Oberbürgermeister Peter Feldmann eröffnet die Bahnhofsviertelnacht in Frankfurt am Main, Teil 5

 

Jannis Plastargias

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Anlässlich der Bahnhofsviertelnacht am 21.8.2014 lud Stephan Hübner im Namen der Stiftung Polytechnische Gesellschaft zu Lesungen und Diskussionen in den SB-Waschsalon in der Moselstraße 17 ein – für die Stipendiat/innen und Autor/innen wurde es zu einem unvergesslichen Erlebnis: Lesen im wunderbaren Waschsalon,

 

Reisen wir ein paar Monate zurück in die Vergangenheit: Ein kleiner Freundeskreis beschloss, (öffentliche) Räume anders zu nutzen, Begegnungen vielfältiger Menschen zu ermöglichen, und nannte dieses Unterfangen „Mein wunderbarer Waschsalon“. Grund war ebendieser SB-Waschsalon von Ayindo Napoe im Bahnhofsviertel, zwei der Freund/innen wohnten im Haus nebendran. „Mein wunderbarer Waschsalon“ (https://www.facebook.com/groups/wunderbarerwaschsalon/) ist natürlich eine Referenz an Hanif Kureishis Theaterstück – und an das bunte, vielfältige London.

 

Frankfurt ist sehr viel kleiner als diese Megacity, aber im Bahnhofsviertel wird dieses Urbane, die offene und respektvolle Vermischung von Menschen verschiedener Herkunft und Schicht genauso wunderbar gelebt. Wir gestalteten im Dezember also einen „queeren Barabend“ in diesem SB-Waschsalon, mit handgemachter Musik, mit DJanes, mit Gesprächen, und mit Besucher/innen, die verschiedener nicht hätten sein können – insbesondere da der Waschsalon-Betrieb weiterging und die Menschen, die ihre Wäsche wuschen, sich integrierten. Einer von ihnen half uns sogar bei der Technik, als plötzlich die Musik ausfiel.

 

Darüber habe ich als Autor eine Geschichte in „Frankfurt Walking“ verfasst.Die Bücher der Reihe City Walking* definieren Reiseliteratur neu: Sie sind selbst eine literarische Reise – und zwar hin zu den Menschen, die die Stadt mit Leben füllen. In WALKS* genannten Erzählungen durchstreifen die Autoren mit offenen Augen und Ohren ihr Revier, sehen hin und hören zu. Das haben in Frankfurt Peter Koebel, Levend Seyhan, Simone Bauer, Sven-André Dreyer und Sophie von Maltzahn getan.

(http://www.michason.de/walking/frankfurt)

 

Letztere trat mit mir gemeinsam bei dieser Veranstaltung im Waschsalon auf und stellte ihren Debüt-Roman „Grenzwerte 1928“ vor. Sie las eine Stelle, in der es darum ging, sich mit einem Kunstwerk auseinanderzusetzen, mit allen Sinnen und Assoziationen, die einem dazu einfallen. (http://sophiemaltzahn.com/)

 

Die Idee, diese Lesung an so einem ungewöhnlichen Ort stattfinden zu lassen, kam ursprünglich von mir: Ich hatte große Lust, erneut bei der Bahnhofsviertelnacht mitzuwirken. Im Jahr zuvor hatte ich mein Projekt „RotZSchwul“ im Rahmen des Stipendienprogramm „StadtteilHistoriker“ in den Räumen der Polytechnischen Stiftung vorgestellt. Die Organisatorin seitens der Stadt, Veronika Katic, war davon angetan und schlug eine Kooperation mit eben dieser Polytechnischen Gesellschaft vor, die sich gerne näher am bunten Treiben der Bahnhofsviertelnacht befinden wollte. Sie lud auch weitere Stipendiat/innen ein, die sich und ihre interessante Tätigkeit im Waschsalon vorstellten – in einem vollen Waschsalon, mit vielen interessierten Zuhörer/innen, die sonst vielleicht niemals etwas von diesen wunderbaren Projekten gehört hätten.

 

Wie war es nun für mich als Autor im Waschsalon zu lesen? Ich kann versichern, dass ich es jederzeit wieder machen würde, weil es unheimlich großen Spaß machte. Warum? Bei Lesungen hat man meist ein relativ homogenes Publikum. Je nachdem, wo man liest, erreicht man eine bestimmte Gruppe von Menschen. Im Haus am Dom beim „Langen Tag der Bücher“ ist ein völlig anderes Publikum als im „Blauen Haus“ am Niederräder Ufer oder im „Switchboard“ in der Alten Gasse , alles Orte, an denen ich kürzlich las.

 

Bei der Bahnhofsviertelnacht mischt sich dieses Publikum auf so vielfältige Weise, dass man dann als Autor gar nicht mehr weiß, wo man hinschauen soll, während man da vorne steht. Sah der Waschsalon vor der Lesung noch steril aus, wurde es durch die vielen Leute, die sich auf den Waschmaschinen, auf den alten Kinostühlen oder auf dem Boden fläzten, plötzlich wie in einem Zeltlager mit Freund/innen, heimelig schön. Eine ganz besondere Atmosphäre entstand, so lange ich las. Es gab einige Schmunzler und einige Zurufe, und zwischendurch musste das Mikrofon lauter eingestellt werden, damit ich gegen die laufenden Waschmaschinen (auch bei der Bahnhofsviertelnacht ging der Betrieb weiter) ankam.

 

Besonders schön wurde für mich dann die Atmosphäre an diesem Abend, als Sophie von Maltzahn aus ihrem Buch las. Es war ihre erste Lesung mit ihrem Debüt – und sie bekam so viel Zuspruch, sehr erfreulich das. Aber es war für uns alle, auch für die interviewten Stipendiat/innen, sehr erhebend, in Ruhe über unsere Projekte vor Interessierten zu reden Stephan Hübner schaffte als Moderator eine vertrauensvolle Basis und stellte spannende Fragen. Hoffentlich sehen wir uns im nächsten Jahr wieder – im wunderbaren Waschsalon auf der Bahnhofsviertelnacht!

 

Foto: Sofia Plastargia

 

INFO:

 

Die beiden hier gelesenen Erzählungen stammen aus: Peter Koebel u.a. | Frankfurt Walking. Erzählungen , Verlag michason & may

 

ISBN: 978-3-86286-040-1 Hochwertige Broschur | 192 Seiten | 14,90€ (D)