Occupy Frankfurt - Aus dem öffentlichen Raum ins Museum ?

 

Jan Knoll

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Occupy Frankfurt hat dem historischen museum Objekte aus dem Camp geschenkt! Das nunmehr fast ein Jahr lang dauernde, von Museumsmitarbeiterinnen und AktivistInnen des Camps am Willy-Brandt-Platz gemeinsam recherchierte und bearbeitete Konvolut von Objekten wird am kommenden Mittwoch, 15. Mai 2013 dem Museum öffentlich übergeben.

 

Die öffentliche Übergabe beginnt um 17 Uhr mit einem Mitmach-Buffet vor dem historischen museum (Fahrtor 2, Römerberg). Was passiert, wenn aktive Protestbewegungen Museen Objekte hinterlassen und diese dort verwahrt und ausgestellt werden. Und was hat Occupy Frankfurt für eine historische Bedeutung, was ist dessen Camp-Geschichte und wie geht es weiter?

 

Diese Fragen werden bei der Objektübergabe stattfindenden Diskussionsveranstaltung um 18 Uhr im Sonnemann-Saal von AktivistInnen und den Referenten Wolf Wetzel, Journalist und Publizist, Autor des Buches „Krise des Kapitalismus und krisenhafte Proteste“ und Markus Speidel, Kurator im Stadtmuseum Stuttgart diskutiert und zeitgeschichtlich verortet. Jan Gerchow, Direktor des historischen museums, Dorothee Linnemann, wissenschaftliche Volontärin und Steven, Aktivist von Occupy Frankfurt, führen in die Veranstaltung ein. Die ausgewählten Objekte werden im Sonnemann-Saal der Öffentlichkeit präsentiert, bevor sie dann im Museum inventarisiert und vorerst im Depot auf ihre Erforschung und Ausstellung warten.

 

 

Occupy sammeln - Der Hintergrund

 

Die Idee zur Sammlung von Objekten des Camps am Willy-Brandt-Platz ging vom historischen museum aus, das aus den Erfahrungen der Sammlungstätigkeit des 20. Jahrhunderts und aus seinem sich verändernden Profil vom Fachmuseum zum Stadtmuseum heraus die Objekte der Occupy-Bewegung in Frankfurt möglichst unmittelbar sichern und dokumentieren wollte.

 

Als Ort der Information, Reflexion und Diskussion über Frankfurt bietet das historische museum frankfurt differenzierte Erklärungen und Hintergründe der städtischen Geschichte an. Es versteht sich als Forum für die wichtigen Themen der Stadtgesellschaft und trägt so zur Verständigung über die Gegenwart und Zukunft der Stadt bei.

Occupy Frankfurt und das Camp am Willy-Brandt-Platz, haben im Jahr 2012 in der Frankfurter Stadtgesellschaft und weit über diese hinaus, Anlass zu Diskussionen über die Finanzkrise, aber auch den öffentlichen Raum in der Stadt gegeben. Es ist viel geschrieben, diskutiert und gestritten worden, wie gegenwärtige Formen von Protestbewegungen sichtbar sind, sich Gehör verschaffen und in der Stadtgesellschaft ankommen. Deshalb sieht es das historische museum als seine Aufgabe an, Occupy Frankfurt als Teil der Frankfurter Protestkultur zu dokumentieren. Geplant ist außerdem, ab 2016 im Rahmen der neuen Dauerausstellungen Frankfurt Einst? und Frankfurt Jetzt! Objekte von Occupy Frankfurt im Kontext der Frankfurter Protestkultur seit 1945 zur Diskussion zu stellen.

 

 

Protestkultur im Museum

 

Occupy Frankfurt steht als sozial-politische Bewegung nicht alleine, sondern ist Teil einer bereits im Museum gesammelten und gezeigten Frankfurter Protestgeschichte, die etwa in der 68er-Ausstellung von 2008 zu sehen war. Gehören die 68er oder andere Protestbewegungen überhaupt ins Museum? Diese oft gestellte Frage wird mit „Nein“ beantwortet, wenn Musealisierung mit „Relevanzverlust” gleichgesetzt ist. Das klare „Ja” aber als Antwort schließt ein nicht weniger klares „Ja” zum historischen museum als Vermittler von Vergangenheit und Gegenwart ein. „Ins Museum” bedeutet nicht Endstation.

 

Ins Museum” ist Bedingung für die Bewahrung von Geschichten und Eröffnung von Diskussionen: Was hat Occupy bewirkt in einem Jahr in Frankfurt? Welche Positionen wurden entwickelt? Wer sind die Menschen im Camp und nach welchen Prinzipien leben Sie gemeinsam in dem Zeltlager? Und nicht zuletzt: Was bedeutet ein Phänomen wie Occupy für die Stadt Frankfurt? Als weltweites Finanzzentrum, als Wirtschaftstandort, als Kulturort und auch als zentraler Ort der 1968er Proteste ist Frankfurt die einzige Stadt in Deutschland, in der das Occupy-Camp noch ernsthaften Bestand hat. Was sagt uns das über unsere Stadt? Diese Fragen und die Überlegung, welche Objekte die Bedeutung, das Funktionieren und die Wirkung der Bewegung sichtbar machen, waren Grundlage die ausgewählten Objekte.

 

Foto: B.Wetzel

www.historisches-museum-frankfurt.de

 

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