Rückgabe des Ludwig Börne Preises wegen diesjährigem Preisträger Peter Sloterdijk

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Zu einer interessanten rechtlichen Frage, die doch eigentlich eine moralische ist, führt die jüngste öffentliche Protestaktion des Henryk M. Broder, der aus Ärger über den diesjährigen Preisträger Peter Sloterdijk, der am 16. Juni in der Frankfurter Paulskirche den Preis entgegennehmen wird, den seinen demonstrativ zurückgibt.

 

 

Interessant ist neben dem öffentlichen Aufruhr, den Broder liebt, aber auch der interne Umgangston. Denn den gibt es überhaupt nicht, wie man der heutigen Presseerklärung der Ludwig Börne Stiftung entnehmen kann: „"Wir sind seitens der Börne-Stiftung im Zusammenhang mit einer Preisrückgabe von Henryk Broder nicht kontaktiert worden, obwohl er unsere Telefonnummer und email-Adresse hat. Insofern sind wir nicht sicher, ob er das Ernst meint. Allgemein ist zu der Frage, ob bei einer Preisrückgabe auch das Preisgeld zurückzugeben ist, davon auszugehen, dass dies der Fall ist."

 

Broder hatte seine Meinung also nicht dem Preisvergeber, sondern öffentlich über ein von ihm ESSAY genanntes Pamphlet am Dienstag der Woche in der WELT mitgeteilt. „Ich finde es unmöglich, daß Sloterdijk am 16. Juni mit dem Ludwig Börne preis geehrt wird...Ich will keinem Zirkel angehören, der einen Terrorversteher aufnimmt.“ Broder zitiert Sloterdijk mit der Äußerung zu den Anschlägen am 11. September 2001 als „Zwischenfall in amerikanischen Hochhäusern“. Zusätzlich stellt Broder seine Widerstandstat in den Zusammenhang der umstrittenen BAMBI-Preisverleihung von Bushido: „Ich tue nur das, was Heino getan hat, nachdem Bushido einen Bambi bekommen hat. Er gab seinen Bambi zurück.“

 

Damit allerdings hat sich Broder in einen Zusammenhang gestellt – nein, nicht wegen Heino, sondern wegen des Vergleichs der Bambi-Preisverleihung mit dem Ludwig Börne Preis und ebenso wegen des Vergleichs Sloterdijk mit Bushido – , der der Börne Stiftung, die ihm 2007 den Preis mitsamt Preisgeld von 20 000 Euro zugestand, eher peinlich sein dürfte. Also rundherum eine irgendwie unsolide Kampagne, die aber nun nötig macht, nachzufragen, wie es Broder mit der Konsequenz aus dem Austritt der Preisträger hält, das Preisgeld zurückzugeben. Auch der Zeitpunkt seiner Reaktion ist eher seltsam. Sozusagen eine aufgestaute Wut? Oder eine geplante?

 

Schon am 19. Februar hatte die Börne-Stiftung den diesjährigen Preisträger mitgeteilt:

Der deutsche Philosoph und Essayist Peter Sloterdijk erhält den Ludwig-Börne-Preis 2013.  Der Preisrichter Hans Ulrich Gumbrecht begründete seine Wahl damit, dass dieser „die deutsche Öffentlichkeit immer wieder in intensive Zustände intellektueller Wachheit versetzt. Aus einer ungewöhnlichen Sprachkraft hat Sloterdijk konzentrierte Debatten im politischen Leben der Republik wie in ihren Dimensionen alltäglicher Existenz ausgelöst. So schreibt sein Werk einen Gestus fort, zu dessen Begründern Ludwig Börne gehörte.“

 

Das Besondere an diesem Preis ist eben auch, daß nicht eine Jury den Preisträger ermittelt, was – nach landläufiger, aber auch überprüfbarer Meinung – immer eher Personen auswählt, die im Konsens gefunden werden, also die 'Mitte' und das Nichtanstößige bevorzugt. Stattdessen bestimmt die Ludwig Börne Stiftung einen jährlich wechselnden Preisrichter, der für dieses Jahr Hans Ulrich Gumbrecht ist, der eben den Philosophen Peter Sloterdijk auswählte.

 

Info:

Der Börne-Preis erinnert an den Frankfurter Juden Ludwig Börne, der sich in seinen Essays und Reportagen für die Ideale der Revolution von 1848 einsetzte. Er wird im Rahmen einer Feierstunde am 16. Juni um 11 Uhr in der Frankfurter Paulskirche verliehen, ist mit 20.000 Euro dotiert und gilt als der renommierteste Preis für Essays und Reportagen im deutschen Sprachraum. Eingeladen für die Preisübergabe am 16. Juni hat der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann, der auch die Ansprache hält. Texte von und über Börne liest Christian Berkel und die Laudatio hält traditionell der Preisrichter, hier also Hans Ulrich Gumbrecht, dem sich der Dank des Preisträgers anschließt.

Zu den Preisträgern zählten u. a. im letzten Jahr Götz Aly und davor Joachim Gauck, Alice Schwarzer, Marcel Reich-Ranicki, Rudolf Augstein, Hans Magnus Enzensberger und Frank Schirrmacher. 

Foto: Statt die Kontrahenten im Bild zu zeigen, wollen wir lieber auf das Gemälde verweisen, was der damals europaweit bekannte Maler Moritz Daniel Oppenheim 1827  von Ludwig Börne schuf.