Serie: „Die Rosenburg“. Vortrag von Christoph Safferling im Jüdischen Museum Frankfurt, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Im Zweiten Rosenbergsymposium war für Gabriel Bach Thema: „Der Holocaust im Gerichtssaal: Das Strafverfahren gegen Adolf Eichmann in Jerusalem“. Bach ist ehemaliger Richter am Israelischen Suprem Court und stellvertretender Ankläger Adolf Eichmanns, während in Nürnberg Heinz Düx, ehemaliger Ermittlungsrichter im Auschwitzprozess – und an diesem Abend im Jüdischen Museum dabei - über „Auschwitz im Gerichtssaal: der sog. Auschwitzprozess in Frankfurt“ sprach.

 

 

Im Rahmen des Symposiums stellte Safferling auch das Leben und Wirken des Juristen Eduard Dreher dar, wozu er auch in dieser Veranstaltung gegen Ende erneut befragt wurde, was Diskussionen nach sich zog.

 

Im dritten Rosenbergsymposium am 8. Mai (!) 2013 in Berlin stellte die damalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger den Kontext zwischen dieser Kommission und der des Auswärtigen Amtes her, dessen Forschungsergebnis seit 2010 als Buch DAS AMT vorliegt und einer breiten Öffentlichkeit, verschärft mit dem Eklat von einigen Betroffenen, nachwies, daß ein Großteil dieser Diplomaten freiwillig und sich andienend ihren Arbeitsauftrag auch als direkte Parteitätigkeit verstanden. Die Ministerin gab als Maxime einen Satz von Hannah Arndt auf die gängige Redensart „Das Vergangene sei noch unbewältigt“ kund: „Das Höchste, was man erreichen kann, ist zu wissen und auszuhalten, daß es so und nicht anders gewesen ist, und dann zu sehen und abzuwarten, was sich daraus ergibt.“ Am Ende geht es also nicht um historische „Wahrheiten“ und Tatsachen, sondern um die Handlungsanleitung für die Gegenwart.

 

Aus seiner konkreten Aufarbeitungsarbeit berichtete Christoph Safferling dann weiter, wie man als erstes im Keller die Personalakten – in unaufgeräumtem Zustand – gesichtet habe, wobei schon mal bemerkenswert sei, daß diese beim Umzug nach Berlin vom Bonner Ministerium mitgenommen worden seien. Sie gehörten nämlich eigentlich nach dem Archivgesetz in das Bundesarchiv. Er betonte, daß Horst Ehmke, 1969 Bundesminister der Justiz, geholfen habe und man Zeitzeugengespräche geführt habe, wobei dies einige als „Anhörung“ aufgefaßt hätten; insgesamt liege eine unterschiedliche Einschätzung dieser Zeitzeugenaussagen vor.

 

Mit dem Organigramm von 1957, das zufällig als aussagekräftig für die gesamte Periode gewählt worden sei, haben man den Ausgangspunkt für die Untersuchung der Kommission gehabt. Diese Auflistung der Abteilungen und der Namen, mit denen die Positionen besetzt waren, ging Safferling dann im einzelnen durch. Man hätte an dieser Stelle, gerade, weil es sich um 1957 handelte, gerne gehört, ob aus den Maiaktivitäten der DDR gewonnene Erkenntnisse mit in die Arbeit der Kommission eingeflossen seien. Damals nämlich hatte die DDR erneut eine Broschüre mit den Namen von 118 westdeutschen Juristen präsentiert, die bereits im Dritten Reich im Justizdienst gestanden hatten, nachdem im Braunbuch von 1965 auch die „Kriegs- und Naziverbrecher in ...Justiz“ mit Dokumenten veröffentlicht worden waren.Bis Ende 1959 kamen halbjährlich jeweils weitere 200 Juristen hinzu, was in der Bundesrepublik erst einmal totgeschwiegen, im Ausland aber zu Anfragen an die Bundesregierung führte und Handlungsdruck erzeugte.

 

Nicht möglich, an dieser Stelle die einzelnen Personen mit ihrem Werdegang der als Beispiel herausgegriffenen Abteilung 2 (Strafrecht) wiederzugeben. Der Eindruck wurde anhand des auf Leinwand projizierten Organigramms schon optisch deutlich, daß 1957 fast alle Stelleninhaber im Justizministerium – alles zudem Männer – schon im Dritten Reich in unterschiedlichen Funktionen tätig gewesen seien und fast alle NSDAP-Mitglieder waren. Diejenigen, die keine waren, für die sprach die 'Gnade der späten Geburt' oder daß einer wegen zu starkem Katholischsein überhaupt nicht in die NSDAP aufgenommen worden war, obwohl er sich kontinuierlich darum bewarb. Die fehlende Parteizugehörigkeit galt dann nach 1945 trotzdem als entlastend!

 

Das war aber erst gegen Schluß, als die anderen Fragestellungen: Was ist eine Vorbelastung? Was bedeutet Strafbarkeitsgrenze? Wie verliefen die Nürnberger Juristenprozesse? vom Referenten angerissen worden waren. Auf jeden Fall hätten „US-amerikanische Richter extrem verständnisvoll“ die Juristenprozesse begleitet und geurteilt, was als seine Aussage im Raum stehen blieb und beim Publikum Verwunderung hervorrief.Fortsetzung folgt.

 

 

 

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Einladungstext des Jüdischen Museums:

 

Ein besonderes Interesse Fritz Bauers galt der strafrechtlichen Verfolgung der NS-Justiz. Noch bis in die späten 1970er Jahre stellte der Verbleib ehemaliger NS-Juristen in der bundesrepublikanischen Justiz eines der größten Versäumnisse im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit dar. Wie aktuell das Thema noch heute ist, erörtert Christoph Safferling anhand der Frage, wie sich das Bundesjustizministerium zu seiner NS-Vergangenheit verhält.

Lesehinweise:

 

Ursula Krechel, Landgericht, Verlag Jung und Jung 2012

Ferdinand von Schirach, Der Fall Collini, Piper Verlag 2011

 

Fotos:

 

Plakat der Ausstellung Ungesühnte Nazijustiz in der Stendaler Straße, Berlin. Es handelt sich um eine kleine Ausstellung, direkt nach der kontroversen Ausstellung in der Galerie Springer auf dem Kurfürstendamm Februar/März 1960.