Serie: Chaplins Tramp – Ikone zwischen Kino, Kunst & Kommerz im Deutschen Filmmuseum Frankfurt am Main , Teil 2/5

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 1917 unterschrieb Charlie Chaplin in Amerika einen Millionen-Dollar-Vertrag. Die Studios wechseln, aber die Filme – vorerst lange nur Stummfilme – bleiben erfolgreich. THE KID ist später ein weiterer Film, der Kultstatus erringt und schon früh fragt sich die Filmkritik, worin seine bei allen Bevölkerungskreisen beliebte Schauspielerei begründet ist.

 

 

Er ist der erfolgreichste Komiker seine Zeit, aber bei ihm lachen die Leute nicht über ihn – naja, manchmal schon, wenn er immer wieder über seine großen Schuhe fällt -, aber grundsätzlich lachen die Leute ihn nicht aus, sondern sind im Lachen über seine Fehltritte und Schläge, die er einstecken muß – aber auch austeilt! –,  innerlich und äußerlich auf seiner Seite. Nie wieder hat es einen Schauspieler gegeben, mit dessen durch den Filmverlauf aufgekommenen Gefühlen sich die Zuschauer so sehr identifizierten wie mit Charlie Chaplin.

 

1921 kommt endlich THE KID  mit Jackie Coogan heraus. Aber in Deutschland noch nicht. Der Erste Weltkrieg hat erst einmal verhindert, daß man seine Filme anschauen konnte und in der Nachkriegszeit gab es dnn auchl Wichtigeres. Als Chaplin 1921 auf seiner Europatournee auch nach Berlin kam, kannten ihn nur wenige und er war darob verblüfft, daß er sich normal in der Stadt zeigen konnte, ohne daß gleich ein Menschenauflauf zusammenkam, so wie jetzt zur Berlinale bei Shah Rukh Khan oder Angelina Jolie.

 

1931 ist das dann schon anders. Da kommt LICHTER DER GROSSTADT heraus und auf seiner Weltreise kommt Chaplin auch nach Berlin und längst kennen auch die Deutschen GOLDRAUSCH, DER ZIRKUS  und MODERNE ZEITEN von 1936. Das waren alles noch Stummfilme, was eine Ausnahme war, denn der Tonfilm hatte sich längst durchgesetzt. Chaplin aber holte mitsamt seinen von ihm selbst komponierten Filmmusiken noch einmal alles an Emotion aus dem Stummfilm heraus, was möglich war. Tatsächlich war Chaplin lange dem Tonfilm gegenüber kritisch und parodierte in den Stummfilmen auch den Ton im Tonfilm.

 

Der Tramp war an das Stumme gebunden. Denn, was die Silhouette versprach, war ja das Ausleben der eigenen Phantasien im Kopf der Betrachter. Jede Mimik des Charlie, jedes linkisch nach innen oder außen gedrehtes Bein, sagte mehr über die Verfassung dieser Figur aus, als tausend Worte hätten tun können. Chaplin mußte also im Tonfilm auch neue Wege gehen und das tat er gleich mit Siebenmeilenstiefeln. 1939 begannen die Dreharbeiten zu DER GROSSE  DIKTATOR, aber im selben Jahr schlugen die USA zurück. Das sogenannte Komitee gegen unamerikanische Umtriebe nahm seine Untersuchungen gegen Chaplin auf.

 

Das Land des Kapitalismus konnte sich mit der Karikierung und Persiflage der Auswüchse von Kapitalismus und Industrialisierung in seinen Filmen, vor allem MODERNE ZEITEN, nicht arrangieren und warf ihm eine antikapitalistische und das war dann schnell eine kommunistische Einstellung vor. Vielleicht aber tat sein Privatleben ein Übriges. Denn da war immer wieder etwas mit ganz jungen Frauen, die er schnell heiratete, wenn die Kinder sich häuften oder öffentliche Kritik kam. Da war die Ehe von 1918, dann eine von 1924,  als das zweite Kind unterwegs war – dazwischen die Liebegeschichte mit Pola Negri - und dann, 1936, längst wieder geschieden, hat er seine langjährige Geliebte und Filmpartnerin Paulette Goddard geehelicht. 1943 wird es Oona O’Neill, die Tochter des bekannten Dramatikers sein, bis zu seinem Tod 1977 seine letzte Frau und die Mutter vieler bekannter Kinder, gleichzeitig verfaßt er das Drehbuch MONSIEUR VERDOUX

 

Die Hitler-Parodie wird ein großer Erfolg, schließlich. Denn erst einmal wollten restaurative Kräfte in den USA – das ist also wie heute – den Film verbieten, denn sie sahen Hitler nicht als die Gefahr an, die Chaplin vorausschauend wahrnahm. Für sie war Hitler ein Bollwerk gegen den Kommunismus und es dauerte lange, bis sich Chaplin durchsetzen konnte. Den filmischen Erfolg sahen ihm rechte Kräfte nie nach, immer wieder versuchen sie seine Ausweisung, denn Charlie Chaplin blieb immer britischer Staatsbürger.

 

Chaplin ließ sich nicht kleinkriegen und hielt seine Haltung eines liberalen pazifistischen Weltbürgers bei. Damit war man 1952 in der McCarthy Ära schon wieder ein Marxist. Als Chaplin zur Weltpremiere von RAMPENLICHT nach England flog, ließen ihn der FBI und Hooverbeim Rückflug  nicht mehr in die USA einreisen. Seit Dezember 1952 lebte Chaplin mit seiner großen Familie dann in der Schweiz am Genfer See.

 

Die Nationalsozialisten hatten ihn gehaßt und als Juden gedemütigt, der er gar nicht war, was aber alle glaubten, die er dann auch gerne in dem Glauben ließ. Dieser Haß der Nazis gegenüber Chaplin ist eine eigene Untersuchung wert. Chaplin auf jeden Fall erfand sich wieder einmal neu. Er machte weiter Filme, als Regisseur wie in der Satire auf das, was er mit dem politischen System Amerikas erlebt hatte EIN KÖNIG IN NEW YORK im Jahr 1957 und dann zehn Jahr später DIE GRÄFIN VON HONGKONK, in dem er eine kleine Nebenrolle spielt und Marlon Brando und Sophia Loren die Hauptrollen.

 

Inzwischen waren die USA zwischenzeitlich liberaler und holten die Ehrungen nach, die sie Chaplin verweigert hatten. Als Wiedergutmachung gab es den Ehrenoscar 1972 und in England wurde er in den Adelsstand erhoben. Chaplin hatte in den  Zwischenjahren einige der Stummfilme vertont, er hatte Filmmusiken komponiert und verschiedene Filmprojekte angestoßen. Als er am 25. Dezember 1977 in der Schweiz stirbt, ist er 88 Jahre und schon lange weise. Fortsetzung folgt.

 

Ausstellung: CHARLIE, THE BESTSELLER  bis 13. Mai 2012

 

Fotos: Uwe Dettmar

Quelle: Deutsches Filminstitut

 

www.deutsches-filmmuseum.de