Neue Produktionen im Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt am Main
Helga Faber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Frankfurter Mousonturm wurde 1988 eröffnet. Tatsächlich heißt das Haus, das vom Tanz, dem Theater, dem Film, der Musik, der Bildenden Kunst und dem Wort lebt, nach der alten Fabrik, den Mousonwerken, die ursprünglich außerhalb der Innenstadt im schönen Ziegelstil von Industriebauten mit dem damals höchsten Turm von 33 Metern errichtet worden sind, was heute nahe der Stadtmitte ist.
Nach dem Aufbau durch Dieter Buroch, der in 23 Dienstjahren, verdienten Jahren wie alle meinen, Ende 2011 ausschied, hatte Niels Ewerbeck, der aus Zürich kam, das Haus geleitet. Im Jahr 2012 fanden umfängliche Sanierungsarbeiten statt. Ende des Jahres wurde der neue Intendant tot aufgefunden und man geht von einem Selbstmord aus. Das erschüttert Mitarbeiter und Publikum bis heute. Neuer Intendant des Künstlerhauses, das so genannt wird, weil es alles, was sich Kunst nennt, bedient, ist ab 1. August Matthias Pees.
Das neue Programm stellen wir vor. Das berühmte Foto aus dem Situation Room im Weißen Haus nach der Exekution von Osama Bin Laden ging um die Welt, wo die einen auf den Bildschirm gaffen, andere die Augen verdecken. Es dokumentiert das Ende einer Menschenjagd, die mit allen verfügbaren Waffen ausgeführt wurde. Rimini Protokolls Situation Rooms versammelt 20 Biografien aus mehreren Kontinenten, die von machtpolitischen Bedrohungsszenarien mitgeschrieben wurden. Gemeinsam mit Dominic Huber haben Rimini Protokoll einen Parcours für exakt 20 Zuschauer entwickelt, die - mit mobilen Bildschirmen und Kopfhörern ausgerüstet - in die Haut der Protagonisten schlüpfen und dabei selbst zu Verfolgern oder Verfolgten werden. Nach der aufsehenerregenden Uraufführung bei der Ruhrtriennale zeigen wir das vom Mousonturm koproduzierte Situation Rooms im Frankfurt LAB in der Schmidtstraße (Mi. 30.10. - So. 3.11., alle Aufführungszeiten in der Übersicht).
In der zweiten Oktoberhälfte widmen wir uns auch dem Phänomen Gespenster. Nicht erst seit Hamlet scheint das Theater der bevorzugte Ort für Heimsuchungen aller Art. Was bedeutet es, mit den Gespenstern zu leben? Welches politische, ethische und ästhetische Potential birgt dieser umgangslose Umgang mit Gespenstern, den Jacques Derrida fordert?
Das verführerischste unter den Gespenstern ist mit Sicherheit der Kommunismus. Oliver Augst und John Birke beschwören es in ihrem Hörspiel, das nun als Bühnenwerk Stadt der 1000 Feuer im Mousonturm uraufgeführt wird (Sa. 19.10. - Mo. 21.10.). Zusammen mit einem Großaufgebot an Frankfurter Sprechchoristen und vier Solo-Performern, Françoise Cactus, der Sängerin von Stereo Total, Hamburger-Schule-Performerin Bernadette La Hengst, dem Genialen Dilettanten Frieder Butzmann und Free-Jazz-Pionier Sven-Åke Johansson, nehmen Augst und Birke den Begriff der Arbeit auseinander - vom Schweiß und den glühendem Eisen in den Hochöfen Gelsenkirchens bis hin zu den Softskills und 3D-Druckern in der postindustriellen Informationsgesellschaft: Die deutsche Arbeiterbewegung als Diskursmaschine und zwischen ihren Rädern das Individuum.
Unerkannt bleiben die Korrepetitoren selbst weltbekannter Tanzkompanien, auch wenn sie selber alle Schritte der Kompanie in- und auswendig kennen. Paula Rosolen holt sie auf die Bühne. In ihrem choreografischen Konzert Piano Men, das wir als Uraufführung im Frankfurt LAB zeigen (Fr. 18.10., Sa. 19.10., So. 20.10.), erforscht sie mit den Pianisten David Morrow, der seit 20 Jahren für das Ballett Frankfurt sowie für die Forsythe Company arbeitet, und Thorsten Larbig das Gedächtnis von Korrepetitoren. Mit gesammelten visuellen, akustischen, schriftlichen und körperlichen Materialien erzählt Rosolen - ganz ohne Tänzer - die Geschichte des Tanzes aus einer Perspektive, die die Beschreibung und Vorstellung von Bewegung und Musik ins Zentrum rückt.
Ioannis Mandafounis und May Zarhy, zwei der drei Tänzer-Choreografen der Gruppe MAMAZA, lassen uns in ihrem Duo Pausing (Mi. 23.10., Do. 24.10.) an ihrer Suche nach dem kurzen Moment teilhaben, der Vergangenes zur Gegenwart und im nächsten Moment zur Zukunft werden lässt. Pausing heißt im Anhalten die Richtung finden, für die nächste Bewegung und einen neuen Moment.
