richard sides joker 2015 1Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst vom 10. Oktober 2020 bis 31. Januar 2021

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Den Auftakt des ars viva-Preises für Bildende Kunst 2021 bildet eine Ausstellung, die am 9. Oktober 2020 im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main eröffnet wird. Sie präsentiert Werke der drei Preisträger*innen Rob Crosse (*1985), Richard Sides (*1985) und Sung Tieu (*1987). Eine zweite Ausstellung der ars viva 2021 findet im Frühjahr 2021 im Kunstverein Hannover statt.

Rob Crosse, Richard Sides und Sung Tieu thematisieren Fragen zur menschlichen Existenz und zum zuweilen spannungsreichen Zusammenleben gesellschaftlicher Gruppen. Ihr zentrales Medium ist der digitale Film, jeweils ergänzt um Fotografie, Zeichnung, Installation, Sound und Objekte.

Mit dem Fokus auf tabuisierte, kritische und auch schmerzhafte Themen reiht sich die Präsentation der ars viva-Preisträger*innen ein in die Ausstellungen zu aktuellen, politischen und sozialen, aber auch historischen Spannungsfeldern, die im Museum Angewandte Kunst wiederholt verhandelt werden. Damit eröffnet das Museum neue Perspektiven auf aktuelle Positionen der angewandten und der bildenden Kunst und zeichnet grundsätzliche Beziehungen von Gesellschaft und deren Gestaltung nach.

Seit 1953 vergibt der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. jährlich den renommierten ars viva-Preis für Bildende Kunst an herausragende, in Deutschland lebende Künstler*innen unter 35 Jahren. Im Fokus der Jury stehen Arbeiten, die eine eigenständige Formensprache und ein Bewusstsein für gegenwärtige Fragestellungen in Bezug zur (Kultur-)Geschichte erkennen lassen. Der Preis beinhaltet neben einem Preisgeld die Kooperation mit zwei internationalen Institutionen für zeitgenössische Kunst, eine mehrwöchige Künstlerresidenz auf Fogo Island (Kanada) sowie einen umfangreichen zweisprachigen Katalog.

Der diesjährigen Jury des ars viva-Preises unter Vorsitz von Ulrich Sauerwein gehörten neben Mitgliedern des Gremiums Bildende Kunst des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft weitere Kooperationspartner*innen als Fachberater*innen an: Grit Weber (Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main), Kathleen Rahn und Sergey Harutoonian (Kunstverein Hannover), Willem de Rooij (Fogo Island Arts), Dr. Franziska Nentwig, Min -young Jeon und Mathilda Legemah (Kulturkreis der deutschen Wirtschaft) sowie Hilke Wagner (Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden).

 Künstler*innen

Rob Crosse

Rob Crosse wurde 1985 in Hertfordshire (Großbritannien) geboren und studierte Fotografie an der Arts University Bournemouth und Bildende Kunst an der Slade School of Fine Art in London.

Rob Crosse setzt den Schwerpunkt in seinen Videos, Performances und Fotografien auf generationenübergreifende Beziehungen und untersucht Themen wie Fürsorge, Verletzlichkeit sowie Formen der Intimität. Achtsam und mit zärtlichem, stets respektvollem Blick zeigen seine Arbeiten Gruppenaktivitäten homosexueller älterer Männer, die sich oft in Vereinen organisieren. Die benötigte Unterstützung im Alter und die damit verbundenen Abhängigkeiten und Machtdynamiken werden ebenfalls verhandelt. Bewusst greift Crosse tabuisierte Themen wie sexuelles Begehren und Attraktivität im Alter auf und hinterfragt gängige Körperideale. In einer Zeit, in der queere Lebensentwürfe von nationalistischen Gruppierungen angegriffen und herabgewürdigt werden, definiert der Künstler in seinen Werken neue Formen von Zugehörigkeit und Männlichkeit.

Aus der Sammlung des Museums hat sich Crosse einen Flanierstock aus dem 18. Jahrhundert ausgewählt und in eine lose Assoziation zu seinem Werk gesetzt.


Richard Sides

Richard Sides wurde 1985 in Rotherham (Großbritannien) geboren und studierte Bildende Kunst an der Sheffield Hallam University und am Royal College of Art in London.

Als unerschöpfliche Quelle für sein Werk nutzt Richard Sides vielfältige Referenzen so auch das Internet. Aus diesem globalen Archiv des Alltäglichen extrahiert er Bilder, Musik, Texte und Themen und fügt sie für seine Kunst neu zusammen. Häufig folgt er dabei Personen in ihrem Umgang mit der medialen, durch und durch ökonomisierten Welt, wobei er vor allem in seinen Videos durch harte, schnelle Schnitte das Aggressive und Konflikthafte dieser Auseinandersetzung betont.

Eigens für diese Ausstellung hat er ein Ensemble aus einer mehrteiligen Sitzbank und einem von der Decke hängenden Mobile entwickelt. An der Bank hat er Kästen angebracht, in die er Bilder und Dinge aus seinem eigenen Fundus hineingelegt hat. Die Grundk onstruktionen der Bankteile ähneln einander, doch die verschiedenen Seitenprofile dürften die Körper der Sitzenden in unterschiedliche Haltungen zwingen. Sides Rauminstallationen, Bildcollagen und Objekte wirken profan und zuweilen improvisiert, in ihrer konkreten Materialität und Konstruktion aber verweisen sie stets auf das Menschengemachte und formulieren eine kritische Analyse gegenwärtiger kapitalistischer Verhältnisse.


Sung Tieu

Sung Tieu wurde 1987 in Hai Duong (Vietnam) geboren. Nach einem Kunsts tudium an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg sowie am Goldsmiths College in London war sie Absolventin des Postgraduiertenprogramms an der Royal Academy of Arts in London.

Sung Tieu setzt sich in ihren Videoarbeiten, Objekten und Rauminterventi onen vornehmlich mit soziokulturellen und identitätspolitischen Fragestellungen auseinander und geht dabei Erfahrungen von Migration und Fremdheit auf den Grund. Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist der Einsatz von Sound, den die Künstlerin in seiner psychologischen Dimension untersucht und dabei den Ausstellungsraum zu einem sinnlich erfahrbaren Experimentierfeld macht. Sie kreuzt Dokumentarisches mit Fiktivem, verbindet historisch-politische Ereignisse mit biografischen Elementen, erweitert das scheinbar Faktische um magische Narrative. In der hier gezeigten Arbeit Parkstück greift Tieu das Thema sozialer Ordnung und der Reglementierung zwischenmenschlicher Interaktion auf. Die festgefügte Einheit aus Tisch und Sitz kann letztendlich für das gesellschaftl iche Bild der Kleinfamilie stehen als Abgrenzung gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens.

Aus der Sammlung des Museums haben die drei Künstler*innen gemeinsam das Möbelobjekt Tabula Rasa ausgewählt, das in eine Korrespondenz mit den künstlerischen Arbeiten dieser Ausstellung tritt.

Kuratorin: Grit Weber
Juniorkuratorin: Lieve Brocke 

Foto:
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Info:
www.museumangewandtekunst.de