Hilmar Hoffmann DAS ROTHBUCH im Societäts-Verlag, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Mit das Schönste am Buch sind die Bilder, weil sie für jeden in den Personen die Zeit wiedererstehen lassen, die Hilmar Hoffmann als „17 gewonnene Jahre für die Kultur“ beschreibt und das schönste Bild von Petra Roth ziert den Titel. Angetan mit der gerade erworbenen Amtskette als Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am 5. Juli 1995 schaut sie im Kleinen Weißen nachdenklich, aber aufgerichtet und mit offenen Augen in ihre und unsere Zukunft.
Die Bilder machen das Rothbuch zudem noch kurzweiliger, als es die auf 266 Seiten insgesamt 39 Kapiteln eh tun. Denn so viele Kapitel heißt auch, die 17 Jahre in thematische Zusammenhänge zu bringen. Und auch wenn sich Hilmar Hoffmann als großer Bewunderer von Petra Roth zu erkennen gibt, was die Frankfurter schon immer wußten, so kann man seine Lobpreisungen und Roths Auffahrt in den Olymp deshalb gut ertragen, gerade weil er so offen von seiner Lichtgestalt schwärmt, dann aber auch deutliche Worte findet für das, was ihr mißlungen ist, wobei die „Sturzgeburt Rhein“ den Hinweis zuläßt, daß sich der Intellektuelle Hilmar Hoffmann beim Schreiben schon seinen Spaß nicht verderben läßt, herrlich frech, süffisant und wahrhaftig das zu geißeln, was er daneben findet und zwar völlig.
Das aber steht im 32. Kapitel gegen Ende des Buches und wir sind erst am Anfang und lernen die Kindheit der Petra Roth kennen - muß man nochmal sagen, daß sowohl Hoffmann wie Roth aus Bremen sind! - die sie nicht direkt auf die Funktion einer Frankfurter Oberbürgermeisterin vorbereitete, wie auch ihre ersten politischen Jahre in Frankfurt, in das sie der Liebe wegen mit ihrem dann 1994 verstorbenen, sehr viel älteren Mann und den beiden Söhnen zog. Vorneweg hatte sich im Vorwort Hilmar Hoffmann schon die Frage gestellt: „Was lernen wir aus ihrer politischen Biographie? Jedenfalls, daß Politik ein Beruf ist, für den man sich nicht aufgrund akademischer Lorbeeren, sondern durch seine praktische Lebenserfahrungen qualifiziert.“ Und „Mir ist wichtig, besonders jene vielen unbezweifelten Verdienste zu würdigen, die sich vorzüglich mit der Optimierung unserer kulturellen Infrastruktur ins Gedächtnis eingeschrieben haben.
Wenn Hoffmann dabei vom „Maschinenraum der Macht“ spricht, in dem sich Roth sozusagen als Steuermann hervorgetan habe, erkennt man auch den politischen Willensbilder Hoffmann, der zwar sehr viel Persönliches zum Besten gibt und viele Anekdötchen auch – das lesen die Leute auch gerne! - aber nie den Kontext vergißt, daß es um die Würdigung, aber auch Bewertung der Arbeit und der Person einer Frankfurter Oberbürgermeisterin geht. Insofern ist – ganz ehrlich – dieses Buch für jeden, der in den letzten Jahren in Frankfurt gelebt hat, ein unverzichtbares Kompendium als Stadtgeschichte nämlich. Wir haben keine städtische Chronik und so kann man die Roth-Jahre – auf die anderen Frankfurter Oberbürgermeister im Vorhängeband kommen wir zurück, sobald wir ihn gelesen haben – auch als Geschichte der Stadt Frankfurt verstehen. Denn schon auf Seite 17, dem 2. Kapitel, wird Petra Roth „Frankfurts Oberbürgermeisterin“ und bleibt es bis kurz vor Schluß.
Damals übrigens gegen den SPD-Amtsinhaber Andreas von Schoeler, den Hoffmann schon ein wenig abtut, denn der hatte mit den hier nicht erwähnten „vier Schweinen“ einen Verrat innerhalb der Koalition von SPD und Grünen zu ertragen. Ist da Kritik zu hören, wenn es heißt, daß die „ansonsten als faire Politikerin geschätzte OB den populären Sportdezernenten Achim Vandreike ein Jahr vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft wenig vornehm, dafür handfest hanseatisch aus dem Amt jagte.“ Dieser war SPD und 1997 zum Bürgermeister gewählt worden, dann ihr unterlegener Gegenkandidat bei der OB Wahl 2001. Damit sind die drei erfolgreichen Kandidaturen der Petra Roth abgehandelt und der Autor beginnt im 3. Kapitel von vorne, nämlich der Amtseinführung und Antrittsrede als OB.
