Liebevolle Trauerfeier für die plötzlich verstorbene Journalistin der Frankfurter Rundschau (FR), Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Am Schluß, beim Hinausgehen aus der vollgestopften Halle sagte einer:„Das war schön, das hätte Claudia gefallen.“ Die Rede ist von Claudia Michels, die für Frankfurter eine aufbegehrende Bürgerin und journalistische Institution in einem war, und die am 10. Dezember 2014 plötzlich, ohne daß man von einer Krankheit wußte, mit 66 Jahren starb.

 

Im Nachhinein, ja im Nachhinein ist man immer schlauer und denkt sich, war die Kollegin nicht bei den letzten Pressekonferenzen müder als sonst, war sie nicht stiller und irgendwie kleiner geworden? So dünn war sie sowieso. Aber das hilft ja nicht. Sie ist tot.

Das ist auch ein Schrecken für die Überlebenden. Die Frankfurter Rundschau, als deren Urgestein sie bezeichnet wurde, die aber als Zeitung ebenso Urgestein der Frankfurter Zeitungslandschaft ist, hatte schon direkt nach dem Tod in einfühlsamen Artikeln um die Kollegin zeitungsöffentlich getrauert.

 

Das hielt die Kollegen jedoch nicht ab, auch persönlich bei dieser Trauerfeier zu erscheinen, die vom Theaterchef Willy Praml in den Naxoshallen initiiert und organisiert wurde. Wie man überrascht sehen konnte, kamen FR-Kollegen aus ganz unterschiedlichen Ressorts, nicht nur der Lokalredaktion, selbst aus dem Sport. Die immer noch neue FR-Chefredakteurin Bascha Mika konnte sicher die besondere Verbundenheit, der Frankfurter überhaupt auch mit der Frankfurter Rundschau fühlen, an den Äußerungen über die Arbeit von Claudia Michels nachempfinden.Gekommen waren in Scharen die Leser, aber auch diejenigen, die darüberhinaus in der Stadt, in Bürgerinitiativen, Stadtorganisationen Funktionen innehaben, Verwandte sind oder auch einfach nur gut Freund mit Claudia Michels waren. Sie alle trauern. Sie hat viele Freunde gehabt, dachte man am Ende des Abends, und gute Freunde vor allem.

 

Für die reichlich gekommenen Vertreter aus der Stadtpolitik, die Claudia Michels konsequent kritisch begleitete, sprach der Kulturdezernent Felix Semmelroth Worte, die jeder nachfühlen konnte: „Claudia Michels hat unerbittllich nachgefragt und damit viele Debatten befördert.“ Sie habe als Journalistin den Ehrenkodex besonders gelebt und zuständig für das Ressort Stadtgeschichte in der FR, habe ihr eigenes Interesse den Artikeln Farbe und Tiefe gegeben.So konsequent wie als Schreiberin, habe er Claudia Michels auch persönlich erlebt. Zumeist auf dem Fahrrad.

 

Das Fahrrad geisterte durch so manche Rede, aber auch ein weiterer Wesenszug von Claudia Michels war Thema: ihr Einsatz für Schwache, ihr journalistischer Einsatz für diejenigen, die öffentlich keine Stimme haben, wehrlos sind und deshalb der Publizierung ihrer Probleme besonders bedürfen, woran sie sich hielt. Wie sehr sie tatsächlich in die Stadtgeschichte involviert war, kam in weiteren Reden zur Sprache, wobei Frankfurter einfach wissen, was Sache ist, wenn man hinzufügt, daß Claudia Michels im Westend wohnte. Dieser geschundene Stadtteil wurde zum Experimentierfeld, wie Villen der Gründerzeit und des Jugendstils zerstört und auf ihrem Grund Hochäuser in den Himmel ragen sollten, aber wurde eben auch der Übungsplatz, wie man in Gegenwehr durch Häuserbesetzung und Bürgerbewegung sowie Einflußnahme auf politische Parteien solche Zerstörungprozesse aussetzt und durch eine Stadtteilsatzung auf den Status quo festschreibt.

Da aber dies alles nicht von alleine passiert und zudem Vereinbarungen ständig überprüft werden müssen, ob sich die andere Seite an sie hält, kam dem Schreiben der Claudia Michels in der FR eine besondere Bedeutung zu. Wie sehr sie aber auch als Mensch geschätzt wurde, betonten alle weiteren Redner, Rednerinnen müßt man sagen, denn sie waren in der Überhand.Hilde Hess von der Aktionsgemeinschaft Westend erinnerte auch an Odina Bott (SPD), der Mentorin der gesamten Widerstandsbewegung im Gute-Bürger-

Viertel Westend, die wie Claudia Michels dagegen protestiert hatte, daß nur für eine bestimmte finanzstarke Klientel gebaut werde, nicht aber für Familien und die, die im Westend leben wollen. „Sie war eine vorbildlche Journalistin“, „ihre Leidenschaft und Biß schuf Kritik an der Stadtbpolitik.“, setzte Hilde Hess ihr Gedenken an Claudia Michels fort.

 

Die Erschütterung über den Tod ihrer Freundin war Annemarie Rufer in jeder Sekunde anzumerken, denn öffentlich über etwas zu sprechen, was so privat ist wie es diese Freundschaft der damas 13jährigen seit der gemeinsamen Internatszeit 1961 am Bodensee war, setzt noch stärker Emotionen frei als wenn sie sonst in der eigenen Brust verwahrt beiben. Die ganze Zeit über war auf der Wand über den Rednern großformatig ein Bild von Claudia Michels aus den letzten Jahren zu sehen: lachend, zugewandt. Annemarie Rufer ergänzte dies offizielle, geichwohl sehr persönliche Bild, durch eine Reihe von Fotos der Sechziger, und Siebziger Jahre, die nicht nur eine bildhübsche muntere junge Frau zeigen, sondern auch Zeitdokument sind für die Frohgemutheit von Jugend, im Leben schon alles besser zu richten, als es die Vorderen taten. Die waren nämlich diejenigen, die in der Masse das Dritte Reich zu verantworten hatten. Frau Rufer erinnerte auch an den anhaltenden Schock von Claudia Michels, als ihr Mann gestorben war, seitdem sei sie nicht mehr diesselbe gewesen.

 

 

Jetzt kamen hier nicht alle zu Wort, zu Ton aber sollen Vassily Dück am Akkordeon und Gregor Praml kommen, der erst ein schwermütiges, inniges Stück mit dem Kontrabaß begleitete und abschließend Jacques Brel intonierte, den Claudia Michels besonders gerne gehört hatte. Daß dies auf Deutsch geschah, hätte ihr auch gefallen, wie überhaupt dieser gesamte Abend von Wehmut und Weitermachen, der mit dem einen oder anderen Glas Rotwein endete. Fortsetzung folgt.