische Ignoranten und Spekulanten nicht länger leisten.
Foto:
Straßenbahnlinie 14 an der Haltestelle Oppenheimer Straße in Frankfurt-Sachsenhausen
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