Serie: Am Donnerstag, 15. August zur Bahnhofsviertelnacht nach Frankfurt am Main, Teil 3/5
Hubertus von Bramnitz und Siegrid Püschel
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Im Bahnhofsviertel, das den Krieg im ansonsten zerstörten Frankfurt relativ gut überstand, waren noch nach dem 2. Weltkrieg die Pelzhändler zu Hause, die Banken waren es immer, die Hotels und Amüsierbetriebe – selbst ein Stummfilmkino gab es - waren auch seit jeher da, ja früher war das Jugendstil-Schumanntheater am Bahnhof eine europäische Berühmtheit mit seinen Varietés und Veranstaltungen.
Heute würde man die ein solches prächtiges und äußerlich völlig erhaltenes Gebäude wiederherstellen. 1960 wurde es - kulturignorant- abgerissen und durch die gesichtslosen Zweckbauten gegenüber dem Hauptbahnhof ersetzt. Eine Schandtat von heute her gesehen, die ein späterer Verehrer des Varietés wie Johnny Klinke vor 25 Jahren, also 1988 zusammen mit Matthias Beltz und Margareta Dillinger durch die Gründung des TIGERPALASTES wiedergutmachen wollte – und, was die Qualität des Varietés angeht, auch konnte. Ach, die Vorstellung, der Tigerpalast könnten das alte und sehr viel geräumigere Schumanntheater bespielen...
Zum schlecht beleumdeten Rotlichtbezirk wurde das Bahnhofsviertel erst durch die Nachkriegsszenerie, wo vor allem die GI's, die amerikanische Militärbesatzung mit ihren Infanteristen der Streitkräfte, ihre Stammetablissements hatten und dadurch auch der Jazz ins Bahnhofsviertel einzog, obwohl für Schwarze, also schwarze Militärangehörige, andere gab es noch wenig in Frankfurt, es damals hieß: Off Limits, was bedeutete, daß Schwarze keinen Zugang hatten. Daß sie wirklich nicht hineinkamen, kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Es war aber so.
Endgültig kaputt ging in den Augen der Frankfurter und auch der immer weniger werdenden Bewohner ihr Viertel durch das Drogenmilieu in der Taunusanlage. Das war eine schwere Zeit und um das Jahr 2000 gab es nur noch 1200 Einwohner. Nachdem die Politik vergeblich versucht hatte, ein 'sauberes' Bahnhofsviertel zu schaffen und dazu sogar in der Innenstadt, in der Breite Gasse, ein eigenes Haus für Bordellbesitzer und ihre Belegschaft errichtet hatte, wo heute übrigens das Gesundheitsamt der Stadt untergebracht ist, gab man derartige Planungsaspekte auf und schlug den Weg ein, die Vorteile des Viertels zu pflegen und die Buntheit und Internationalität, die sowieso vorhanden war, zum Programm zu machen.
Die vielen Hinterhöfe wurden für Ein-Frau oder Ein-Mann-Betriebe genutzt, die einen Service wie Schneidereien, Friseure oder Kosmetiksalons anboten. In den oberen Etagen der Straßenbebauung zogen sehr gerne Architektenbüros und anderes Gewerbe ein, von der man als Kreativwirtschaft spricht. Dabei stimmten die Interessen der Stadt schnell mit denen der alten und neuen Bewohner überein, einen vielfältigen und lebendigen städtischen Lebensort zu schaffen, der gleichzeitig für Frankfurter attraktiv auch als Eingangstor für Fremde dient. Seither gibt es eine besonders gute Zusammenarbeit städtischer Behörden und den Vertretern der Infrastruktur, deren Ausweis auch diese Bahnhofsviertelnächte sind.
In der Broschüre für diesen Abend, der Nacht genannt wird, lädt Peter Feldmann, Oberbürgermeister der Stadt, alle ein: „Hier im Bahnhofsviertel ist es mit allen Sinnen spürbar: Die internationale Vielfalt gehört zur Biographie und zur Emotionalität unserer Stadt. Über 80 verschiedenen Nationalitäten und Menschen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten bilden hier einen Kosmos verschiedener Welten: sie lassen das Viertel pulsieren und bereichern Frankfurt mit ihrer Energie. Entdecken Sie während der Bahnhofsviertelnacht den Stadtteil für sich – und kommen Sie wieder! Fortsetzung folgt.
Foto: © PIA/Stefan Maurer
www.bahnhofsviertelnacht.de