Das Symposium Lernen, mit den Gespenstern zu leben. Das Gespenstische als Figur, Metapher und Wahrnehmungsdispositiv in Theorie und Ästhetik (Do. 31.10. - Sa. 2.11.) untersucht das Gespenstische als Denk- und Erfahrungsmodell zur Auseinandersetzung mit offenen Fragen zu Politik und Ökonomie, Körperlichkeit und Medialität, sowie als Darstellungsdispositiv in der Ästhetik, in Theater, Film, Literatur und Bildender Kunst. Das Symposium ist eine Veranstaltung der Evangelischen Akademie Frankfurt e.V., des Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft, Justus Liebig Universität Gießen und des Künstlerhauses
KONZERTE
Das Gespenstische ausgelassen feiern will der Mousonturm während der Fright Night (26.10.) mit Emika und Pool – beide live, mit den DJs Biffy, Beatris und Mr. Dietermann und das alles in von Annette Gloser aka Glosanostra und Paul Donda geschaffenen Rauminstallationen, die eigens für die Fright Night entstehen.
„Es hat schon seinen Grund“, erklärt der Schlagzeuger Lumar LeBlanc von den The Soul Rebels (Di. 29.10.) „warum du in New Orleans mehr Bläser pro Kopf findest als in jeder anderen Stadt: Wenn am Sonntag um zwei Uhr eine Brassband um deinen Block marschiert und von deiner Großmutter bis zu deinem achtjährigen Cousin alle auf die Straße stürmen, weißt du, was Musik bewegen kann.“ Selbstbewusst präsentieren sich die Soul Rebels als ein zeitgenössisches Laboratorium der Straßenmusik, in dem der Hip-Hop die Energie liefert und Funk- Intonationen Pop-Melodien, Jazz-Riffs und Dancefloor-Rhythmen aufeinanderprallen lassen.
Die Kölner Band Erdmöbel (Mi. 30.10.) hingegen betreibt die konsequente Herausforderung der Liedform, pflegt nach wie vor einen staunenden Blick auf den Alltag und macht daraus mal balladesk, mal munter voranpreschend, melodisch arrangierte Lieder, die zu Herzen gehen.
Terminübersicht auf der Webseite
www.mousonturm.de
David Wampach (FR)
SACRE
Di. 1.10., 20.00 Uhr
TANZ / CHOREOGRAFIE / PERFORMANCE
Saal
Doris Uhlich und Andrea Salzmann
Sackl du Printemps
Bis Di 1.10. jeweils eine Stunde vor und im Anschluss an die Aufführung.
Kurzfilm
Foyer, Eintritt frei
Gespenster
Uraufführung
Paula Rosolen (DE)
Piano Men
Ein choreografisches Konzert für 2 Pianisten
Fr. 18.10., Sa. 19.10., 19.30 Uhr, So. 20.10., 18.00 Uhr
PERFORMANCE
Frankfurt LAB, Schmidtstraße 12
Uraufführung
Augst/Birke (DE)
Stadt der 1000 Feuer
Sa. 19.10. - Mo. 21.10., 20.00 Uhr
LIVE-HÖrSPIEL / PErFOrMAncE
Saal
WArM UP
Mo. 21.10., 19.00 Uhr, Saal
Ioannis Mandafounis (GR/DE) / May Zarhy (IL/DE)
Pausing
Mi. 23.10., Do. 24.10., 20.00 Uhr
TANZ / PERFORMANCE
Studio 1
WARM UP - DAS AUFWÄRMTRAINING FÜR ZUSCHAUER von Pausing.
Do. 24.10., 19.00 Uhr, Studio 1
Rimini Protokoll (DE)
Situation Rooms
Mi. 30.10., 18.00, 20.00, 22.00 Uhr, Do. 31.10., Fr. 1.11., Sa. 2.11., So. 3.11., 14.00, 16.00, 18.00, 20.00, 22.00 Uhr.
MULTIPLAYER VIDEO-STÜCK / AUGMENTED REALITY
20 Teilnehmer pro Durchlauf
Frankfurt LAB, Schmidtstraße 12
Lernen, mit den Gespenstern zu leben.
Das Gespenstische als Figur, Metapher und Wahrnehmungsdispositiv in Theorie und Ästhetik
Do. 31.10. - Sa. 2.11.
Symposium -> Programm / Tagestickets € 12,- / erm. € 6,-
Konzerte
Fright Night
Mit Emika (UK) – Live , DJ Biffy, Beatris, Mr. Dietermann, Pool – Live
PARTY Sa. 26.10., 21.00 Uhr
The Soul Rebels (USA)
Di. 29.10., 21.00 Uhr
Erdmöbel (DE)
Mi. 30.10., 21.00 Uhr
Weitere Informationen und Fotos zum Download finden Sie auf www.mousonturm.de
Wir wünschen Ihnen ein schönes Wochenende und freuen uns auf Ihren Besuch!
Künstlerhaus Mousonturm
Pressekontakt
Gabriele Müller (Leitung PRÖ) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel.: +49. 69. 40 58 95-41
Elke Lötterle (PRÖ) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel. +49. 69. 40 58 95-42
Hanna Knell (Online Kommunikation) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel. +49. 69. 40 58 95-43
www.mousonturm.de - www.facebook.com/mousonturm - http://twitter.com/Mousonturm
Künstlerhaus Mousonturm
Frankfurt am Main GmbH
Waldschmidtstraße 4
60316 Frankfurt am Main
Handelsregister Frankfurt HRB 52722
Vorsitzender des Aufsichtsrates: Prof. Dr. Felix Semmelroth
Intendant und Geschäftsführer: Matthias Pees
Ein Kulturunternehmen der Stadt Frankfurt am Main