Dabei ist interessant, daß von Kultur nur wenig und oberflächlich-allgemein die Rede war. In der Tat bringt einem Hoffmann nahe, daß sich die OB erst im Verlauf ihrer Amtszeit der Bedeutung der Kultur für die Lebensqualität ihrer Stadt bewußt wurde, dann aber mit vollen Segeln darauf zusteuerte. Sehr eingängig verbindet er dann „Kultur als Roths subjektive Lebensform“, in dem er sie als Lernende und gleichzeitig als Subjekt der Frankfurter Kulturszene preist, die mit ihrer Omnipräsenz im Kulturbereich diesen quasi aufgewertet habe – und sich selbst auch.
Unmöglich, das alles wiederzugeben. Aber die Systematik ist erkennbar, wenn er die OB dann als Kulturpolitikerin wertet und dabei auch eine Zeitgeschichte der Frankfurter Kulturinstitutionen leistet, derart, daß die wichtigsten Premieren von Oper und Schauspiel, die wichtigsten Ausstellungen der Kulturinstitute dokumentiert sind – auch das Literaturhaus und die Stadtbücherei - und auch "Roths Kulturpersonal“ vorgestellt wird. Johnny Klinke und der Tigerpalast sind auch dabei! Gesondert werden der Kulturcampus Bockenheim und andere Projekte behandelt wie auch die Dom-Römerberg-Bebauung. Aber auch ihre Niederlagen werden nicht ausgelassen.
Ab Seite 135 wird dann die OB zur Städtetagspräsidentin und ihre Einbindung in die CDU und Frankfurts Städtepartnerschaften einschließlich Europa zum Thema. Eine Stadtgeschichte Frankfurts bilden auch die Frankfurter Preisträger dieser Zeit. Da gibt es den Goethe-Preis, Adorno-, Max-Beckmann-, Otto-Hahn-, Frankfurter Musikpreis, den Stadtschreiber und die Goethe-Plakette, deren Inhaber für diese 17 Roth-Jahre alle aufgelistet werden. Innerhalb der Ära Roth wurde der Hessische Kulturpreis, der höchstdotiert mit 45 000 Euro etwas Besonderes ist, zwölfmal nach Frankfurt vergeben, wobei immer die Preisträger genannt werden.
„Die vergeigte Oberbürgermeisterwahl 2012“ als 32. Kapitel , in dem ihr Hoffmann „mutwillige Naivität“ attestiert und daß ihre Glücksfee Fortuna Ferien hatte, ist ein amüsantes Kapitel, weil unverblümt formuliert – und wahr!
Wenn man später nach dem siebenseitigen Literaturverzeichnis das Personenregister aufschlägt, ist man erschlagen. Auf zehn Seiten sind die Großen, beispielsweise Alexander Große, Lord Byron, Marc Chagall, Napoleon I. Charlie Parker, Richard Wagner, Adorno und Aischylos, aber auch Norbert Abels, verdienstvoller Dramaturg der Frankfurter Oper verzeichnet. Noch während der Buchvorstellung hatte die derart in illustre Namen gebettete Petra Roth bekannt, so manche Geistesgrößen überhaupt nicht zu kennen. Aber Hilmar Hoffmann kennt sie und so kann man Verfasser und Verfaßte beiderseits gratulieren: dem Gegenstand zum wohlmeinenden und wohlformulierenden Autor und dem Autor zu einer Frau, die Geschichte in Frankfurt geschrieben hat.
P.S. Natürlich könnte man auch ein SCHWARZBUCH über Petra Roth schreiben. Denn die Amtszeit der die Kultur fördernden OB ist auch eine Klientelpolitik gewesen. Die Hinwendung zum großen Geld hat in Frankfurt vieles im Schatten gelassen. Doch darum geht es in einem Buch, das die Kulturpolitikerin überschwänglich lobt nicht, weshalb wir nur den Hinweis auf Defizite in anderen Bereichen geben.
INFO:
Hilmar Hoffmann, Das Rothbuch, Societäts-Verlag
Hilmar Hoffmann, Frankfurts Oberbürgermeister 1945-1995, Societäts-Verlag